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Wie funktioniert Geschichtswissenschaft?
#1
t.logemanns Beitrag im Thread Reinkarnation und Christentum themenfremd, daher neues Thema

t.logemann schrieb:Ich hab' ja nix gegen Spekulation –

Das ist bekannt.

t.logemann schrieb:ich hab' nur was dagegen, das man Hypothesen nur deshalb als "möglicherweise wahr" verkauft,…

Unterscheidung: These, Hypothese, Theorie

Definitionen:

These

Behauptung, Leitsatz

Hypothese (griech. Unterstellung)

Eine zum Zweck der Erklärung angenommene wissenschaftlich-theoretische Aussage, bzw. Menge wissenschaftlich-theoretischer Aussagen.

Wissenschaftlich fundierte Annahme, die so formuliert ist, dass sie durch Erfahrung oder Experiment bestätigt oder widerlegt werden kann.

Somit: Vorentwurf für eine wissenschaftliche Theorie.

Theorie (griech. Betrachtung, Anschauung; ursprünglich: δεωρία, Schau sakraler Feste, von δεός abgeleitet)

Als neuzeitlicher Begriff:

Wissenschaftliches Instrument für die Praxis.

Umfassende wissenschaftliche Lehre zur einheitlichen Erklärung eines Phänomenenbereichs mit dem Ziel einer systematischen Ordnung zusammengehöriger Gegenstände.

t.logemann schrieb:…weil das Andere in der Kirchengeschichte vielleicht genauso getan haben.

Nicht vielleicht, sondern nachweislich.


Geschichte ist die Lehre von geschehenen Taten und Dingen.

Wer sich mit der Vergangenheit beschäftigt, tut das anhand von Gegenständen, Texten und sonstigen Dingen, die von Ereignissen (Persönlichkeiten, etc.) zeugen.

Historiker nennen solche Überreste aus vergangenen Zeiten "Quellen". Zum Quellenbestand können schriftliche und mündliche Überlieferungen, Reste von Bauten, archäologische Funde (wie Werkzeuge, Geschirr und sonstiges Alltagsgerät), etc. gehören.

Aus diesen Überresten entwickelt der Historiker ein Bild von der Geschichte. Er kann also nicht feststellen, wie die Vergangenheit tatsächlich gewesen war, sondern entwickelt ein Bild, wie sie gewesen sein könnte.

Somit können in der Geschichtswissenschaft (und der Geschichtsphilosophie) durchaus mehrere theoretische Annahmen gleichberechtigt nebeneinander - ev. auch als Mehrheits- und Minderheitsmeinung - bestehen.

Geschichtsdarstellung hat daher in dem Ausmaß Bedeutung, wie sie durch Quellen gestützt bzw. gesichert ist.
MfG B.
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#2
Mein lieber Bion...

Thesen, Hypothesen, Spekulatioonen - finden wir zuhauf im Internet, alle "mehr oder minder" belegbar. Letztlich sind 80% der Thesen und Hypothesen "Ansichtssache", sofern keine eindeutige historische oder ärchäoligische Fakten existieren.

Bezogen auf Religionen stehen wir vor dem Problem, das es unzählige Kommentierungen zu Religionen im Allgemeinen und zu Religion im Einzelnen gibt - und die kann man - wie bei anderen Kommentierungen auch - entweder nachvollziehen, oder man kann es lassen. Was man als Demokrat keinesfalls machen kann, ist das was einem nicht in das eigene Weltbild, in die eigene Definition von Geschichtswissenschaft oder Religionswissenschaft passt, durch Löschen zensieren!

Gruss
Thomas
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#3
t.logemann schrieb:Hypothesen, Spekulatioonen - finden wir zuhauf im Internet,…

Vor allem Spekulationen!

Zu Hypothesen, also fundierten wissenschaftlichen Annahmen, müssen Fakten beigebracht werden. Und sie können durch Fakten widerlegt werden.

t.logemann schrieb:…historische oder ärchäoligische Fakten…

Eben! Um die geht es in der Geschichtswissenschaft! Um Fakten! Um gesicherte Quellen.

t.logemann schrieb:Bezogen auf Religionen stehen wir vor dem Problem, das es unzählige Kommentierungen zu Religionen im Allgemeinen und zu Religion im Einzelnen gibt - und die kann man - wie bei anderen Kommentierungen auch - entweder nachvollziehen, oder man kann es lassen.

