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Die 4 Reiter der Apokalypse. Wer sind sie?
Habs eben nicht mit Hühner, was gibts eingentlich gegen Geier zu sagen.
Sehr nützliche Tiere und sehr brauchbar, oft die einzigen Vögel die
die Haut der Verendeten aufreissen können, das die anderen
auch was zu futtern haben.

Auch ein wunderbares Flugbild, nicht so ein Rudelkrähengeflatter.
Und sehr hygienisch, nackter Kopf und Hals damit man sich beim Essen nicht so einsaut,
das es nicht schnell zu reinigen wäre.

Auch in der Bibel wird öfter von Geiern gesprochen, obwohl da die Zuordnung/Verwechslung
mit Adlern nicht so klar ist.
zB
Obwohl der Aas vertilgende Geier (Spr 30,17; vgl. Hi 39,29ff; Mt 24,28; Lk 17,37) als unrein galt (Lev 11,13; Dtn 14,12), war dieser mächtige Vogel – der Gänsegeier (Gyps fulvus) erreicht z.B. eine Länge von 1 m und eine Flügelspannweite von 2,40 m – als „König der Lüfte“ durchaus bewundert.
Daher erscheint er auch als Bild für den babylonischen und ägyptischen König (Ez 17,3.7). Viele Vergleiche beziehen sich auf seine Schnelligkeit (2Sam 1,23; Jer 4,13; Klgl 4,19), seinen Flug (Spr 23,5; Spr 30,19; Jer 48,40; Jer 49,22) und die im Flug weit ausgebreiteten Flügel (Jes 40,31, vgl. Ez 17,3.7), mit denen er seine Jungen schützt (Ex 19,4; Dtn 32,11; vgl. Apk 12,14).

Seine Nester baut er unerreichbar in Felsen und Höhen (Jer 49,16; Ob 4; Hi 39,27). In den Lüften kreisend erspäht er seine Beute, um dann plötzlich auf sie herabzustoßen (Hi 9,26, vgl. Hab 1,8) und sie rasch und gierig zu vertilgen (Spr 30,17).
Dieses Verhalten lockt andere Artgenossen, die sich in der Nähe befinden, an.

Einige Stellen beziehen sich auf die dem Geier zugeschriebene Regenerationskraft (vgl. Ps 103,5; Jes 40,31; vgl. dazu Schroer 1997), die auch in der Siegelkunst Syrien-Palästinas belegt ist. uvm.

Muss schon einige Bedeutung haben warum die so oft erwähnt haben.
Fast schon eine Art Bewunderung, veilleicht weil die auch meist die Ersten
beim Beutemachen sind.

Die majestätische Überlegenheit des Geiers führte dazu, dass er zum Bild für die von Feinden ausgehende Gefahr (Dtn 28,49; Ez 17,3.7; Jer 48,40; Jer 49,22; Hos 8,1) werden kann (Apk 8,13: Adler).

JHWHs Schutz gegenüber seinem Volk wird dagegen mit dem schützenden Verhalten des Geiers gegenüber seinen Jungen verglichen (Ex 19,4; Dtn 32,10f).
In Ez 1,10; Ez 10,14 steht das Geiergesicht des menschengestaltigen Himmelswächters / Himmelsträgers für den Ostwind.
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Alle Ausschnitte der Bibelgeier aus
*https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/geier-3/ch/54cb734b7f4d0f04ae5d24ed1c3f693f/
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(07-02-2015, 22:33)Harpya schrieb: Auch in der Bibel wird öfter von Geiern gesprochen, obwohl da die Zuordnung/Verwechslung
mit Adlern nicht so klar ist.
zB
Obwohl der Aas vertilgende Geier (Spr 30,17; vgl. Hi 39,29ff; Mt 24,28; Lk 17,37) als unrein galt (Lev 11,13; Dtn 14,12), war dieser mächtige Vogel – der Gänsegeier (Gyps fulvus) erreicht z.B. eine Länge von 1 m und eine Flügelspannweite von 2,40 m – als „König der Lüfte“ durchaus bewundert.
Daher erscheint er auch als Bild für den babylonischen und ägyptischen König (Ez 17,3.7). Viele Vergleiche beziehen sich auf seine Schnelligkeit (2Sam 1,23; Jer 4,13; Klgl 4,19), seinen Flug (Spr 23,5; Spr 30,19; Jer 48,40; Jer 49,22) und die im Flug weit ausgebreiteten Flügel (Jes 40,31, vgl. Ez 17,3.7), mit denen er seine Jungen schützt (Ex 19,4; Dtn 32,11; vgl. Apk 12,14).

Seine Nester baut er unerreichbar in Felsen und Höhen (Jer 49,16; Ob 4; Hi 39,27). In den Lüften kreisend erspäht er seine Beute, um dann plötzlich auf sie herabzustoßen (Hi 9,26, vgl. Hab 1,8) und sie rasch und gierig zu vertilgen (Spr 30,17).
Dieses Verhalten lockt andere Artgenossen, die sich in der Nähe befinden, an.

Einige Stellen beziehen sich auf die dem Geier zugeschriebene Regenerationskraft (vgl. Ps 103,5; Jes 40,31; vgl. dazu Schroer 1997), die auch in der Siegelkunst Syrien-Palästinas belegt ist. uvm.

Die majestätische Überlegenheit des Geiers führte dazu, dass er zum Bild für die von Feinden ausgehende Gefahr (Dtn 28,49; Ez 17,3.7; Jer 48,40; Jer 49,22; Hos 8,1) werden kann (Apk 8,13: Adler).

