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Westliche Medien und der Papst
#1
Das Verhältnis der westlichen Medien und auch der westlichen Öffentlichkeit, die durch deren Informationen (und Nicht-Informationen) geprägt ist, haben ein äusserst gespanntes zum Papst. Benedikt XVI. ist nach der Meinung der Öffentlichkeit, nachdem er in den ersten 4 Amtjahren ein offener und lebendiger Papst war (Wir sind Papst!), spätestens seit der Williamsonaffäre wieder der erzreaktionäre Restaurator, der er als Präfekt der Glaubenskongregation war und angeblich nach seiner Berufung zum Erzbischof von München geworden war.

Andrea Tornelli, der Vaticanisti von il giornale, beschreibt in seinem Blog die zwei Seiten der Wahrnehmung in Bezug auf die letzte Papstreise nach Angola und Kamerun.

Il Papa in Africa, un bilancio di due viaggi (hier)

Da die wenigsten hier wohl italienisch können, hier die deutsche Übersetzung von zenit:

Der Papst in Afrika: eine Bilanz über zwei Reisen

"Bei seinem Afrikabesuch hat Benedikt XVI. in den sechs Tagen seines Aufenthalts auf dem schwarzen Kontinent zwei Reisen unternommen. Zwei Reisen, die sich sehr voneinander unterschieden. Die erste Reise war die wirkliche, die sich durch den Kontakt mit den Menschenmengen in Kamerun und Angola auszeichnete. Es war die Reise der Themen, die der Papst in seinen Ansprachen und Predigten angegangen hat, die Reise des Aufeinanderprallens mit den Widersprüchen der beiden Hauptstädte, in denen Reichtum und extremste Armut Seite an Seite leben.

Die andere Reise war die virtuelle, jene Reise, mit der sich Kommentatoren, Bürokraten und westliche Meinungsumfrager beschäftigt haben, die Ratzinger der Unverantwortlichkeit bezichtigten, weil er das gesagt hatte, was alle mittlerweile anerkennen müssten und durch wissenschaftliche Studien bestätigt ist: Die Verteilung von Präservativen ist keine wirksame Methode zur Bekämpfung der Verbreitung von AIDS in diesen Ländern.
Drei Tage lang – während der Papst von Armut, Entwicklung und Menschenrechten sprach – diskutierte man über Präservative. Um dann während der folgenden drei Tage dazu überzugehen, über die therapeutische Abtreibung zu debattieren, auf der Grundlage eines Satzes, den Benedikt XVI. in einer starken Rede über die Übel ausgesprochen hatte, die Afrika quälen.

Die Maschine der Massenmedien und der Politik setzte in Gang und kam nicht mehr zur Ruhe. Und so wurden in Frankreich, wo es in der letzten Zeit zu einem Nationalsport geworden zu sein scheint, auf den Papst zu schießen, Meinungsumfragen veranstaltet, um zu beweisen, dass wenigstens die Hälfte der Katholiken des Landes den Rücktritt von Ratzinger forderten.

Liest man die Erklärungen von einigen Ministern und deren Sprechern, so entsteht der Eindruck, dass der Papst zum ersten Mal seit langer Zeit nicht mehr von jenem Respekt umgeben ist, der einer Person „super partes“ gezollt wird, sondern dass er wie ein Parteichef betrachtet wird, der dem täglichen Hin und Her von Erklärungen ausgesetzt ist, die typisch für den politischen „Eintopf“ sind.

Da sind die, die ihn zum Schweigen auffordern, andere wollen, dass er zurücktritt, wieder andere erklären ihm, was er zu sagen hat und wie dies geschehen soll. Auf diese Weise wurden 16 Ansprachen, die auf afrikanischem Boden gehalten wurden, auf zwei Sätze reduziert, wobei der erste sogar spontan während der Pressekonferenz im Flugzeug gefallen ist.

Man hat den Eindruck, dass Benedikt XVI. nicht übermäßig über diese wachsende Feindseligkeit besorgt ist. Nie wie in diesen Tagen konnte man die enorme Distanz wahrnehmen, die zwischen der wirklichen und der virtuellen Reise lag. Und wenn es wahr ist, dass die aufschäumende Kritik seitens gewisser westlicher Bürokratien in der jüngsten Zeit beispiellos ist, so ist auch in Erinnerung zu rufen, dass Johannes Paul II. in den ersten Jahren seines Pontifikats extrem harten Kritiken ausgesetzt war. Ebenso ist an das Leiden und die Isolierung Pauls VI. in dem Moment zu erinnern, als er mutige Entscheidungen wie jene der Enzyklika „Humanae vitae“ traf und so zum Zeichen des Widerspruches wurde.