Nein! Die wissenschaftliche Erforschung und Beschreibung von Religion (Religionswissenschaft, Religionsgeschichte, Kulturgeschichte) hat mittels der Werkzeuge, die dem Historiker zur Verfügung stehen, ein möglichst zuverlässiges Geschichtsbild zu schaffen.

Eine wesentliche Sache ist in diesem Zusammenhang der besondere Umgang mit den überlieferten Gegenständen, um den benötigten historisch-wissenschaftlichen Erkenntniswert zu erhalten. Diese Technik nennt man "Quellenkritik". Insbesondere bei religionsgeschichtlichen Fragen wird eine solche gerne vernachlässigt.

t.logemann schrieb:Was man als Demokrat keinesfalls machen kann, ist das was einem nicht in das eigene Weltbild, in die eigene Definition von Geschichtswissenschaft oder Religionswissenschaft passt, durch Löschen zensieren!

Was wäre Deine Definition von Religions- und Kulturwissenschaft?

Also nochmals:

Wenn eine Diskussion durch themenfremde oder sinnfreie Einwürfe, durch die ausschließlichen Mitteilung der eigenen Befindlichkeit, durch Mitteilungen, dass man nichts zu sagen hat und auch in Zukunft nichts sagen wird, etc. gestört ist, wird moderativ eingegriffen.

Texte werden entfernt, wenn sie Müll sind. Dafür besteht im Forum eine Abteilung, die Mülleimer genannt ist.

In deinem Falle wurde der aus dem Thread "Inkarnation und Christentum" entfernte Text (weil themenfremd) hierher verbracht und in meine Antwort eingebunden.

Hier hast Du die Möglichkeit, Dein Geschichtsbild zu unterbreiten.
MfG B.
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#4
Na denn auf, Herr Lehrer - erklär uns mal Deine "Quellenkritik".... Wie willst Du den halbwegs objektive Quellenkritik betreiben, wenn Du keine halbweg objektive Quelle findest? Oder ist objektiv jetzt das was die Mehrheit der Menschen im "Elfenbeinturm" glaubt zu wissen?

Mal ein ganz einfaches Beispiel: Wir glauben das Jesus gelebt hat - es gibt keine überlieferten Schriftstücke, die nicht anzuzweifeln wären (was ja inhaltlich bezüglich des NT auch gemacht wird) - rund 2 Milliarden Christen glauben das Jesus gelebt hat (die eine Milliarde Muslime auch, die paar Millionen Baha'i ebenfalls...). Aber ist das ein objektiver Fakt - solange wir uns auf Schriftstücke berufen, die vermutlich erst zweihundert Jahre nach dem Tod Jesu aufgezeichnet wurden? Ist es nicht - trotzdem glauben wir daran....

Wo setzt jetzt Deine "Quellenkritik" an? An Origenes, Augustinus? Da haben wir zwar Schriftstücke - aber weder Origenes noch Augustinus waren Zeugen der Botschaft Jesu - die haben die Lehre auch nür "übernommen" und daraus ihre eigenen Auslegungen abgeleitet - ist das jetzt "objektiv"? Sind diese zwei zugegebenrmassen bedeutenden Theologen und Philosophen nun deswegen eine "zuverlässige Quelle", weil sie in ihren nachvollziehbaren Schlussfolgerungen seit ein paar hundert Jahren allgemein anerkannt sind?

Jetzt höre ich schon Deinen Ausflucht: "...von "objektiv" hab' ich ja nix gepostet...". Aber von Wissenschaft - und die bemüht sich darum, so objektiv wie möglich zu sein....

"Gesicherte Quellen" - gerade im Christentum ist soviel verfälscht und gefälscht worden.... von dem Märchen des "leiblichen Sohn Gottes" über das "Weihnachtsfest" bis hin zu den "Visionen" die zum "Buch Mormon" führten.... und da sprichst Du von "gesicherten Quellen"??? Wie "sicher" Quellen in der Religion sind, kannst Du deutlich an dem Machwerk von Ficcia betüglich meiner Religion ablesen - obwohl Ficcia seit 15 Jahren widerlegt ist, "klammern" sich Teile der theologischen Christenheit immer noch an diese Geschichtsverfälschung....

