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Mittelalter
#1
Innerhalb der europäischen historischen Wissenschaft besteht weitgehend Übereinstimmung, das mittelalterliche Jahrtausend mit 500  beginnen und mit 1500 nC enden zu lassen. Das heute übliche Drei-Perioden-Schema (↗Antike-Mittelalter-↗Neuzeit) ist erst seit dem späten 17. Jh in Gebrauch. Christoph Cellarius (1638-1707), Professor für Geschichte an der Universität Halle, machte dieses Schema über sein weitverbreitetes Lehrbuch zur allgemeinen Geschichte bekannt. Allerdings dauerte es noch gut ein Jahrhundert bis der Begriff "Mittelalter" zum allgemeinen Bildungsgut gehörte. ↗Voltaire (1694-1778) verwendete ihn beispielsweise noch nicht.

Als das einschneidende Ereignis, das den Übergang von der Antike zum Mittelalter einleitete,  wird überwiegend der Zusammenbruch des Weströmischen Reichs angesehen. Wann diese Übergangsphase als Abgeschlossen betrachtet werden kann, dazu gibt es unterschiedliche Fachmeinungen. In Betracht kommen zB die Taufe ↗Chlodwigs (≈ 500 nC), das Ende der Völkerwanderungszeit (Einfall der Langobarden in Italien 568 nC) aber auch andere Ereignisse.

Alternative Periodengrenzen für die Festlegung des Übergangs von der Antike zum Mittelalter, wie beispielsweise die ↗Christianisierung des Römischen Reichs unter ↗Konstantin, durch den Leidener Historiker Georg Horn (1620-1670) ins Gespräch gebracht, oder der Vorschlag des belgischen Historikers Henri Pirenne, der als Zäsur die ↗muslimische Landnahme in Spanien  annehmen wollte, konnten sich nicht durchsetzen. Horn und Cellarius ließen das Mittelalter mit der Eroberung ↗Konstantinopels (1453) durch die ↗Osmanen enden. Für diese Zäsursetzung spräche auch das zeitliche Zusammenfallen mit dem Ende des ↗Hundertjährigen Kriegs zwischen England und Frankreich. Durchgesetzt hat es sich allerdings, die Zeit und die Ereignisse zwischen 1492 (Entdeckung Amerikas, Fall des muslimischen Königreichs Granada in Spanien) und Luthers Thesenanschlag (1517) als Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit – mit der pragmatischen Datierung 1500 nC - anzunehmen.

Für die Unterteilung des Mittelalters in zwei oder drei Phasen sind in Europa unterschiedliche Traditionen anzutreffen. Französische Historiker geben zB einer Zweiteilung den Vorzug, deutschsprachige Historiker sind es gewohnt, eine Dreiteilung in Früh-, Hoch- und Spätmittelalter vorzunehmen. Die Grenzziehungen werden allgemein in der Zeit von 950 (962 Aufnahme der weströmischen Reichsidee durch Otto I.; 987 Ende der Karolingerherrschaft) und 1000 bis 1250 (Herrschaft der Ottonen, Salier und Stauffer; sakrale Überhöhung des Königtums; Kreuzzüge) vorgenommen. Danach: Beginn des Aufstiegs der Städte und des Bürgertums; Verbreitung des Schriftgebrauchs in der Verwaltung und im Alltag auch nördlich der Alpen.


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MfG B.
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