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Determinismus - Ethik - Schuld?
#16
bevor wir mit den konsequenzen fuer die ethik beginnen, wuerde ich gerne noch ein wenig ueber den determinismus reden.

@gundi

wenn wir vom "bösen" reden, nehmen wir automatisch an, es wäre auch "besser" gegangen. der determinist behauptet nun, es wäre nicht nur nicht besser, sondern ueberhaupt nicht anders gegangen.

@petronius
descartes war vertreter des indeterminismus und befuerworter eines freien willens.

wo siehst du belege fuer einen freien willen?
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#17
(26-08-2011, 16:41)Tyko schrieb: wenn wir vom "bösen" reden, nehmen wir automatisch an, es wäre auch "besser" gegangen. der determinist behauptet nun, es wäre nicht nur nicht besser, sondern ueberhaupt nicht anders gegangen.

Aber kann man nicht auch hier deterministisch einwenden, dass unsere Geschichte nur diese Form zuließ? Und bei anderen Gesellschaften eben dementsprechend.
Warum zb. tun sich Gesellschaften, die die Aufklärung nicht hinter sich haben, oftmals so schwer mit der langfristigen Demokratie?
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#18
ja, das ist korrekt.
dass der gedanke unangenehm ist ist jedoch kein grosser einwand.
dem determinismus liegt die beobachtung zufolge, dass auf jede ursache genau eine wirkung folgt. so gelangt man dann zu spinozas nezessitarismus oder nietzsches ewiger wiederkehr.
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#19
Also das mit dem Determinismus (im Großen) ist eine Metapher des 19. Jahrhunderts. Was im menschlichen Bewusstsein passiert, ist zwar im Einzelnen determiniert aber im Ganzen physikalisch unbestimmt.

Dazu gibt es eine Reihe von Untersuchungen an komplexen (physikalisch-chemischen, selbstbezüglichen) Systemen und Computersimulationen, die genau diese Aussage bestätigen. In komplexen Systemen gibt es eine Historie, die jedesmal eine andere sein kann, wenn man sie neu startet. Für Puristen: Der Neustart geschieht niemals unter exakt den gleichen Bedingungen - auch klassisch nicht. Und bei komplexen Systemen sind die Abhängigkeiten von Randbedingungen dermaßen empfindlich, dass nach einigen hundert Zyklen etwas völlig anderes heraus kommt, als in anderen Verlaufsgeschichten.
Inzwischen sind auch die den Systemen zugrunde liegenden, partiellen Differenzialgleichungen besser untersucht. In den Lehrbüchern findet man immer nur "die üblichen, stabilen, sinnvollen" Lösungen. Die sprunghaften, chaotischen Lösungen werden tunlichst verschwiegen. Wie sich gezeigt hat, gibt es sie, und sie "zerstören" den Determinismus im Großen, obwohl auf der differenziellen Ebene ganz klare physikalische (oder chemische) Gesetze gelten - oder gar ein klarer Algorithmus im Falle der Computersimulation. Es gibt noch weitere Belege, aber dazu müsste ich in die Trickkiste der Quantenphysik greifen. Man kommt jedoch mit der klassischen Betrachtungsweise (und einigen Erkenntnissen jüngeren Datums) ohne Weiteres zurecht.
Ein weiteres Beispiel aus der ganz normalen Mechanik ist das "chaotische Pendel", zu bestaunen auf der Phänomenta!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#20
(26-08-2011, 16:55)Tyko schrieb: dem determinismus liegt die beobachtung zufolge, dass auf jede ursache genau eine wirkung folgt.
Diese "Beobachtung" ist falsch. Komplexe physikalische, chemische oder biologische Zustände "zerfallen" in eine Vielzahl anderer Zustände. Wenn man so will: Eine Ursache - viele Wirkungen.

Klassisches Beipiel: 1000 Kaffeetassen auf einem Fliesenboden zerschmettert, ergeben 1000 verschiedene Scherbenhaufen.

Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#21
(26-08-2011, 16:41)Tyko schrieb: descartes war vertreter des indeterminismus und befuerworter eines freien willens

ich bezog mich auf deinen mechanistischen erklärungsansatz, der den menschen mit einer rollenden kugel vergleicht

(26-08-2011, 16:41)Tyko schrieb: wo siehst du belege fuer einen freien willen?

ich wüßte nicht, wie der zu belegen sein könnte

ebenso wenig wie daß es eine objektive realität gibt, die wir nur eben bloß zum teil und unvollständig wahrnehmen und erkennen

beides ist nicht zu beweisen, aber als modell zur bewältigung der für uns erfahrbaren realität äußerst brauchbar

solange du mir also nicht die unbrauchbarkeit nachweist, indem du z.b. den freien willen als tatsache wiederlegen kannst, werde ich also weiterhin davon ausgehen. es hat sich bewährt
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#22
(26-08-2011, 16:55)Tyko schrieb: dem determinismus liegt die beobachtung zufolge, dass auf jede ursache genau eine wirkung folgt

und die eben ist überholt

man hat längst auch anderes beobachtet

noch nicht mal die welt ohne menschen ist ein uhrwerk
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#23
(26-08-2011, 17:59)Ekkard schrieb: Für Puristen: Der Neustart geschieht niemals unter exakt den gleichen Bedingungen - auch klassisch nicht. Und bei komplexen Systemen sind die Abhängigkeiten von Randbedingungen dermaßen empfindlich, dass nach einigen hundert Zyklen etwas völlig anderes heraus kommt, als in anderen Verlaufsgeschichten.

damit hast du doch dein eigenes argument widerlegt. dasselbe gilt bei den kaffetassen.
wenn alle bedingungen genau gleich wären, wuerden wir das selbe ergebnis beobachten.