Bleib' mir - unter solchen Voraussetzungen - bloss vom Leib mit "gesicherten Quellen"...
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#5
Hier ging es um Thesen Zürrers, die nicht durch (Quellen-)Texte belegt sind. Sie stellen somit keine historisch verlässliche Quelle dar. Dagegen die eigene Befindlichkeit oder die eigenen Ansichten zu stellen, weitet sich ins Uferlose.
Selbstverständlich hat die Ablehnung eines nicht belegten Textes nichts mit "gesicherten" Quellen zu tun, sondern stellt einen methodischen Ansatz dar, nämlich bloßen Behauptungen zunächst einmal ablehnend zu begegnen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#6
zwischen persönlicher ablehnender Begegnung (ist ja in Ordnung) - und willkürlicher Verschiebung von Meinung liegen aber Welten.....
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#7
@t.logemann

Gut! In etwa ist mir Dein Zugang zur Geschichte vorerst einmal geläufig.

t.logemann schrieb:"Gesicherte Quellen" - gerade im Christentum ist soviel verfälscht und gefälscht worden....


Ja. Deshalb ist bei Quellen dieser Art besondere Vorsicht geboten.

t.logemann schrieb:von dem Märchen des "leiblichen Sohn Gottes"…

Das gehört zur Theologie. Die Geschichtswissenschaft befasst sich mit nicht mit bekenntnishaften Aussagen.

t.logemann schrieb:über das "Weihnachtsfest"…

Selbst konservative Theologen sind sich dessen bewusst und stellen davon nichts in Abrede. Das wurde hier schon mehrfach abgehandelt.

t.logemann schrieb:bis hin zu den "Visionen" die zum "Buch Mormon" führten... und da sprichst Du von "gesicherten Quellen"???

Es gibt wohl nur ganz wenige Historiker auf der Welt (vielleicht ein paar in Utah), die das Buch Mormon als historischen Bericht verstehen wollen.

Dennoch kann auch damit historisch gearbeitet werden. Textgeschichtlich, theologiegeschichtlich, etc.

t.logemann schrieb:Wie "sicher" Quellen in der Religion sind, kannst Du deutlich an dem Machwerk von Ficcia betüglich meiner Religion ablesen - obwohl Ficcia seit 15 Jahren widerlegt ist, "klammern" sich Teile der theologischen Christenheit immer noch an diese Geschichtsverfälschung....

Hier gibst Du ein Beispiel, bei dem in beide Richtungen Vorsicht anzulegen ist.

Sowohl der, der eine Gemeinschaft verlässt und meint, sie nunmehr kritisieren zu müssen, als auch der, der Teil der Gemeinschaft ist und meint, sie verteidigen zu müssen, beide sind Partei.

Informationen, gleich von welcher Partei man sie bekommt, müssen überprüft werden.
MfG B.
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#8
Richtig - beide sind Partei.... Im Gegensatz zum Christentum sind unsere Schriftstücke für jeden Forscher frei zugänglich, einseh- und kopierbar. Man sollte allerdings Hocharabisch, Hochpersisch lesen und verstehen können.... - die nicht-Baha'i-Forscher, die wegen der Schriften nach Haifa kommen, können das auch...
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#9
(28-12-2013, 22:51)Sinai schrieb:
(28-12-2013, 22:28)Ekkard schrieb: Die "Geburtslegende" ist mit Sicherheit ausgedacht; denn es gibt keine anderen Quellen, die sie bestätigen.

Hallo Ekkard,
Das ist ein unlogischer Schluß.

Du stellst hier absolut unübliche Ansprüche. Ansprüche, die an andere historische Quellen niemals gestellt werden!

Ein Text voller Wundergeschichten ist keine mit den Texten des Josephus vergleichbare "historische Quelle". Josephus schildert detailliert den Verlauf des Jüdischen Krieges. Dass es diesen Krieg gegeben hat und Vespasian sowie Titus an diesem Krieg und an der Belagerung der Festung beteiligt gewesen waren, hat auch Sueton berichtet.
MfG B.
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#10
(29-12-2013, 02:50)Bion schrieb: Ein Text voller Wundergeschichten ist keine mit den Texten des Josephus vergleichbare "historische Quelle". Josephus schildert detailliert den Verlauf des Jüdischen Krieges. Dass es diesen Krieg gegeben hat und Vespasian sowie Titus an diesem Krieg und an der Belagerung der Festung beteiligt gewesen waren, hat auch Sueton berichtet.
Josephus war zu der Zeit in römischer Gefangenschaft und befand sich in Rom.
Die Details der Belagerung und deren Ende, inkl. Massenselbstmor sollen ja von 2 Frauen und 5 Kindern erzählt worden sein, die versteckt die
Selbstmordarie überlebt haben.