JHWHs Schutz gegenüber seinem Volk wird dagegen mit dem schützenden Verhalten des Geiers gegenüber seinen Jungen verglichen (Ex 19,4; Dtn 32,10f).
In Ez 1,10; Ez 10,14 steht das Geiergesicht des menschengestaltigen Himmelswächters / Himmelsträgers für den Ostwind.


Gar nicht so uninteressant.

Der Geier ist das Tier der ägyptischen Göttinnen Mut und Nechbet.
Mut wurde mit der Geierhaube auf dem Kopf dargestellt. Der Geier stand symbolisch für die Verkörperung des weiblichen Prinzips. Insofern verweist er auf Muts Rolle einer Muttergöttin. Deshalb sind auch viele andere weibliche Götter mit der Geierhaube abgebildet worden. In Verbindung mit der thebanischen Triade sorgte Mut für die Familie und ihren Schutz. Muts Glyphe ist der Geier, während sie bildlich immer menschlich dargestellt wurde.
Nechbet wurde gerne in Gestalt eines Geiers abgebildet (zuweilen aber auch menschlich). Da sie die Landesherrin von Oberägypten war, galt sie gleichermaßen als seine Schutzherrin. Damit wurde der Geier das Symboltier Oberägyptens, während die Schlange diese Funktion für Unterägypten erhielt.

Bestandteile des Herrinnen- oder Nebtinamens der ägyptischen Könige sind die Göttinnen Nechbet und Wadjet, dargestellt als Geier und Kobra.
An der Stirnseite des Pschent [Doppelkrone] befindet sich eine Uräusschlange als Symbol der unterägyptischen Gottheit Wadjet neben einem Geierkopf als Darstellungsform für die oberägyptische Göttin Nechbet. So verkörperten beide Kronen die königlichen Schutzgöttinnen. (Wikipedia)

In Ägypten (wo das Auserwählte Volk einige Zeit als Sklavenvolk lebte) war der Geier, so wie auch der Pavian positiv konnotiert
Immerhin hatte der berühmte ägyptische General Haremhab den Ehrentitel (!) "Alter Pavian"
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(30-01-2015, 23:47)Ekkard schrieb: Hüten wir uns vor jeglicher Ideologie.
Diese sind daran zu erkennen, dass "man" (also das jeweilige Selbst) zu den "Guten", "Gerechtfertigten", "Edlen" gehört. Oder umgekehrt, "man" von gewissen Privilegien ausgeschlossen, gemobbt und schikaniert wird.

Jeder prüfe gut, wie die Stichworte wirken.
Beispiele: Homoehe, Geschiedene, Selbstbefriedigung, Gläubige, Ungläubige, ... oder eben Islam.

Sobald man sich "schüttelt", unterliegt man einem ideologischen Zwang, einem Vorurteil bzw. einer Neurose.

Weitere Stichworte: Gott, Dreifaltigkeit, Philosphie, Fantasiegebrauch, Fachfremder, unwissender unpriviligierter Fachwortmitbenutzer.

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(15-01-2015, 18:15)Ekkard schrieb: Die vier apokalyptischen Reiter sind Gottesboten, die sich in ihrer Vierheit ausnehmen wie die vier Himmelsrichtungen oder die vier Elemente (wie man sich damals Elemente gedacht hat).
Letztlich sind die vier apokalyptischen Reiter personifizierte Ursachen, ...
 
Da braucht es also 4 "Reiter" VerUrsacher, um eine Apokalypse hervorzubringen. Eusa_think okay... 1 Wirkung hat 4 Ursachen.
Ja, stimmt.

Der Mensch streitet um die Frage nach der 1.Ursache... Eusa_think was braucht eine Ursache um überhaupt etwas verursachen zu können?

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(10-01-2017, 09:58)Adamea schrieb:
(15-01-2015, 18:15)Ekkard schrieb: Die vier apokalyptischen Reiter sind Gottesboten, die sich in ihrer Vierheit ausnehmen wie die vier Himmelsrichtungen oder die vier Elemente (wie man sich damals Elemente gedacht hat).
Letztlich sind die vier apokalyptischen Reiter personifizierte Ursachen, ...
 
Da braucht es also 4 "Reiter" VerUrsacher, um eine Apokalypse hervorzubringen.

Interessantes filosofisches statement
Nicht vom Tisch zu wischen !
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Zum astrologischen Gehalt der Johannesoffenbarung:

Durch griechische Astrologen wurde um 500 BCE der 21. März als Startpunkt des Tierkreises festgelegt. Dadurch erlangte das entsprechende Tierzeichen (Widder / Aries /  Lamm) einen besonderen symbolischen Stellenwert. In der Johannesoffenbarung hat das im 5. Kap. erstmals auftretende und mit Christus identifizierte ´Lamm´ (ein junger Widder) die gleiche primordiale Funktion hat wie das Widderzeichen im Tierkreis.
 
Eine Suche nach astrologischen Anspielungen wird schon vorher, in Kap. 1, fündig. Hier repräsentieren die ´sieben Leuchter´ (1,12-13) sowie die in der rechten Hand des Christus erscheinenden ´sieben Sterne´ (1,16) die sieben ´Planeten´ der babylonischen Astrologie, als da wären: Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Bekanntlich ist auch die Menorah, der siebenarmige Leuchter im jüdischen Heiligtum, eine Manifestation der babylonischen Planetensymbolik mit der Sonne in der Mitte zwischen jeweils drei Planeten; das ist jedenfalls die Interpretation der Menorah, die von Philon von Alexandria, Josephus und Clemens von Alexandria gegeben wurde.
 
