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Olympia
#1
↗Zeusheiligtum. Bedeutendste Kultstätte des ↗antiken Griechenland. Seit dem 8. Jh vC (776 vC – 393 nC) Austragungsort der ↗Agones der antiken Olympischen Spiele.

Das Gründungsdatum ist eine willkürliche Annahme. Es ist aufgrund von Siegerlisten festgelegt, die zum Ende des 5. Jhs vC (re)konstruiert wurden. Archäologische Zeugnisse für ein Orakelheiligtum der ↗Gaia in Olympia reichen in die ↗spätmykenische Zeit (1100 vC) zurück, Hinweise auf ein Zeusheiligtum ins 9. Jh vC. Auch den  Göttinnen ↗Hera, ↗Demeter, ↗Aphrodite und ↗Artemis waren offenbar schon sehr früh Kultstätten in Olympia eingerichtet. In der Nähe der Sportstätten gab es keine nennenswerten Wohnsiedlungen. Die Spiele wurden von ↗Elis aus verwaltet.

Zunächst wurden in Olympia ausschließlich Wettläufe abgehalten Der Stadionlauf ging über eine Länge von 600 Olympische Fuß, was 192,28 m entsprach. Der Doppellauf war zwei Stadien lang, der Langlauf 20 Stadien.

Nach und nach kamen weitere Disziplinen wie Fünfkampf (Diskuswurf, Speerwurf, Laufen, Weitsprung und Ringen), Pankration, Wagen- und Pferderennen hinzu. Ab 688 vC ist der Faustkampf belegt, ab 680 vC der danach angesehenste Bewerb der Spiele, das Wagenrennen mit dem Vierergespann (tethrippon).

Der letzte Laufbewerb, der ins Programm aufgenommen wurde, war die hoplitodromia, der Waffenlauf (520 vC) gewesen, der in Olympia über die Länge von zwei Stadien ausgetragen wurde, an anderen Orten (zB in ↗Nemea) auch vier Stadien lang sein konnte. Die Athleten hatten die Strecke anfangs gerüstet (ohne Brustpanzer) zu durchlaufen, später wurden Beinschienen und Helm wegelassen und nur noch der Schild mitgetragen.

Von den Teilnehmern an den Waffenläufen und den Wagenlenkern abgesehen, traten die Athleten seit 724 vC auf betreiben ↗Spartas zu den Wettkämpfen nackt an.

Manche Disziplinen waren einmalige Ereignisse (zB der Fünfkampf der Knaben 628 vC), manche zeitlich begrenzt (zB Wagenrennen mit Maultieren im Zweiergespann von 500 bis 444 vC) gewesen. 396 vC wurden Bewerbe der Herolde und Trompeter eingerichtet.

Als ↗Nero im Jahr 67 nC an den Spielen teilzunehmen wünschte, wurden einmalig auch Musikwettbewerbe ausgetragen. Alle Wettbewerbe, bei denen Nero antrat, hat er auch gewonnen. Selbst beim Wagenrennen (mit einem Gespann von zehn Pferden!), bei dem er vom Wagen stürzte und aufgeben musste, wurde er zum Sieger erklärt.

Eine der größten künstlerischen Leistungen der Antike konnte in  Olympia besichtigt und bestaunt werden. Es war das über 12 m hohe, mit Gold, Elfenbein und Ebenholz verkleidete Sitzbild des Göttervaters Zeus, geschaffen vom berühmtesten Bildhauer jener Zeit, ↗Phidias, das in dem im 5. Jh vC erbauten Zeustempel aufgestellt war und als eines der ↗Sieben Weltwunder gegolten hatte.

Die Gründungsmythen zu den Spielen sind in verschiedenen Varianten überliefert:

Einer ↗Sage nach wurden die ersten Olympischen Spiele als Leichenfeier für König ↗Pelops abgehalten (Clem. Protr. 34).  Pelops soll der Überlieferung nach in Olympia im heiligen Hain des Zeus, der Altis, neben dem Hera-Tempel  begraben sein. Begräbnisriten zu Ehren des Helden an seinem Grabhügel (Pelopion) waren fester Bestandteil des Ablaufs der Spiele gewesen sein.

Pelops hatte König ↗Oinomaos von Elis und Pisa im Wagenrennen besiegt (Paus. 5,8,1ff.; Apoll. Epit. II, 7). Der Siegespreis war die schöne Tochter des Oinomaos, Hippodameia, gewesen. Diese Sage war  wohl mit ein Grund für die hohe Wertschätzung, die das Vierergespann-Wagenrennen über alle anderen Bewerbe der Spiele stellte.

Nach einem anderen ↗Mythos soll ↗Herakles die Spiele zu Ehren seines Vaters Zeus gegründet haben, nachdem er den Alphaios zum Zweck der Reinigung des ↗Augiasstalles umgeleitet hatte (Pind. 2. u. 10. Ol. Ode). Auch die Länge des Stadions soll Herakles selbst ausgemessen haben, indem er sechshundertmal einen Fuß nach dem anderen gesetzt hatte.

Siegespreis war ein Zweig von dem Ölbaum gewesen, der der Sage nach von Herakles gepflanzt worden war. Ein Olympiasieg war mit einigen Privilegien verbunden, zB Errichtung einer Siegesstatue und die lebenslange Speisung durch die Heimatstadt des siegreichen Athleten.

An den Spielen teilzunehmen, waren alle freien männlichen Griechen berechtigt. Ab der römischen Kaiserzeit wurde diese Bestimmung großzügig auch auf all jene angewandt, die die griechische Kultur lebten bzw. sich mit ihr verbunden fühlten. Verheirateten Frauen war das Zusehen bei den Wettkämpfen verboten, ledigen Frauen offenbar nicht. Die einzige verheiratete Frau, die das Privileg hatte, den Spielen beiwohnen zu dürfen, war die Priesterin der Demeter. Da bei Wettkämpfen, an denen Pferde beteiligt waren, nicht deren Reiter bzw. die Wagenlenker, sondern die Besitzer/Besitzerinnen derselben als Wettkampfteilnehmer galten, sind in den olympischen Siegerlisten kurioserweise auch Frauen verzeichnet.

391/392 nC wurden die Olympischen Spiele von Kaiser ↗Theodosios I. als "heidnisches Götterfest" abgeschafft, doch dürfte diese Anordnung vorerst ohne Wirkung geblieben sein. Nach neuesten archäologischen Befunden dürfte der Kultbetrieb noch bis ins erste Viertel des 5. Jhs nC fortbestanden und erst nach dem neuerlichen Verbot durch ↗Theodosios II. sein Ende gefunden haben.

Literatur:
Wolfgang Decker. Sport in der Antike. 1995 München. Verlag C. H. Beck.
Karl-Wilhelm Weeber. Die unheiligen Spiele. Das antike Olympia zwischen Legende und Wirklichkeit. 2000 Düsseldorf/Zürich. Verlag Artemis & Winkler.
Ulrich Sinn. Einführung in die klassische Archäologie. 2000 München. Verlag C. H. Beck.
Ulrich Sinn. Olympia. 32004 München. Verlag C. H. Beck.
Judith Swaddling. Die Olympischen Spiele in der Antike. 2004 Stuttgart. Reclam Verlag.
Balbina Bäbler. Archäologie und Chronologie. 2004 Darmstadt. Verlag Wissenschaftliche Buchgesellschaft.


● Zum Inhaltsverzeichnis des Lexikons
MfG B.
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