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Dreieinigkeit
#46
(26-04-2020, 10:39)Davut schrieb: Dionysos, Zagreus und Phanes (Dionysos-Religion)

Das christliche Trinitätsdogma lässt sich, wenn man so will, auf ein "Urphänomen" zurückführen. Es geht auf den vornehmlich im vorderen Orient anzutreffenden Drang zurück, die göttlichen Kräfte in triadischen Ordnungen begreifen zu wollen.

Die Götter-Triaden, denen wir in der Religionsgeschichte begegnen, sind kaum zu zählen. Sie sind schon bei den Sumerern, Anu – Enlil – Ea (Himmel, Luft, Erde), und bei den Babyloniern, Sin – Schamasch – Ischtar (Mond, Sonne, Vensusstern), anzutreffen.

In Ägypten treten Amun, der Sonnengott, und Mut, die Himmelsgöttin, samt dem Sohn der beiden, Chonsu, dem Mondgott, ebenso wie die schon genannten Osiris — Isis — Horus als Familientriaden auf.

Als Familientrias wird in der katholischen Volksfrömmigkeit übrigens auch Jesus, Maria und Joseph angerufen. Jedenfalls im süddeutschen Raum.

Bei den Griechen finden sich eine Reihe göttlicher Triaden. Angefangen von Zeus, Hera und Athena bis Demeter, Hades und Persephone. Zu Dionysos habe ich einen Lexikoneintrag (klick!) verfasst. Ob Dionysos in anderer Funktion (beispielsweise als chthonischer Zeus) mit anderen Göttern in einer göttlichen Trias aufzutreten pflegte, dazu finden sich in der Fachliteratur unterschiedliche Antworten.

Karl Kerenyi meinte unter anderem:
Als Sohn des Zeus und der Persephone, den man deswegen auch chthonios', unterirdisch, und Zagreus nannte, galt Dionysos auf Kreta.
K. Kerenyi. Dionysos. 1994 Stuttgart. Verl. Klett-Cotta. S. 65.

Die kapitolinische Trias Jupiter, Juno, Minerva (höchste Göttlichkeit, höchste Weiblichkeit, höchste Weisheit) wurde schon genannt. Zuvor galt der Trias Jupiter, Mars, Quirinus die höchste Verehrung. Daneben waren bei den Römern auch andere göttliche Triaden in Gunst. Beispielsweise die Trias Ceres, Liber, Libera.

Kaum zu zählen sind die göttlichen Triaden der Kelten. Helmut Birkhan (H. Birkhan. Kelten. 1997 Wien, Verl. der österr. Akad. d. Wissenschaften. S. 460) spricht von einer "Triadenverliebtheit" der Kelten. Gleichermaßen reichlich anzutreffen sind Triaden der germanischen Götterwelt.

Das monotheistische Dreifaltigkeits-Konstrukt, das Augustin schließlich anbietet, erhebt den Anspruch, sich von den Triaden-Vorstellungen der Vorzeit theologisch erheblich zu unterscheiden.
MfG B.
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#47
(26-04-2020, 18:37)Bion schrieb: Das christliche Trinitätsdogma lässt sich, wenn man so will, auf ein "Urphänomen" zurückführen.

Die Götter-Triaden, denen wir in der Religionsgeschichte begegnen, sind kaum zu zählen.

Wäre das nicht ein Grund, den Lexikoneintrag zu ergänzen?

Die Amtskirche wuerde zwar aufheulen. Aber sie darf nicht straflos die Trias als ihre "Uniqe selling Proposition" verkaufen! Oder jedenfalls  so (schein-) heilig tun. 

Wie @Bion nachweist, war Trinität schon vorher überall. 

MfG
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#48
(26-04-2020, 22:10)Davut schrieb: Wie @Bion nachweist, war Trinität schon vorher überall.
 
Nein, das Wort "Trinitaet" enthaelt noch eine weitere Wurzel neben der "3", die Einheit. Das ist spezifisch die Neuerung. Es handelt sich also um eine Variation des uralten Konzepts der Triade.

Am aehnlichsten kommt noch das hinduistische Konzept der Trimurti, wo Brahma, Vishnu und Shiva als die drei kosmischen Prinzipien (Schoepfung, Erhaltung, Zerstoerung) manchmal auch in einer Figur mit drei Gesichtern dargestellt werden. Wobei man anmerken muss, dass durchaus umstritten ist, wie alt dieses Konzept in seiner letzten Auslegung tatsaechlich ist.
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#49
(26-04-2020, 22:22)Ulan schrieb:
(26-04-2020, 22:10)Davut schrieb: Wie @Bion nachweist, war Trinität schon vorher überall.
 
Nein, das Wort "Trinitaet" enthaelt noch eine weitere Wurzel neben der "3", die Einheit. Das ist spezifisch die Neuerung. Es handelt sich also um eine Variation des uralten Konzepts der Triade.*

* Fettdruck durch @Davut erzeugt

Das ist ja Musik für meine trinitäts-tauben Ohren:

In der Tat:  Die Trinität hat mit dem Ursprungsgeschehen um Jesus und seine Zeitgenossen nichts zu tun. Erst Joh und die üblichen Verdächtigen begannen mit der Vergottung Jesu nachhaltig. Sie ist eine Neuerung, um die im Grunde erst Jahrhunderte teils erbittert unter Gewaltanwendung gerungen wurde. Selbst die Dogmatisierung durch Konstantins Machtwort in Nizäa, 325,  brachte noch keine Ruhe an der Kirchenfront.

Und was das uralte Konzept der Triade betrifft, glaube ich vom praktischen Wert dieser Erkenntnis, dass Sie Hundert Kirchgänger beider Couleur am Sonntag befragen können: Keine drei werden um diese Zusammenhänge wissen. Hier greift wieder einmal der Dummhalte-Spruch vom Bischof  und dem Kaiser...…! Aber die Trinität wird von eben diesen unwissenden Bibelgläubigen jetzt  leidenschaftlich verteidigt, ohne die Hintergründe zu kennen.

Es ist ein Jammer für uns aufgeklärten Menschen heute, dass damals Mönchshorden durch die Straßen Alexandrias und Antiochias zogen und die sicherlich wertvollen Glaubensdokumente das Arius unwiederbringlich dem Feuer übergeben haben. Eine Schande. 

Für ernsthaft Interessierte lohnt sich auch ein Nachlesen des alten Threads "Frohe Botschaft" aus dem Jahre 2008. Ab Beitrag # 18 ertönen interessante Stimmen zum Thema. Leider hört man heute nichts mehr von den damaligen Protagonisten.

Was die von @Ulan erwähnte dreiköpfige Figur der Trimurti betrifft: Das habe ich noch nie gehört. Ich kenne nur drei körperliche "Gottheiten" von Brahma & Co. Oder den fünfköpfigen Brahma selbst, der durch die inzestiöse Beziehung zu seiner Tochter den fünften Kopf auch noch einbüßte. Aber Corona-bedingt kann ich das jetzt nicht verifizieren.

MfG
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