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Teiresias
#1
Thebanischer Seher. Sohn des Eueres und der ↗Nymphe Chariklo.

Schon dem Namen nach ist Teiresias (Τειρεσίας) – was mit "Wunderdeuter" zu übersetzen ist (Gruppe 78) - ein Seher. τείρεα sind die Himmelszeichen; τεράζω bedeutet Zeichen deuten, auslegen, weissagen.

Er nimmt unter den mit Sehergabe ausgestatteten ↗griechischen ↗Heroen eine Sonderstellung ein. Selbst im ↗Hades waren ihm voller Verstand und die Fähigkeit, Zeichen zu deuten und in die Zukunft zu sehen, erhalten geblieben1. Selbst dort diente er den Lebenden noch mit Auskünften und Weissagungen (Hom. Od. 10, 492).

Im ältesten ↗Mythos heißt es, Teiresias habe den Menschen Dinge erzählt, die die ↗Götter vor ihnen verbergen wollten. Als Strafe wurde er geblendet. ↗Pherekydes2 dagegen erzählt, Teiresias habe ↗Athena beim Baden beobachtet und sie nackt gesehen. Daraufhin habe sie ihm das Augenlicht genommen. Seine Mutter, die mit Athena befreundet war, bat die Göttin, die Blendung rückgängig zu machen. Das aber konnte sie nicht mehr. Zum Trost stattete sie ihn mit der Sehergabe aus und gab ihm einen Stab, der für ihn immer den Weg fand (Apollod. III 70)3.

Nach einem anderen Mythos soll Teiresias, als er noch Hirte gewesen war, ↗Schlangen bei der Paarung beobachtet und totgeschlagen haben, worauf er in eine Frau verwandelt wurde. Nachdem er auf Weisung eines ↗Orakels später an derselben Stelle nochmals Schlangen zertreten hatte, wurde er wieder zum Mann4. Zur selben Zeit stritten ↗Zeus und ↗Hera, welches Geschlecht beim Liebesakt denn mehr Genuss empfände. Zeus behauptete, dass das die Frau sei, was Hera nicht gelten lassen wollte. Teiresias, weil er doch beide Geschlechter durchlebt hatte, wurde zum Schiedsrichter erwählt. Er entschied im Sinne des Zeus, worauf ihn Hera im Zorn blendete5. Zeus hat ihn danach zum Trost mit der Sehergabe und einem langen Leben ausgestattet (Apollod. 71f.; Hyg. fab. 75).


1) Vgl. Plat. Men. 100a
2) vgl. Pherekyd. FGrHist 3 F 92 (über Teiresias, Schwenn RE 2. R. V 131)
3) vgl. ↗Kallimachos' Hymnos auf das Bad der Pallas
4) Nach ↗Ovid (met. 3, 325) hat Teiresias sieben Jahre als Frau gelebt.
5) Blindheit steht u.a. für Unparteilichkeit. Hera versetzt Teiresias in diesen Zustand und bestraft ihn auf diese Weise dafür, dass er für Zeus Partei ergriffen hat.

Literatur:
Handbuch der klassischen Altertumswissenschaften, Hsgb. Iwan v. Müller. 5. Band, 2. Abt.
O. Gruppe. Griechische Mythologie und Religionsgeschichte I. 1906 München. Beck’sche Verlagsbuchhandlung. 



● Zum Inhaltsverzeichnis des Lexikons
MfG B.
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