in beweis des indeterminismus wäre ein experiment, bei dem alle bedingungen gleich bleiben und zu verschiedenen ergebnissen fuehren.

zu "eine ursache, viele wirkungen": völlig korrekt, gehr jedoch am thema vorbei. missverständliche formulierung meinerseits. eine ursache erzeugt nicht immer genau eine folge, sondern immer dieselbe folge.

und vorbeugend zur quantenphysik: ich stuetze einsteins theorie, dass auch die beobachtungen, die wir heute in der quantenphysik machen frueher oder später kausalitätstechnisch erklärbar sein werden.
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#24
(26-08-2011, 18:13)petronius schrieb: solange du mir also nicht die unbrauchbarkeit nachweist, indem du z.b. den freien willen als tatsache wiederlegen kannst, werde ich also weiterhin davon ausgehen. es hat sich bewährt

das ist traurig. ersetz mal "freier wille" mit "gott" und deine eigene argumentation wird dir sehr bekannt vorkommen, jedoch von der seite, gegen die du gewöhnlich argumentierst.
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#25
(26-08-2011, 18:22)Tyko schrieb: damit hast du doch dein eigenes argument widerlegt. dasselbe gilt bei den kaffetassen.
wenn alle bedingungen genau gleich wären, wuerden wir das selbe ergebnis beobachten.
Eben nicht, weil "genau gleich" eine nicht darzustellende Bedingung ist. Die Weltgeschichte geht weiter, während man versucht, "genau gleiche" Bedingungen herzustellen. Der Informationsgehalt der Welt ändert sich ein Bisschen. Das reicht!

Es ist mal wieder so, dass man mit idealisierten Vorstellungen Schiffbruch erleidet: Die Ganze Physik lebt von idealisierten Modellen, die nur die wesentlichen Eigenschaften eines Systems nachbilden, und sich um kleine Nebeneffekte nicht kümmern. Wenn aber ein komplexes System von den (ständig sich ändernden) Nebeneffekten abhängig wird, dann ist "genau gleich" eine unsinnige Idealisierung.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#26
niemand hat behauptet, dass sich gleiche bedingungen wieder herstellen lassen. dies wäre jedoch die vorraussetzung fuer ein experiment, dass den determinismus widerlegt.
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#27
(26-08-2011, 19:52)Ekkard schrieb:
(26-08-2011, 18:22)Tyko schrieb: wenn alle bedingungen genau gleich wären, wuerden wir das selbe ergebnis beobachten.
Eben nicht, weil "genau gleich" eine nicht darzustellende Bedingung ist.

das ist ein einfacher fehlschluss.
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#28
(26-08-2011, 18:22)Tyko schrieb:
(26-08-2011, 17:59)Ekkard schrieb: Für Puristen: Der Neustart geschieht niemals unter exakt den gleichen Bedingungen - auch klassisch nicht. Und bei komplexen Systemen sind die Abhängigkeiten von Randbedingungen dermaßen empfindlich, dass nach einigen hundert Zyklen etwas völlig anderes heraus kommt, als in anderen Verlaufsgeschichten.

damit hast du doch dein eigenes argument widerlegt. dasselbe gilt bei den kaffetassen.
wenn alle bedingungen genau gleich wären, wuerden wir das selbe ergebnis beobachten

das ist eigentlich spekulation - beobachtet hat das noch niemand

ekkard hats doch gesagt: "Der Neustart geschieht niemals unter exakt den gleichen Bedingungen". was glaubst du denn, warum in naturwissenschaftlichen experimenten immer nur ein parameter variiert wird? eben um die komplexität auf null zu reduzieren und so eindeutige ergebnisse zu erhalten

man könnte deinen spruch aber umdrehen: nur wenn wir das selbe ergebnis beobachten, wären

sprich: nur dann könntest du überhaupt wissen, ob alle bedingungen genau gleich sind

das ist die crux!

eben auch hier:

(26-08-2011, 18:22)Tyko schrieb: in beweis des indeterminismus wäre ein experiment, bei dem alle bedingungen gleich bleiben und zu verschiedenen ergebnissen fuehren.

du kannst bei entsprechend komplexen systemen nicht entscheiden oder feststellen, wann und ob dem so ist

(26-08-2011, 18:22)Tyko schrieb: und vorbeugend zur quantenphysik

ich hatte eher nichtlineare systeme mit ihrem deterministischen chaos im sinn

(26-08-2011, 18:22)Tyko schrieb: ich stuetze einsteins theorie, dass auch die beobachtungen, die wir heute in der quantenphysik machen frueher oder später kausalitätstechnisch erklärbar sein werden

eine lupenreine glaubensaussage - und das aus deinem munde!Icon_razz

(äh: "theorie"?)
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#29
(26-08-2011, 18:25)Tyko schrieb:
(26-08-2011, 18:13)petronius schrieb: solange du mir also nicht die unbrauchbarkeit nachweist, indem du z.b. den freien willen als tatsache wiederlegen kannst, werde ich also weiterhin davon ausgehen. es hat sich bewährt

das ist traurig. ersetz mal "freier wille" mit "gott" und deine eigene argumentation wird dir sehr bekannt vorkommen, jedoch von der seite, gegen die du gewöhnlich argumentierst.

nein. denn die gottesbilder bewähren sich nicht in gleichem maße

aber natürlich darfst du davon ausgehen, daß du nur ein programm abspulst, wenn dir diese sicht lieber ist. beweisen kannst du es mir genauso wenig wie ich dir den freien willen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#30
ja, sowohl determinismus, als auch indeterminismus sind glaubenspositionen.

mein humanismus ist auch eine "glaubensposition", was solls?
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