Kap. 4 ist besonders reich an astrologischen Assoziationen. Dass die den Gottesthron umgebenden ´vier Wesen´ auf die vier babylonischen Planetengötter Marduk, Nergal, Ninurta und Nabu zurückgehen, habe ich schon erwähnt. Die Entsprechungen im Tierkeis sind der Stier, der Löwe, der Skorpion (der den gleichzeitig, aber außerhalb des Zodiaks auftretenden Adler substituiert) und der Wassermann. Die vier Himmelswesen haben nach babylonischer Anschauung jeweils sechs die Zeit symbolisierende Flügel, was in der Summe 24 Flügel macht, die für den Zeitfluss, also die 24 Stunden des Tages, stehen. Bekanntlich verfügen auch die ´vier Wesen´ der Offb über sechs Flügel:

Zitat:    8 Und ein jegliches der vier Tiere hatte sechs Flügel (...)

Die 24 ´Älteren´, welche den Thron in einem größeren Kreis als die 4 Wesen umgeben, dürften damit gleichfalls als Allegorisierung der zeitlichen Ordnung aufzufassen sein, in deren Zentrum ´Gott´ thront. Die Aussage in 4,8:
 
Zitat:(Sie) hatten keine Ruhe Tag und Nacht, und sprachen: „Heilig, heilig, heilig ist Gott der Herr, der Allmächtige, der da war und der da ist und der da kommt" (...)
 
weist ohnehin deutlich auf den Fluss der Zeit hin: Die ´Älteren´ haben "keine Ruhe Tag und Nacht"  und preisen den, der "da war und da ist und da kommt". Das erschöpft ihren allegorischen Sinn aber nicht, der natürlich vielschichtiger ist.
 
Die ´sieben Fackeln´ um den Gottesthron herum deuten ebenfalls symbolisch auf die sieben ´heiligen´ Planeten hin, welche in der babylonischen Astrologie die göttliche Ordnung repräsentieren.
 
Kap. 5 führt das das schon erwähnte ´Lamm´ ein, das als Widder den Tierkreis, hier aber das siebenfach versiegelte Buch (= Schriftrolle) eröffnet. Zum Vorschein kommt in Kap. 6 zunächst ein Reiter mit Bogen (astrologisch: der Schütze). Der nächste Reiter hat ein rotes Pferd und ein großes Schwert (astrologisch: der Skorpion im Haus des Kriegsgottes Mars, des roten Planeten). Der dritte Reiter hält eine Waage in der Hand (astrologisch dementsprechend: die Waage). Die bisherige Reihenfolge des Auftretens entspricht genau der rückläufigen Reihenfolge der genannten Sternbilder. Als viertes Sternbild käme also die Jungfrau in Betracht, deren Zuordnung zur Charakterisierung des vierten Reiters allerdings problematischer ist als in den anderen Fällen, zumal das Sternbild Jungfrau im Kap. 12 eindeutig positiv konnotiert ist.
 
Dort erscheint die Himmelsfrau, gekrönt mit 12 Sternen, auf dem Mond stehend und bekleidet mit der Sonne. Der astrologische Kontext dieses "Zeichens am Himmel" (12,1) ist unverkennbar, wenn auch im Ganzen nicht eindeutig bestimmbar. Ein Parallelismus besteht auf jeden Fall zwischen der Konstellation Frau / Drache im Offenbarungs-Text und der astrologischen Konstellation Sternbild Jungfrau / Sternbild Hydra, den beiden flächenmäßig größten und einander benachbarten Sternbildern, wobei die außerhalb des Zodiaks gelegene Hydra (Wasserschlange) eindeutig dem ´Drachen´ des Offenbarungs-Textes zuzuordnen ist. Zur Wintersonnenwende nimmt die ´Jungfrau´ eine signifikante Position am Himmel ein (Nähe zur Sonne am östlichen Himmel), was im antiken Denken als Inititiierung der kosmischen Lichtzunahme durch dieses Zeichen gedeutet wurde und zur christlichen Assoziation von Jungfrau und messianischer Geburt sicher beigetragen hat.
 
Der ägyptisch-griechische Isis-Leto-Mythos, der für Kap. 12 höchstwahrscheinlich als Teilvorlage diente, war seinerseits mit der vorgenannten astrologischen Konstellation eng assoziiert. Ohnehin schon vorhandene ägyptische Einflüsse auf die Religiosität Kleinasien, insbesondere in Ephesus, hatten durch das Exil der Schwester Kleopatras, Arsioe IV., im ephesischen Artemistempel zwischen 46 und 41 BCE noch eine Steigerung erfahren und ihren literarischen Niederschlag u.a. im Mysterienroman des Xenophon, den etwa zeitgleich mit der Offb abgefassten ´Ephesiaca´, gefunden, der ägyptische und griechische Ideen synkretistisch verbindet.

