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Die Theorie der Meme
#1
"Nichts in der Biologie macht Sinn, außer im Lichte der Evolution" - Dieser Ausspruch des russischen Evolutionsbiologen Theodosius Dobzhansky (1900-1975) dürfte auch heute noch von vielen Biologen geteilt werden. Ausprägungen, Merkmale und Verhaltensweisen von Lebewesen sind heutzutage ohne evolutionären Background nicht zu erklären.
Ohne Zahlen zu kennen, würde ich davon ausgehen, dass ein Großteil der Atheisten und insbesondere Naturwissenschaftler damit konform geht. Doch wie weit lässt sich dieser Anspruch denken? Ist er begrenzt auf die klassische Biologie oder lässt er sich gar auf soziologische, anthropogene und kulturhistorische Bereiche ausdehnen?
Mit Blick auf dieses Forum interessiert mich dabei insbesondere die Ausprägung von Glauben und Religion. Längst gibt es gottferne Erlärungen für die Ausprägung von Religion, etwa der Vorteil von Gemeinschaft, Sicherheit und Zusammenhalt durch das Setzen einer übergeordneten Instanz bzw. das gemeinsame Zelebrieren von Ritualen für das Überleben von Gruppen bzw. Individuen innerhalb einer Gruppe. Doch scheint es mir, dass man hier bereits das Feld der klassischen Evolution verlässt, welche sich primär auf der Mutation von Genen, Selektion und genetischer Drift gründet. Die Herausbildung von Glaubenskonzepten passt da nur bedingt hinein.
Richard Dawkins hat in den 70er Jahren den Begriff des Memes eingeführt. In Analogie zum Gen wird es durch Kommunikation weitergegeben und führt bei erfolgreicher Weitergabe ebenfalls zu einem Selektionsprozess, nur eben von Ideen und Gedanken. Auch können Meme im Laufe der Weitergabe verändert werden, scheinbar zufällig und unvorhersehbar. Dabei setzen sich solche Meme durch, welche einen Vorteil für eine Gruppe bedeuten, etwa das Konzept der Nächstenliebe im Christentum.

Wie findet ihr das Konzept der Meme? Ist die Herausbildung und Insbesondere die Verbreitung von Glauben und Religion mithilfe eines solchen Konzeptes befridiegend erklärbar? Und wenn Meme ebenfalls einem evolutionären Prozess unterliegen, können wir dann nicht generell für alles Lebende (inklusive Sozialverhalten, Ideen, Kultur) sagen: "Nichts macht Sinn, außer im Lichte einer materiellen Evolution"?
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#2
(22-10-2019, 20:48)Gundi schrieb: Wie findet ihr das Konzept der Meme? Ist die Herausbildung und Insbesondere die Verbreitung von Glauben und Religion mithilfe eines solchen Konzeptes befridiegend erklärbar? Und wenn Meme ebenfalls einem evolutionären Prozess unterliegen, können wir dann nicht generell für alles Lebende (inklusive Sozialverhalten, Ideen, Kultur) sagen: "Nichts macht Sinn, außer im Lichte einer materiellen Evolution"?

Nun ja.. wenn man gerade so mal eine ungefähre Ahnung hat wie unser Gehirn Lerninhalten in biologischen Netzwerken anlegt.. so ähnlich wie Spinnen ihr Gewebe und Muskeln ihre Faserstränge..  dann sind diese Meme  wohl nicht ganz ungefährlich. Schitzoprenie ist kein harmloser Hirn-Schnupfen.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#3
Wir sind als "Einzeldinger " nicht überlebensfähig, wenn wir nicht mit anderen Artgenossen, die uns an Lebenserfahrung immer einen kleinen Schritt voraus sind, in enger Wechselbeziehung stehen. Was wir heute glauben und meinen, ist die Überlebensbasis der nächsten Generation, die dann ja nicht mehr alle Fehlversuche wiederholen muss, die wir selber ausprobiert haben, Unser Irrtümer sind also die die allerwichtigsten Erfahrungswerte, die wir der jüngern Generation mit auf den Weg geben können. Auch wenn sie uns noch so peinlich sind.

Und gerade diese ganzen Meme scheinen in dieser Hinsicht  bei vielen Artgenossen die Lernfähigkeit stark zu beeinträchtigen.. Einfache  Wahrheiten auf existenzielle Fragen sind halt eben beliebter, als unschöne, die das emotionale Gleichgewicht belasten. Memen helfen uns also, vieles leichter zu ertragen und aber auch, uns unsere Mitmenschen zu Untertanen zu machen. Dem Willen der Götter zu widersprechen traut sich ja kaum einer..
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#4
Evolution ist sicherlich nicht auf die Biologie beschraenkt. Die Entwicklung der Sprachen ist ein anderes, offensichtliches Beispiel, und in der Technik wird das Prinzip jetzt auch endlich eingesetzt, um die Entwicklung zu beschleunigen und besser an Spezialfaelle anpassen zu koennen. Mit der Idee der Meme selbst habe ich mich aber noch nicht auseinandergesetzt.
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#5
(23-10-2019, 13:41)Ulan schrieb: Evolution ist sicherlich nicht auf die Biologie beschraenkt. Die Entwicklung der Sprachen ist ein anderes, offensichtliches Beispiel, und in der Technik wird das Prinzip jetzt auch endlich eingesetzt, um die Entwicklung zu beschleunigen und besser an Spezialfaelle anpassen zu koennen. Mit der Idee der Meme selbst habe ich mich aber noch nicht auseinandergesetzt.