Was bleibt also von der Reise Benedikts XVI. nach Kamerun und Angola? Vor allen Botschaften des Papstes zum Kampf gegen die Armut, für die Würde der Frau, für eine Wirtschaft, die nicht unmenschlich ist, für die Erziehung und die Entwicklung, bleibt eine Gegenwart und ein außerordentlicher Strom von menschlicher Sympathie, die in Angola ihren Höhepunkt gefunden hatte.

Viele einfache und außerordentliche Menschen haben eine Stunde nach der anderen unter der Sonne ausgeharrt: nicht um Joseph Ratzinger zu grüßen, sondern den Nachfolger des Petrus, der bis dort hingekommen war, um die Brüder und Schwestern im Glauben zu stärken. Und in Ländern, die unter inneren Kriegen, Missbräuchen, Unterdrückung, Elend und Gewalt leiden, sind die Umarmung des Petrus, sein Lächeln und seine Nähe mehr wert gewesen als tausend Ansprachen."



Welche Erklärung gibt es für diese derart diametral entgegengesetzten Wahrnehmungen zwischen westlichen Medien und deren Öffentlichkeit und den afrikanischen Völkern?

Auf zur Diskussion....
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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#2
(26-03-2009, 01:17)Presbyter schrieb: Welche Erklärung gibt es für diese derart diametral entgegengesetzten Wahrnehmungen zwischen westlichen Medien und deren Öffentlichkeit und den afrikanischen Völkern?
Ich vermute ein "deutsches Problem" (allenfalls ein europäisches). Hierzulande wird die Sexfeindlichkeit der römischen Kirche nicht verstanden. Man tut "es mit" (Kondom), aber mit schlechtem Gewissen und hätte gerne eine Gewissensentlastung gehört. Ob die Völker Afrikas den Nachfolger Petri bejubeln oder nicht, interessiert hier keine relevante Käuferschicht (neudeutsch: Zielgruppe).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
Presbyter,
Erklärungen wird es viele geben. Die Reise Papst Benedikts nach Afrika, wird schon deshalb unterschiedlichst bewertet werden, da die jeweilige
Einstellung, Wahrnehmung und Perspektive des betreffenden Journalisten, Redakteur usw., mit den Kommentar bzw. Berichterstattung einfließt. Der europäische Blick auf Afrika spielt da eine gewisse Rolle, wenn angesichts der ungelösten Probleme wie Hunger, Not, Gewalt, Krankheiten, soziale wie politische Spannungen, ein Papstbesuch unternommen wird.

Der Papst kann natürlich die Probleme der Menschen nicht lösen, doch Zuversicht, Zusprache, Trost und Hoffnung sind die Stärke des Glaubens, die die Menschen in Afrika brauchen, um an den Umständen nicht noch zusätzlich innerlich zu zerbrechen. Und das ist seine Aufgabe, den Glauben zu stärken und präsent zu sein.

Was zu einer diametralen entgegengesetzten Wahrnehmung führen kann, ist das Unverständis, z. B. das Kondom als Prävention abzulehnen und dafür jedoch keine Alternative anzubieten. Sicher wird der Gebrauch von Kondomen die Ursachen der Epidemie nicht vollständig eindämmen können, vielleicht aber das Ausmaß und Weiterverbreitung, was das Elend und Not der Menschen noch verstärken würde. Wie sehen aber die Verhältnisse vor Ort aus? Was ist praktikabel, was nicht...? Darüber muß auch nachgedacht werden.

Es ist völlig legitim, sich unterschiedlichst den Themen zu nähern, sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Hinsichtlich der Papstreise nach Afrika darf, soll und kann das zu sehr differenzierten und konträren Ergebnissen führen. Wir nennen das Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit.
Die Frage des Stils, mit welcher Haltung und Respekt miteinander umgegangen wird, also die Frage nach Gesprächskultur, halte ich für entscheident.
Der Papst ist ein Mensch unter Menschen und ihm wurde ein schwieriges, ein schweres, besonderes Amt anvertraut. Unser Papst genießt ein hohes Maß an Vertrauensvorschuß.
Kritik ist keine Abwertung, sondern Auseinandersetzung mit Inhalten und Umständen, letztlich auch Anerkennung und Würdigung des Partners. Nehme ich jemanden ernst, werde ich mich mit allen Facetten seiner Äusserung befassen. Ernsthafte, ehrliche Diskussionen leben davon. Darauf baut auch Vertrauen und widersprechen sich nicht.

Marlene
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#4
(26-03-2009, 01:17)Presbyter schrieb: Welche Erklärung gibt es für diese derart diametral entgegengesetzten Wahrnehmungen zwischen westlichen Medien und deren Öffentlichkeit und den afrikanischen Völkern?

eine recht einfache: die medien thematisieren, was der papst zu wem wie sagt oder nicht, die afrikanischen völker nehmen ihn als eine art michael jackson der rkk wahr - so wie ja auch das deutsche jungvolk auf dem marienfeld 2005
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