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Mein polytheistisches Christsein
#16
@Farius:

Weil du geschrieben hast, dass dem Missbrauch des freien Willens das Chaos dieser Welt entspringt, wird gleich dein allererster Beitrag hier im Forum von Geobacter mit der herzlichen Begrüßung kommentiert, dass du weitab aller Aufklärung dein Leben in selbstgefälliger und selbstbeweihräuchernder Ignoranz fristest. Einladender geht's nicht. Dabei steht deine Aussage sogar mit Kants kategorischem Imperativ im Einklang. Mit Einschränkung.

Allem anderen, was dir Geobacter noch schreibt, stimme ich allerdings zu. Bedenke bitte, dass du dich in einem vorwiegend wissenschaftlich ausgerichteten Forum befindest. Ich habe das auch erst gemerkt, nachdem ich etwas aus der Parapsychologie gebracht habe. Es wurde aber geduldet, also nicht gelöscht.
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#17
Tut mir leid, wenn ich den Farius etwas hart angekläfft habe..
aber solche Aussagen, wie der Mensch allein sei schuld an Chaos dieser Welt, stimmen mich immer sehr ärgerlich.
Vor allem, wenn diese  "Aussagen" mit Behauptungen einhergehen, dass der Wille des Menschen frei genug sei, keine Fehler zu machen und auch keine Irrtümer zu begehen. Ganz abgesehen davon dass es große Unterschiede bezüglich unserer individuellen Veranlagungen zwischen Mensch und Mensch gibt, müssen wir uns auch sonst erst mal einiges an gesichertem Erfahrungswissen an eigenen, das  andere schon lange vor uns angereichert haben.. und ebenso über viele dieser anderen auch verteilt ist.. 
Und das war nur die eine Hälfte von dem was mich sonst noch geärgert hat.
Aber darüber reden wir später..
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#18
@Geobacter:

Den sonstigen Aussagen von Farius stimme ich überwiegend nicht zu, soweit es unbeweisbare Glaubensüberzeugungen sind. Kant, der "Alleszermalmer", hat schon sämtliche zu seiner Zeit bekannten sogenannten Gottesbeweise zu Schrott gemacht. Wunderbar ist sein Bekenntnis: "Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir."
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#19
Nachtrag:

Einen einzigen Gottesbeweis ließ Kant doch gelten: den moralischen. Gundi hat gerade im Thread "Was könnte Gott sein?" indirekt darauf hingewiesen. Kants christlich-frommer Zeitgenosse Johann Sebastian Bach wählte für eine seiner Kantaten den Text "Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist." Damit ist zwar zunächst das biblische Gebot gemeint, aber auch der im Herzen empfundene Glaube.
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#20
Der Glaube, also die Summe der Grundüberzeugungen, stellt sich regelmäßig als "problematisch" heraus, weil er sich - zumindest individuell - als aus uralten Mythen entsprungen heraus stellt. Die heutigen Denkgewohnheiten sind aber mit solchen Gewissheiten nicht zufrieden, wenn sie nicht "über jeden Zweifel erhaben" sind. Das sind sie aber nur, wenn es nachprüfbare Beobachtungen gibt. Simple "Immunisierung" zählt nicht (Glaubensaussagen, die man nicht hinterfragen darf; das "Geheimnis des Glaubens"). Wer also seine Überzeugungen bestätigt lesen möchte, sollte sich auf heftigen Widerspruch einstellen.

Ein "polytheistisches Weltbild" krankt an denselben inneren Widersprüchen wie jeder transzendente Bezug. Im Zweifelsfall erzeugen diese Widersprüche Nachteile für bestimmte Minderheiten - eben, weil sie sich immunisieren und Anderssein nicht gelten lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#21
@Ekkard:

Ja, so dürfte es wohl sein. Am besten bringt es vielleicht das von Gläubigen so gerne gebrauchte, in sich aber völlig widersprüchliche Wort "Glaubensgewissheit" zum Ausdruck.
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#22
(09-12-2019, 01:45)Ekkard schrieb: Ein "polytheistisches Weltbild" krankt an denselben inneren Widersprüchen wie jeder transzendente Bezug. Im Zweifelsfall erzeugen diese Widersprüche Nachteile für bestimmte Minderheiten - eben, weil sie sich immunisieren und Anderssein nicht gelten lassen.

Davon bin ich noch nicht überzeugt. Ein polytheistischen Weltbild krankt an weniger bis gar keinen inneren Widersprüchen. Jedes unbedeutende Ereignis kann irgendeinem Geist, Gott oder Engel untergeschoben werden. Die Widersprüche entstehen erst, wenn man alles unter ein einziges göttliches Wesen subsumieren will und dieses göttliche Wesen mit Attributen wie gut oder allmächtig versieht. Der Polytheismus ist in jedemfall toleranter gegenüber anderen Vorstellungen von Göttern und Göttlichkeit als der Monotheismus.