Meme sind all jene "Vorurteile" die wir von unsern Vorfahren geerbt haben.. Auch wenn diese Vererbung nicht den direkten biologischen Weg gegangen ist, und uns also von jemanden ins ursprünglich saubere und unbeschriebene Gehirn gekritzelt wurde, wie eine Art rudimentäre und Malware-ähnliche Text-Analyse-Software, die sich selbst tief ins Betriebssystem hineinfrisst und dabei eigene biologsche Netzwerke anlegt.. (Nützt uns natürlich auch als Überlebensvorteil)

so, oder so ähnlich ist das  mit den Memen..

Ich sag ja immer, dass es auch ein geistiges Weiterleben nach dem Tod gibt Icon_smile
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#6
Ich denke, dass wir "Meme" als "Geschichten", als Mythologie, als "Volksweisheiten" oder als "Sozialgedächtnis" bereits kennen. Mir ist der Selektionsmechanismus dabei unklar. Ich habe das Gefühl, dass unsere "Schwäche" für Geschichten aller Art genetisch und später kulturell vorgeprägt ist. Damit verursachen unsere Wahrnehmungsfilter den Selektionsdruck für "Meme".

Mir ist allerdings noch eine Kritik an dem Konzept im Gedächtnis. Begründung: Zu ungenau definiert, zu viel bewusste Manipulationsmöglichkeit!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#7
(23-10-2019, 20:56)Ekkard schrieb: Ich denke, dass wir "Meme" als "Geschichten", als Mythologie, als "Volksweisheiten" oder als "Sozialgedächtnis" bereits kennen. Mir ist der Selektionsmechanismus dabei unklar. Ich habe das Gefühl, dass unsere "Schwäche" für Geschichten aller Art genetisch und später kulturell vorgeprägt ist. Damit verursachen unsere Wahrnehmungsfilter den Selektionsdruck für "Meme".

Mir ist allerdings noch eine Kritik an dem Konzept im Gedächtnis. Begründung: Zu ungenau definiert, zu viel bewusste Manipulationsmöglichkeit!

Ich glaube, dass diese Meme nichts ausschließlich Spezifisches sind und sich nicht nur auf religiöse oder kulturelle "Informations-Pakete" beziehen.

Ums es ganz einfach zu erläutern:
Menschliches Bewusstsein ist nicht angeboren. Wir sind alle vom ersten "Schrei" an auf Beziehungen (Wechselwirkungen) mit Artgenossen angewiesen, welche uns in ihrem Erfahrungswissen immer ein paar "Portionen" voraus sind, sonst wirds mit unserem menschlichen Bewusstsein nicht mehr, als dem von besonders schlauen Vögeln und auch unser biologische Existenz dementsprechend von kurzer Dauer. Der Schwarm ist um einiges klüger, als die einzelne Ameise. Das ist auch bei uns nicht anders.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#8
Das denke ich auch, widerspricht auch nicht dem, was ich schrieb.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#9
(23-10-2019, 14:11)Geobacter schrieb: so, oder so ähnlich ist das  mit den Memen..

Ich sag ja immer, dass es auch ein geistiges Weiterleben nach dem Tod gibt Icon_smile
Um hierauf einzugehen:
Warum nicht. Ich sehe das anderes herum: Ich bin der Nachfolger im Geiste meiner Umgebung. Dabei heißt "Umgebung" auch Gesehenes/Beobachtetes und Gelesenens, also nicht nur lebende Personen. Ich denke, unser Hirn ist unser "Gesellschaftsorgan". Die "Meme" sind so etwas wie mentale Bauklötze.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#10
Ich habe beim Spektrum-Verlag einen Artikel gefunden, der genau dieses Thema beschreibt:
*https://www.spektrum.de/magazin/die-macht-der-meme/827031#
Susan Blackmore meint auch, dass Verhaltensweisen, Vorstellungen, Moden, Sitten danach streben, sich als Entitäten, "Meme" genannt, von Mensch zu Mensch fortzupflanzen. In ihrem eigenen Interesse haben die Meme unsere Gene in ihren Dienst genommen, meint sie.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#11
(23-10-2019, 23:30)Ekkard schrieb: *https://www.spektrum.de/magazin/die-macht-der-meme/827031#
Susan Blackmore meint auch, dass Verhaltensweisen, Vorstellungen, Moden, Sitten danach streben, sich als Entitäten, "Meme" genannt, von Mensch zu Mensch fortzupflanzen. In ihrem eigenen Interesse haben die Meme unsere Gene in ihren Dienst genommen, meint sie.