Würde mich mal interessieren wie die Details nach sicher mehrmaligem
Hörensagen zu bewerten sind.

Auch Tacitus baute oft Gerüchte und Hofklatsch ein.

"Man muss bei der Betrachtung der Geschichtswerke des Tacitus – die zweifellos stilistisch beeindruckend sind und die
annalistisch-historiographische Tradition Roms auf ihren Höhepunkt führten – kritisch verfahren.
So baute Tacitus oft Gerüchte und Hofklatsch ein,[26] was wohl auf das Quellenmaterial zurückzuführen ist, das er zur Fertigstellung seiner Werke gesichtet hatte. Geschickt bringt er dem Leser eine bestimmte Interpretation der geschilderten Vorgänge nahe, ohne selbst Farbe zu bekennen.
Auch sein Denken in Schwarz-Weiß-Kategorien sollte zur Vorsicht mahnen.
Manche Ereignisse lässt er wegfallen, andere interpretiert er so, dass sie seine Thesen zu untermauern scheinen.
Gerne werden den Akteuren heimliche Motive unterstellt, von denen Tacitus, objektiv betrachtet,
gar keine Kenntnis besessen haben kann.
Von seinem verlockend klingenden Grundsatz, sine ira et studio („ohne Zorn und Eifer“) zu schreiben,
kann daher bei seinem eigenen Werk nur bedingt die Rede sein." (wiki)

Es gab halt noch nicht die "strengen" Wissenschaftler und Historiker.
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#11
(29-12-2013, 03:11)Harpya schrieb: Josephus war zu der Zeit in römischer Gefangenschaft und befand sich in Rom.

Josephus war zum Zeitpunkt des Falls von Masada nicht "Gefangener", sondern ein privilegierter, in der Gunst des Kaisers stehender Mann.
MfG B.
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#12
Ich wollte nur mal kurz anmerken, dass auch "offizielle" historische Wahrheiten nicht immer richtig sein müssen, denn auch historische Quellen hängen meist davon ab unter welchen Umständen sie entstehen.
So ist bspw Nero von römischen Historikern als wahnsinniger Diktator dargestellt worden, der Rom verbrennen ließ.
Nach heutigen Erkenntnissen soll dies wiederum gar nicht stimmen. Nero wurde vom Senat gehasst. Da ist es auch nicht denkbar, dass die Historiker dann auch positiv von ihm berichten.

hier mal ein Artikel über
Nero
with great power comes great responsibility

Entscheidungen machen uns zu denen, die wir sind. Und wir haben immer die Wahl, das Richtige zu tun.
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#13
Dass Nero bei Tacitus, Sueton und Cassius Dio nicht gut wegkommt, beim Volk aber durchaus beliebt gewesen war, ist bekannt. So richtig ruiniert wurde der Ruf des Kaisers allerdings erst durch einige christliche Schriftsteller der Antike, die Nero zu unrecht als den schlimmsten Verfolger der Christenheit darstellten und durch die auf solche Berichte aufbauende, christlich orientierte Geschichtsschreibung der Neuzeit.

Ein anderer Kaiser und Verwandtenmörder der Antike, Konstantin der Große, wird von der antiken Geschichtsschreibung hingegen - ebenfalls zu unrecht - als Lichtgestalt vorgestellt.
MfG B.
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#14
Die Borghias stellten mit ihren Päpsten zu ihrer Zeit ja auch die höchsten
moralisch, kirchlich, göttlichen Instanzen ihrer Zeit.

Das historische Bild hat sich im Lauf der Zeit anscheinend auch etwas gewandelt.
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#15
(29-12-2013, 11:06)Bion schrieb:
(29-12-2013, 03:11)Harpya schrieb: Josephus war zu der Zeit in römischer Gefangenschaft und befand sich in Rom.

Josephus war zum Zeitpunkt des Falls von Masada nicht "Gefangener", sondern ein privilegierter, in der Gunst des Kaisers stehender Mann.

Richtig !
Aber er wußte, was der Kaiser von ihm erwartete . . .
Er wußte jedenfalls, daß er einen Kopf kürzer sein wird, wenn er die Wahrheit schreibt . . .

In Wahrheit war er eine Geisel. Er genoß jeden erdenklichen Luxus, aber über ihm schwebte das Damoklesschwert.
Der Kaiser brauchte ihn als "Kronzeugen", den Sohn aus vornehmer jüdischer Familie. Das ließ sich der Kaiser schon was kosten.
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