Ich plädiere für die Rehabilitierung des Polytheismus und berufe mich dabei auf den Kulturwissenschaftler Jan Assman sowie den Historiker Yuval Noah Harari.[url=https://de.wikipedia.org/wiki/Jan_Assmann][/url]
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#23
Thomas der Ungläubige schrieb:
Ekkard schrieb:Ein "polytheistisches Weltbild" krankt an denselben inneren Widersprüchen wie jeder transzendente Bezug. Im Zweifelsfall erzeugen diese Widersprüche Nachteile für bestimmte Minderheiten - eben, weil sie sich immunisieren und Anderssein nicht gelten lassen.

Davon bin ich noch nicht überzeugt. Ein polytheistischen Weltbild krankt an weniger bis gar keinen inneren Widersprüchen. Jedes unbedeutende Ereignis kann irgendeinem Geist, Gott oder Engel untergeschoben werden. Die Widersprüche entstehen erst, wenn man alles unter ein einziges göttliches Wesen subsumieren will und dieses göttliche Wesen mit Attributen wie gut oder allmächtig versieht. Der Polytheismus ist in jedemfall toleranter gegenüber anderen Vorstellungen von Göttern und Göttlichkeit als der Monotheismus.

Ich plädiere für die Rehabilitierung des Polytheismus und berufe mich dabei auf den Kulturwissenschaftler Jan Assman sowie den Historiker Yuval Noah Harari.[url=https://de.wikipedia.org/wiki/Jan_Assmann][/url]

In der Religion geht es letztlich nicht um Theoretisieren, sondern um praktische Verwirklichung. Es geht darum, vom rein Psychologischen zum Existentiellen, vom mentalen Konstrukt zur tatsächlichen Erfahrung zu kommen.
'Polytheismus' oder 'Monotheismus' sind grundsätzlich erstmal Ideen. Wenn man das jedoch praktisch betrachtet, dann ist die Auswirkung der Hingabe an das göttliche Ideal nicht den jeweiligen Gott betreffend, sondern ausschließlich den Hingegebenen. Der Mensch soll sich verändern, nicht sein Gott. Deswegen ist es praktisch betrachtet völlig egal. (Also nicht völlig, einen Dämon sollte man nicht anbeten)
Den Indern scheint das klar gewesen zu sein, und so haben sie sich einfach Götter erschaffen, die ihnen nunmal "gelegen" waren, d.h. zu denen sie einen Draht aufbauen und damit praktizieren konnten. So kam es dann zu den Millionen von Göttern. Ein 'Gott' wird hier ganz praktisch als ein Werkzeug verstanden, dass einem dazu verhilft, sich durch fortschreitende Hingabe aufzulösen, seine Vorlieben und Abneigungen, Egostrukturen, usw. abzulegen. "Wer sein Leben verliert, wird es gewinnen." Darum gehts im Grunde, und nicht um irgendwelche theoretischen Ansichten...
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#24
(13-12-2019, 15:45)Thomas der Ungläubige schrieb: Ich plädiere für die Rehabilitierung des Polytheismus und berufe mich dabei auf den Kulturwissenschaftler Jan Assman sowie den Historiker Yuval Noah Harari.

Ich kenne zumindest einige Buecher des Aegyptologen und Religionswissenschaftlers Jan Assmann. Er sieht religioese Intoleranz als mit dem Gedanken des Monotheismus untrennbar verbunden, ja. Wenn es nur eine "Wahrheit" gibt, wird jeder, der anders denkt, zum Feind der Wahrheit.

Ansonsten gibt's ja durchaus polytheistische Ableger des Christentums, wie z.B. die Mormonen. Nur, ich sehe jetzt nicht unbedingt, warum man da jetzt kuenstlich irgendwelche neuen Polytheismen erzeugen muss. Geisterglaube ist heute aber sowieso in, auch bei Christen.
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#25
(13-12-2019, 19:56)Ulan schrieb:
(13-12-2019, 15:45)Thomas der Ungläubige schrieb: Ich plädiere für die Rehabilitierung des Polytheismus und berufe mich dabei auf den Kulturwissenschaftler Jan Assman sowie den Historiker Yuval Noah Harari.

Ich kenne zumindest einige Buecher des Aegyptologen und Religionswissenschaftlers Jan Assmann. Er sieht religioese Intoleranz als mit dem Gedanken des Monotheismus untrennbar verbunden, ja. Wenn es nur eine "Wahrheit" gibt, wird jeder, der anders denkt, zum Feind der Wahrheit.

Ansonsten gibt's ja durchaus polytheistische Ableger des Christentums, wie z.B. die Mormonen. Nur, ich sehe jetzt nicht unbedingt, warum man da jetzt kuenstlich irgendwelche neuen Polytheismen erzeugen muss. Geisterglaube ist heute aber sowieso in, auch bei Christen.