Unsere Erfahrungen und Ideen als rein biologische Hardware an die die nächsten Generation weiter zugeben, würde mit der Zeit wohl so große Köpfe benötigen, dass sie nicht mehr zwischen die Ohren passen.
Wenn man auch nach dem Tod noch ein bisschen weiterleben will, macht es also schon Sinn, seinen Geist in solche Meme-Pakete zu verpacken, die sich dann in unsere "biologische Regeneration durch Fortpflanzung" wieder einnisten können.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#12
(24-10-2019, 10:32)Geobacter schrieb: Wenn man auch nach dem Tod noch ein bisschen weiterleben will, macht es also schon Sinn, seinen Geist in solche Meme-Pakete zu verpacken, die sich dann in unsere "biologische Regeneration durch Fortpflanzung" wieder einnisten können.
"Man"? Susan Blackmore folgend steuern die Meme selbst ihre Replikation. Es zeigt sich einmal mehr, dass wir das große Feld der Informationsverarbeitung, insbesondere der biologischen oder noch allgemeiner der weltlichen, noch nicht richtig auf dem (Wissenschafts-) Schirm haben. Was wir d. h. Google und die KI da angestoßen haben, ist vermutlich immer noch grobes Stückwerk angesichts der Informationsbeschaffung und -Weitergabe in der Natur. Selbst das, was wir als "Evolution" heraus gefunden haben, dürfte "grobes Stückwerk" sein.
Schließlich ist die (technologisch entwickelte) Menschheit gerade erst im Zeitalter der Information angelangt - auf nahezu unterster Stufe.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#13
(24-10-2019, 21:06)Ekkard schrieb:
(24-10-2019, 10:32)Geobacter schrieb: Wenn man auch nach dem Tod noch ein bisschen weiterleben will, macht es also schon Sinn, seinen Geist in solche Meme-Pakete zu verpacken, die sich dann in unsere "biologische Regeneration durch Fortpflanzung" wieder einnisten können.
"Man"? Susan Blackmore folgend steuern die Meme selbst ihre Replikation. Es zeigt sich einmal mehr, dass wir das große Feld der Informationsverarbeitung, insbesondere der biologischen oder noch allgemeiner der weltlichen, noch nicht richtig auf dem (Wissenschafts-) Schirm haben. Was wir d. h. Google und die KI da angestoßen haben, ist vermutlich immer noch grobes Stückwerk angesichts der Informationsbeschaffung und -Weitergabe in der Natur. Selbst das, was wir als "Evolution" heraus gefunden haben, dürfte "grobes Stückwerk" sein.
Schließlich ist die (technologisch entwickelte) Menschheit gerade erst im Zeitalter der Information angelangt - auf nahezu unterster Stufe.

Ich persönlich möchte das (für mich selbst) nicht so eingrenzen. Wenn sich mit dem allem nur ein paar wenige Freaks beschäftigen täten, würde ich jetzt auch sagen, dass es wohl noch ein paar Hundert Jahre dauern könnte, bis die Evolution der künstlichen Intelligenz so weit ist, dass sie uns ernsthaft zur Konkurrenz  werden könnte.

Wofür die Evolution einst mal Millionen und Millionen Jahre brauchte, weil sie sich durch Versuch und Irrtum vorantasten musste. und dabei auch immer wieder mal in eine Sackgasse geriet.. hat sie sich mit "Uns" auch eine Art Intelligenz erfunden.. so dass sie inzwischen auch in kürzester Zeit Großraumflugzeuge zustande bringt und jetzt auch noch eine Künstliche Intelligenz, die es möglicher Weise besser machen wird als wir.. und auch mit schwierigeren Lebensumständen zurecht kommt.

Verstehe schon, dass der eine oder andere jetzt etwas verwirrt ist.. Aber auch wir sind wahrscheinlich nur ein Zahnrad im Getriebe des Lebens. Wir experimentieren ja auch schon mit "organischen" Speichern.. in denen nachwachsende Zellen die Bites speichern. https://www.scinexx.de/news/biowissen/le...orekorder/
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#14
(24-10-2019, 22:40)Geobacter schrieb: ... auch wir sind wahrscheinlich nur ein Zahnrad im Getriebe des Lebens.
Das ist fast sicher der Fall! Denn wir holen den Kohlenstoff aus der Erdkruste, nachdem er fast "verbraucht" war. Nur, der Erde ist es egal, ob wir uns dabei selbst umbringen oder nicht.
Vielleicht schafft uns die KI eines Tages einfach ab, nachdem sie die Frage hinter der "42"(*) verstanden hat ((*) Douglas Adams, Per Anhalter durch die Galaxis). Den Memen ist es wahrscheinlich gerade recht, weil damit ihre Replikation beschleunigt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#15
Maschinen brauchen nicht unbedingt Sauerstoff. Außerdem halten sie deutlich größere Temperaturunterschiede und Strahlungsdosen aus als wir. Die Natur als virtuelle Wirklichkeit und schöner als die Natur selbst... so könnten unsere Meme bis in alle Ewigkeit weiterleben..

Manchmal, wenn ich sonst nichts zu tun habe, sinniere ich darüber nach, ob wir nicht vielleicht doch Nachkommen einer längst vergangenen Zivilisation weit draußen im All sind, die in ihren letzten Tagen, Mikroben mit Memen beimpft hat....
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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