An dieser Stelle ist etwas Grundsätzliches zum Weltbild der judäo-christlichen Apokalyptik zu sagen. Sie unterteilt die kosmische Geschichte in drei Phasen:
 
Eine ursprüngliche Phase zeitloser Vollkommenheit (1) geht aufgrund eines unheilvollen Ereignisses in eine Phase der Unvollkommenheit (2) über.  Hier ist die Welt in Raum und Zeit zersplittert und durch Dualismen wie Licht/Finsternis, Gut/Böse, Gott/Satan, Geist/Materie, Engel/Dämonen usw. charakterisiert. Um den Anfangszustand der Welt wiederzustellen, treten die Mächte des Guten in einen Krieg gegen die Mächte des Bösen, welche die Welt der Phase (2) beherrschen. Am Ende steht deren Niederlage und die Restauration der ursprünglich vollkommenen Welt (3) durch die Elimination aller Dualismen, d.h all das, was dem Reich des Guten und Lichten entgegensteht, wird vernichtet, und übrig bleibt eine monolithische Welt des Guten (in der Offb: das ´Neue Jerusalem´). In der Bibel wird dieser Entwicklungsbogen durch ihren Beginn (Genesis = Entstehung und Verlust des Paradieses) und ihr Ende (Johannesoffenbarung = Wiederherstellung des Paradieses) veranschaulicht. Während Phase (2) verschwindet das Gottesreich natürlich nicht, sondern wird durch die finsteren Mächte (Satan und Dämonen) lediglich in die Ferne gerückt. Diese Distanz ist nur überbrückbar für (a) Engel und (b) Visionäre.
 
Die Ereignisse in der Gottesreich-Sphäre sind dementsprechend losgelöst von den Bedingungen des Raum-Zeit-Kontinuums. Deswegen wäre es mit der besonderen ´A-Logik´ dieser Sphäre auch kompatibel, in Offb 6,1-2 den Ersten Reiter als irdische Manifestation des Christus zu deuten, obwohl der himmlische Lamm-Christus diesen Reiter herbeigerufen hat. Vergleichbar ist jene ´A-Logik´ also in hohem Maße, wenn auch nicht vollständig, mit den Gesetzen des Traums, wie sie Sigmund Freud in seiner ´Traumdeutung´ bestimmt hat.
 
´Himmelsreisen´ und Kontakt mit geistigen Wesen waren religiöse Elemente aller antiken Kulturen wie z.B. Mesopotamien, Ägypten, Persien und Griechenland. Diese spirituelle Tradition wurzelt im prähistorischen Schamanismus und stand in historischer Zeit zunächst im Dienst des Königtums wie z.B. in Assyrien, wo sich die Könige durch orakelnde Priesterinnen die Meinung der Göttin Ischtar kundtun ließen. Orakelpriester/innen gehörten im Alten Orient zur Standardausstattung eines Königshofes. In den Orakeln ging es zumeist um das Geschick des Königs oder seiner Dynastie, aber nicht des ganzen Volkes. Damit war die Prophetie ein Instrument der Erhaltung und Legitimation königlicher Macht, was mahnende Kritik am König nicht ausschloss.
 
In Israel entwickelte sich in Konkurrenz zum königlich bestallten Orakelwesen eine ´freiberufliche´ Form des Prophetentums, die eine hochwertige visionäre Literatur hervorbrachte (Ezechiel, Henoch, Baruch, Jesaja, Sacharja, Daniel), auf welcher der Autor der Offb stilistisch und inhaltlich aufbauen konnte.
 
Geht man die Symbolismen der Offb durch, kann man in fast allen Fällen ein traditionsgeschichtliches Vorbild entdecken, welches die Annahme, der Autor habe das Symbol auf einer übernatürlichen Ebene ´visioniert´, überflüssig macht. Das lässt sich an den Szenen 1,10 ff. und 4,2 ff. leicht verdeutlichen.
 
Die sieben Leuchter in 1,12-13 haben ihr Vorbild in Sacharja 4,1, wo es heißt:

Zitat:1 Und der Engel, der mit mir redete, kam wieder und weckte mich auf, wie einer vom Schlaf erweckt wird, 2 und sprach zu mir: Was siehst du? Ich aber sprach: Ich sehe; und siehe, da stand ein Leuchter, ganz golden, mit einer Schale obendarauf, daran sieben Lampen waren, und je sieben Röhren an einer Lampe.

Der Symbolgehalt der Zahl Sieben geht auf die babylonische Astrologie mit ihren ´sieben Himmeln´ zurück. Ein konkretes Vorbild für visionierte siebenarmige Leuchter ist die Menorah im jüdischen Heiligtum. Vermutlich hat für J aber nicht sie, sondern Sacharjas literarische Vorgabe als Modell für seine ´Vision´ gedient. Ähnliche Bilder finden sich auch in Ex 25,37 und Apk Bar. 21.
 
Entsprechend können die ´sieben Fackeln´ rund um den Gottesthron in 4,2 ff. als inspiriert durch die Fackeln in Apk Baruch und in Ez 1,13 gedeutet werden, wobei J nur die Siebenzahl hinzufügen musste, die in der Offb ohnehin omnipräsent ist.
 
Das dem Thron vorgelagerte ´gläserne Meer´ könnte durch 1 Kön 7,23-26 und Ez 1,22 angeregt sein, wo in beiden Fällen die Bildsprache auf die kristallene Beschaffenheit des Bodens vor dem Gottesthron hindeutet.
 
Die vier Wesen um den Thron herum, Löwe, Stier, Mensch und Adler, hat J bei Ez 1,10 vorgefunden:
Zitat:    Ihre Angesichter waren vorn gleich einem Menschen, und zur rechten Seite gleich einem Löwen bei allen vieren, und zur linken Seite gleich einem Ochsen bei allen vieren, und hinten gleich einem Adler bei allen vieren.