Muss man einen Polytheismus künstlich erzeugen? Oder muss man einen künstlich erzeugten Monotheismus ablegen?
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#26
Ja sicher muss man Polytheismus kuenstlich erzeugen. Falls Du kein Hindu bist oder sonstiger Anhaenger einer durchgehend existierenden polytheistischen Religion, musst Du neuerschaffen. Das betrifft uebrigens auch neopagane Bewegungen wie die Anhaenger der nordischen Religion, die die mangelhafte Quellenlage durch neuzeitliche Erfindungen ergaenzen muessen. Der christliche Einfluss ist ja selbst bei neuzeitlichen Religionen wie Wicca spuerbar.

Nicht, dass das Religionsgruender je gestoert haette. Irgendwie muss ja jede Religion angefangen haben. Wo Jahwe urspruenglich herkommt, ist z.B. auch immer noch strittig. Dass er eine neu eingefuehrte Gottheit war, ist ja auch in der Bibel noch an diversen Stellen erkennbar.
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#27
(14-12-2019, 17:42)Ulan schrieb: Ja sicher muss man Polytheismus kuenstlich erzeugen. Falls Du kein Hindu bist oder sonstiger Anhaenger einer durchgehend existierenden polytheistischen Religion, musst Du neuerschaffen. Das betrifft uebrigens auch neopagane Bewegungen wie die Anhaenger der nordischen Religion, die die mangelhafte Quellenlage durch neuzeitliche Erfindungen ergaenzen muessen. Der christliche Einfluss ist ja selbst bei neuzeitlichen Religionen wie Wicca spuerbar.

Nicht, dass das Religionsgruender je gestoert haette. Irgendwie muss ja jede Religion angefangen haben. Wo Jahwe urspruenglich herkommt, ist z.B. auch immer noch strittig. Dass er eine neu eingefuehrte Gottheit war, ist ja auch in der Bibel noch an diversen Stellen erkennbar.

Menschheitsgeschichtlich ist der Monotheismus das jüngere Konzept, welches von einzelnen Religionsführern erfunden wurde, um Machtpolitik zu betreiben. In diesem Sinne müsste man den Monotheismus nur ablegen, um die natürliche darunterliegende Schicht des Polytheismus wieder sichtbar zu machen. Der Polytheismus entspricht den menschlichen Erfahrungen und ist im Rahmen einer kollektiven kulturellen Evolution ohne das Eingreifen Einzelner (also in gewissem Sinne auf natürliche Weise) entstanden.
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#28
Du redest an meinem Punkt vorbei. Was historisch in der Vergangenheit liegt, ist fuer die Frage, ob man den Polytheismus in unseren Breiten neu erfinden muss, irrelevant. Es gibt hier keinen traditionellen Polytheismus mehr, bzw. bestenfalls in der Form katholischer Heiligenverehrung in einer abgewandelten Form (was technisch dann sowieso nicht als Polytheismus zaehlt, aber fassen wir den Begriff mal grosszuegig). Jeglicher Polytheismus muesste hier also neu erfunden werden, oder wurde schon neu erfunden,, wie z.B. Asatru/Odinismus.

Eine Form von christlichem Polytheismus, die im 19. Jhdt. ihren Ursprung hat, habe ich ja auch schon genannt: die Mormonen.
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#29
(19-12-2019, 21:05)Ulan schrieb: Du redest an meinem Punkt vorbei. Was historisch in der Vergangenheit liegt, ist fuer die Frage, ob man den Polytheismus in unseren Breiten neu erfinden muss, irrelevant. Es gibt hier keinen traditionellen Polytheismus mehr, bzw. bestenfalls in der Form katholischer Heiligenverehrung in einer abgewandelten Form (was technisch dann sowieso nicht als Polytheismus zaehlt, aber fassen wir den Begriff mal grosszuegig). Jeglicher Polytheismus muesste hier also neu erfunden werden, oder wurde schon neu erfunden,, wie z.B. Asatru/Odinismus.

Eine Form von christlichem Polytheismus, die im 19. Jhdt. ihren Ursprung hat, habe ich ja auch schon genannt: die Mormonen.

Mir geht es auch nicht unbedingt um einen idealtypischen Polytheismus. Was mir vorschwebt, kann man auch als Henotheismus bezeichnen. Man glaubt an verschiedene Götter, verehrt aber als Christ entsprechend dem ersten Gebot nur den Vater Abrahams. Den Monotheismus zu so einem Henotheismus umzubauen, wäre vielleicht aus Sicht der Gegenwart eine Neuerfindung oder Wiederentdeckung, aber für den Glaubensalltag kaum ein Unterschied. Der interrelgiöse Dialog bekäme dafür einen ganz neuen Schub. Wenn die abrahamitischen Religion jeweils zu einem Henotheismus gelangten, könnte daraus eine polytheistische Weltreligion entstehen. Die Menschheit braucht schließlich eine gemeinsame Erzählung und ich fürchte, dass atheistische Wissenschaften diese Erzählung nicht massenkompatibel bereit stellen können.
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