Sie gehen auf die Tierkreiszeichen der babylonischen Astronomie zurück, wo sie für folgende Planetengötter stehen: 1) Stier = Königsgott Marduk, 2) Löwe = Kriegsgott Nergal, 3) Adler = Windgott Ninurta, und 4) Mensch = Weisheitsgott Nabu.
 
Ein Vorbild für die um den Gottesthron gruppierten 24 ´Ältesten´ (eigentlich ´Ältere´ = Presbyter) gibt es in der jüdischen Literatur nicht, es ist aber wahrscheinlich, dass dieser Personenkreis bzw. ihr Zahl aus dem kulturellen Umfeld des Autors inspiriert wurde. Optionen sind u.a. die traditionellen 24 Autoren des Alten Testaments, die 24 Stunden des Tages und die 24 Liktoren  unter Domitian (die Entstehung der Offb in dessen Zeit vorausgesetzt). Desweiteren kommen die 12 Apostel plus die 12 Patriarchen in Betracht sowie die 24 priesterlichen Befehle in 1 Chron 24,7-18 mit ihrem hohen Stellenwert für den Tempeldienst. Was die Person der ´Älteren´ betrifft, deutet ihr weißes Gewand auf ihren Heiligenstatus hin. In Hebr 11,2 werden die Heiligen des Alten Testaments als ´Ältere´ (Presbyter) bezeichnet. Damit gibt es in Kombination genügend Hinweise auf Vorlagen für die 24 den Gottesthron umgebenden ´Älteren´, welche die Annahme einer originären Vision überflüssig machen.
 
Auf diese Weise könnte man die gesamte Offb durchgehen und Szene für Szene Querverbindungen zur literarischen Tradition und zur sozialen Realität nachweisen. Selbst wenn 5 oder 10 Prozent des Inhalts der Offb sich nicht traditionsgeschichtlich herleiten ließen, heißt das nur, dass der Autor in diesen Fällen eigene Phantasien kreiert und mit dem übrigen Material verwoben hat.
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Die meisten dieser Aehnlichkeiten haben natuerlich den Nachteil, dass sie einfach auf Aehnlichkeiten der Zahlen beruhen. Ich weiss auch nicht, ob man nicht ueberinterpretiert, wenn nur drei von vier Reitern wirklich passen.

Allerdings gibt's eine wirklich eindeutige Referenz zum Zodiak in der Offenbarung, bei der Beschreibung des himmlischen Jerusalem (Kap. 21):
 
19 Die Grundsteine der Stadtmauer sind mit edlen Steinen aller Art geschmückt; der erste Grundstein ist ein Jaspis, der zweite ein Saphir, der dritte ein Chalzedon, der vierte ein Smaragd, 20 der fünfte ein Sardonyx, der sechste ein Sardion, der siebte ein Chrysolith, der achte ein Beryll, der neunte ein Topas, der zehnte ein Chrysopras, der elfte ein Hyazinth, der zwölfte ein Amethyst. 

Das sind die Tierkreiszeichen, wieder rueckwaerts, also angefangen mit Pisces und endend mit Aries. Bei darueber hinaus gehenden Deutungen wird's aber schwierig. Ganz banal sind's natuerlich auch die Steine aus dem Ornat des Hohepriesters (Ex 28:17).

Theorien dieser Art habe ich natuerlich schon viele gehoert. Z.B. gibt's Leute, die meinen, die Opferung des Lamms wuerde fuer die Verschiebung der Tag-und-Nachtgleiche von Aries zu Pisces wegen der Praezession der Erdachse stehen, und dass deshalb der Fisch das Zeichen der Christen sei, die den im Himmel gekreuzigten Jesus feiern, der das neue Zeitalter (Age of Aquarius Pisces) einlaeutet. Oder so. Ich werde das nicht weiter ausfuehren.
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Dazu (Johannes als Astralprophet) gibt es eine Arbeit von Bruce J. Malina, die allerdings von den Fachkollegen überwiegend ungnädig aufgenommen wurde:

Bruce J. Malina. Die Offenbarung des Johannes, Sternenvisionen und Himmelsreisen. 2002 Stuttgart, Verl. Kohlhammer.
ISBN 3-17-014241-0

Einleitend merkt er u.a. an:

Dieses Buch basiert auf der Prämisse, dass der Autor der Offenbarung, der Prophet Johannes, seine ekstatische Initialvision hatte, als er das Himmelsgewölbe betrachtete.
[…]
Ich schlage in diesem Buch vor, dass die Visionen des Johannes aus Erfahrungen stammen, die der menschlichen Wahrnehmung in unserer Kultur generell unzugänglich sind. Mit anderen Worten: während der Jahrhunderte vor und nach Johannes von Patmos hat eine Anzahl von Personen eine Reihe von Visionen berichtet, die himmlische Wesen und himmlische Phänomene betreffen, genauso wie er es getan hat. Viele berichten, in den Himmel aufgestiegen zu sein und eine Reihe von Ereignissen beobachtet zu haben. Ich habe die Absicht, diese Menschen ernst zu nehmen, beim Wort zu nehmen und, was sie zu sagen haben, im Rahmen ihrer Kultur zu interpretieren - nicht unserer.
MfG B.
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Sorry, wenn ich mich da jetzt auf so niedrigem Niveau einmische. Aber... was für Zeug haben die Propheten damals eigentlich "geraucht"?

Mandragora und Opium in Wein mit Rossenwasser?
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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Es gibt eine Hypothese dazu: Im Getreide gibt es einen Parasiten, einen Pilz, der das so genannte Mutterkorn hervorbringt. Wenn dies nicht aussortiert, sondern mitgemahlen wird, enthält das Mehl Halluzinogene. Erst in neuerer Zeit existieren Selektionssiebe, die Mutterkorn fast vollständig aus dem Getreide entfernen. Früher muss das Mehl viel mehr davon enthalten haben - vor allem bei den Selbstversorgern. Also gab es durchaus die Möglichkeit, sich soweit zu vergiften, dass man eigenartigen, fremden, vor allem furchterregenden Wesen und Gegenständen begegnete (so ähnlich wie nach Einnahme von LSD).
Solche Erscheinungen sind Vorstufen des Gehirnversagens, Zeichen einer ernst zu nehmenden Vergiftung.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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Die Sache mit den Tierkreiszeichen in der Beschreibung des himmlischen Jerusalem hat es uebrigens in Standard-Bibelkommentare geschafft, z.B. die von William Barclay oder G. B. Caird. Den Kommentar von William Barclay zu Revelations 21 findet man online hier:
*https://www.studylight.org/commentaries/dsb/revelation-21.html
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Mutterkorn wäre nur eine von ziemlich vielen Möglichkeiten und auch eine der gefährlichsten. Im Mittelmeerraum wachsen ein Menge toxischer  Pflanzen mit psychoaktiver Wirkung, die seit "Alters her" als Gewürz oder als Heilmittel Anwendung finden. Im besonderen auch als "Räucherwerk" und auch öfter mal als Abführmittel, oder Aphrodisiaka...
Manche psychadelischen Inhaltsstoffe entfalten ihre prophetische Wirkung erst durch Kombination mit anderen und es ist davon auszugehen, dass "schamanisches Wissen" zum erlangen außergewöhnlicher prophetischer Bewusstseinszustände schon lange vorher bekannt waren, ehe Gott Jahwe das erste mal (öffentlich in einem nur scheinbar brennenden Dornbusch) in Erscheinung trat.

Es ist zudem durchaus  vorstellbar, dass auch Epileptiker während ihrer Anfälle als Mittler zwischen den Göttern und den Sterblichen "gedeutet" wurden..

Da lag einer auf dem Boden und stammelte unverständliches Zeugs, in das dann von "autorisierten" Fachleuten alles Mögliche und sehr oft auch gegen "Bares" alles Gewünschte hinein interpretiert wurde. (Orakel von Delphi)
Das kann im Extremfall und in der Gruppendynamik sogar so weit ausufern, dass die "wahren Propheten" erst mehrere Jahre nach ihrem Tod in ihrer überragenden Bedeutung erkannt werden. Wie das, nicht ganz unwahrscheinlich, auch beim Propheten Mohammed der Fall gewesen sein könnte.
Auch langes Fasten und Dursten kann unter erschwerenden Umständen in abgelegenen Gegenden, besonders starke "prophetische Erlebnisse" auslösen. die von den Beteiligten als ungewöhnlich "real" empfunden werden. Besonders, wenn dazu auch noch Phänomene hinzukommen die man gemeinhin als "Luftspiegelungen" bezeichnet.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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(10-01-2017, 22:14)Ekkard schrieb: Es gibt eine Hypothese dazu: Im Getreide gibt es einen Parasiten, einen Pilz, der das so genannte Mutterkorn hervorbringt. Wenn dies nicht aussortiert, sondern mitgemahlen wird, enthält das Mehl Halluzinogene. Erst in neuerer Zeit existieren Selektionssiebe, die Mutterkorn fast vollständig aus dem Getreide entfernen. Früher muss das Mehl viel mehr davon enthalten haben - vor allem bei den Selbstversorgern. Also gab es durchaus die Möglichkeit, sich soweit zu vergiften, dass man eigenartigen, fremden, vor allem furchterregenden Wesen und Gegenständen begegnete (so ähnlich wie nach Einnahme von LSD).
Solche Erscheinungen sind Vorstufen des Gehirnversagens, Zeichen einer ernst zu nehmenden Vergiftung.

Ich möchte hier nur  auf die Frage eingehen, ob die ´Visionen´ des Johannes möglicherweise auf dem Gebrauch psychoaktiver Pflanzen beruhten. Ekkards Bedenken hinsichtlich des Effekts von Mutterkorn teile ich übrigens nicht. Er bewirkt keine Vorstufe eines Gehirnversagens, sondern eine biochemische Disposition des Gehirns, die für die Zeitspanne des Effekts unbewusste geistige Inhalte und Prozesse bewusst macht und darüber hinaus das Bewusstsein zur Wahrnehmung der intrinsisch spirituellen Natur des Seins befähigt. Erfahrungen ´furchterregender Wesen´ repräsentieren nur einen vordergründigen Bezirk der Bewusstseinserweiterung (das präpersonale Unbewusste). Jenseits davon liegen die transpersonalen Bereiche, die seit jeher die ursprüngliche Quelle der Spiritualität sind (dazu unten mehr). Ohne Drogen wäre Religion niemals entstanden, das zeigt auch ihre Entstehung aus dem Schamanismus, der ohne dieses Mittel nicht denkbar ist.

Zunächst eine Bemerkung zum Setting der Entstehung der ´Offenbarung´. Als Teil der Flora der Insel Patmos ist ein Entheogen nachgewiesen, das ´Gramofonche´ oder auch ´Morning Glory´ genannt wird. Auf der Nachbarinsel Kos finden sich gleich mehrere Arten von psychoaktiven Pilzen. Da beide Inseln zur gleichen Inselkette gehören, könnten diese Pilze vor 2000 Jahren auch auf Patmos gewachsen sein. An Gelegenheit hätte es also nicht gemangelt. Interessant ist auch eine Stelle in der Offb, die möglicherweise auf eine im kulturellen Umfeld von Johannes häufig verwendete Droge, den Absinth (αψινθος), hinweist:
Kap. 8
Zitat:11 Und der Name des Sterns heisst Wermut; und das dritte Teil der Wasser ward Wermut; und viel Menschen starben von den Wassern, dass sie waren so bitter worden.

Was hier als ´Wermut´ und in der englischen Übersetzung als ´wormwood´ bezeichnet wird, ist im griechischen Original der ´αψινθος´ (absinthos), ein im Kult der Göttin Artemis regulär verwendetes Entheogen aus der Familie der Artemisia. Die Göttin hat diesem Kraut also ihren Namen gegeben.

Entheogene sind Pflanzen, die wegen ihrer psychoaktiven Eigenschaften in religiösen Ritualen gebraucht werden. Dass der prähistorische Schamanismus solche Mittel einsetzte, ist aufgrund bestimmter Darstellungen in Höhlenmalereien z.B. in Nordafrika gesichert. Unstrittig ist auch der Pilzkonsum bei den sibirischen Schamanen. Laut Lewin (1927) wurden in dieser Kultur Fliegenpilze pro Stück im Wert eines Rentiers gehandelt. Ein wichtiges Entheogen der nordamerikanischen Indianer war und ist der Peyote-Kaktus, der in der Native American Church heute noch zeremonielle Verwendung findet. Auch im ab 2000 BCE einsetzenden indischen Vedismus stand ein Halluzinogen im Mittelpunkt des kultischen Geschehens. Immerhin 120 Hymnen des Rigveda preisen das Soma, den aus einem Entheogen gewonnenen Rauschtrank. Seit Ende des 20. Jh. steht für viele Forscher, z.B. Wasson, fest, dass es sich bei diesem Entheogen um den Fliegenpilz (Amanita muscaria) handelt. Der auf Entheogene spezialisierte Historiker McKenna widerspricht diesem Befund, weil die Wirkung dieses Pilzes an die exzessiven Schilderungen des Somarausches in den Veden nicht heranreicht, und hält das stärkere Psilocybin für den aussichtsreichsten Kandidaten. Laut Hofmann/Ruck/Wasson war bei den Eleusinischen Mysterien der griechischen Antike, an denen auch Kaiser und Philosphen teilnahmen, im Rauschtrank ´Kykeon´ vermutlich das hochgradig effektive Mutterkorn enthalten.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hat der Verfasser der Offb niemals psychodelische Mittel verwendet, da dies mit seiner puristischen Haltung nicht vereinbar gewesen wäre und die Verwendung von Drogen darüber hinaus ein Merkmal der römischen Kultur war, das Johannes mit Sicherheit abgelehnt hat. Es ist meines Wissens in der Geschichte des Juden- und des Christentums auch anderweitig kein Fall drogeninduzierter Visionen bekannt. Die ´Visionen´ des J müssen und können anders erklärt werden.

Die Breite möglicher Interpretationsansätze reicht von einer literalen Interpretation (d.h. der Text ist wörtlich zu nehmen und der Autor hat alles genau so visioniert, wie er es schildert) bis zur literarischen Interpretation (d.h. der Autor fingiert eine Vision, die er literarisch konstruiert hat).

In der Mitte zwischen diesen Polen liegt die Interpretation der Offb als Mix aus Vision und Literatur (d.h. der Autor hat authentisch Visioniertes mit Angelesenem literarisch kombiniert).

Näher an der literarischen Interpretation liegt die Auffassung, dass der Autor zwar über ekstatische Erfahrungen (ASC) verfügte, diese konkret-inhaltlich aber nichts oder kaum etwas mit seinem Text zu tun haben, sondern ihn lediglich im Gefühl bestärkten, ein ´Erwählter´ zu sein mit dem Recht, seiner religiösen Botschaft in der Tradition der jüdisch-prophetisch/apokalyptischen Literatur (Ezechiel, Daniel, Henoch usw.) die hochkünstlerische Form einer ´Vision´ zu geben. Ich persönlich halte es mit dieser Interpretation.

Einige Forscher (z.B. Felicitas D. Goodman 1990, Ioan P. Culiano 199, Offb-Experte Leonard Thompson 1996 und B. J. Malina/J. J. Pilch 2000 ) glauben wesentliche Parallelen zwischen einer schamanischen Geistreise und den ´Visionen´ der Offb erkennen zu können. Ich meine, dass solche Parallelen zwar vorhanden sind, aber nicht die Annahme hinreichend begründen, der Autor habe tatsächlich eine Geistreise erlebt, die einer schamanischen Erfahrung vergleichbar wäre.

Im folgenden stelle ich Argumente für eine schamanisch-visionäre Deutung vor, die ich bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen kann, ohne sie als zwingend anzuerkennen. Zu viel spricht meines Erachtens für eine weitgehend literarische Konstruktion des Inhaltes der Offb.

Zur pro-visionären Argumentation:

Sie stützt sich in hohem Maße auf die Formel "Ich war im Geist", die zumindest in Offb 4,2 vermeintlich auf eine OBE (Out-of-Body-Experience) hinweist. Sie erscheint zwei Mal, und zwar bei 1,10 und 4,2. Die Stellen lauten in der Luther-Übersetzung:

Offb 1:

Zitat:10. Ich war im Geist an des Herrn Tag, und hörte hinter mir eine
große Stimme als einer Posaune,
11. die sprach: Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte;
und was du siehest, das schreibe in ein Buch (...)

Offb 4:

Zitat:1. Darnach sah ich, und siehe, eine Tür war aufgetan im Himmel;
und die erste Stimme, die ich gehöret hatte mit mir reden als eine
Posaune, die sprach: Steig her, ich will dir zeigen, was nach diesem
geschehen soll.
2. Und alsobald war ich im Geist. Und siehe, ein Stuhl war gesetzt im
Himmel, und auf dem Stuhl sass einer;
3. und der da saß, war gleich anzusehen wie der Stein Jaspis und
Sarder (…)

"Pneuma", das griechische Wort für ´Geist´ im Sinne des englischen ´spirit´, entspricht dem jüdischen ´ruach´ (gramm. feminin), was ´Gottesatem´ bedeutet und mit ´Wind´ konnotiert ist.  Die Ruach ist also eine übernatürliche Kraft, welche die Gesetze von Raum und Zeit aufhebt und das Bewusstsein Dinge erleben lässt, die in der alltäglichen Welt undenkbar sind. Für das jüdische und christliche Denken ist diese Kraft Ausdruck eines personalen Gottes, sie ist der “Geist Gottes”.

Zweifelhaft ist hinsichtlich 1,10 und 4,2 allerdings, ob die Im-Geist-Formel in beiden Fällen den gleichen Vorgang beschreibt. Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten, die Formel zu interpretieren:

(1) “Im Geist sein” bedeutet einen subjektiven Bewusstseinzustand des J (= Trance), der ihn zu höherer Wahrnehmung befähigt. Dabei verharrt J´s Psyche (ich ziehe diesen Begriff der ´Seele´ vor) im Körper.

(2) “Im Geist sein” verweist ein objektives Ereignis hin, das mit einer Out-of-Body-Experience (= OBE) verbunden ist: J´s Psyche wird in eine göttliche Sphäre versetzt.

In Paulus´ Schilderung seiner Initiation (2 Kor 12,1-4) wird diese Unterscheidung angesprochen. Der Autor zeigt sich so unsicher in der Frage, ob er "vor vierzehn Jahren" bei seiner Himmelsreise inner- oder außerhalb seines Körpers war, dass er diesen Zweifel in wenigen Sätzen sogar zwei Mal zum Ausdruck bringt:

Zitat:1 Es ist mir ja das Rühmen nichts nütze; doch will ich kommen auf die Gesichte und Offenbarung des HERRN. 2 Ich kenne einen Menschen in Christo; vor vierzehn Jahren (ist er in dem Leibe gewesen, so weiß ich's nicht; oder ist er außer dem Leibe gewesen, so weiß ich's nicht; Gott weiß es) ward derselbe entzückt bis in den dritten Himmel. 3 Und ich kenne denselben Menschen (ob er im Leibe oder außer dem Leibe gewesen ist, weiß ich nicht; Gott weiß es); 4 der ward entzückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, welche kein Mensch sagen kann.

Zurück zur Johannesoffenbarung.

Der Unterschied zwischen 1,10 und 4,2 besteht zunächst in der Ausgangssituation des Protagonisten.

In 1,10 befindet sich J in einem alltäglichen Umfeld, genauer: auf Patmos am ´Tag des Herrn´, als der Geist-Effekt einsetzt. J wird von einer übernatürlichen Gestalt heimgesucht (Christus), die inmitten von sieben Leuchtern steht und die ihm Briefe diktiert (wobei die Briefpassagen möglicherweise eine nachträgliche Einfügung sind). Ohne die Leuchter könnte man die Szene als Eintritt des Christus in die natürliche Welt deuten. Ihre Präsenz signalisiert aber, dass umgekehrt J in einen übernatürlichen Raum eingetreten ist, wo er Christus gegenübersteht.

Ganz anders ist die Situation in 4,2, wo J, noch situiert in der übernatürlichen Szene 1,10-3,22, eine Tür ´im Himmel´ wahrnimmt, durch welche er auf Aufforderung von Christus die himmlische Sphäre betritt. Die Wiederholung des ´Ich war im Geist´ an dieser Stelle macht nur Sinn, wenn sie eine Steigerung des vorherigen Im-Geist-Seins impliziert, da sie andernfalls überflüssig wäre, denn dass J ´im Geist´ ist, weiß der Leser bereits seit 1,10.

Die Frage bleibt, wo die übernatürliche Szene 1,10-3,22 im Universum der Offb zu verorten ist. Da J erst ab 4,2 Zugang zum Himmel erhält und in der Offb Christus im Himmel explizit nur als Lamm erscheint, scheidet der Himmel als Location jener Szene definitiv aus, was eine Deutung der Szene im Sinne von oben (1) nahelegt: Christus offenbart sich – in Analogie zu diversen Traumszenen im Tanach – im subjektiven Bewusstsein von J. Die einzige und nicht unproblematische Alternative wäre eine Sphäre, die weder dem irdischen noch dem himmlischen Bereich zuzuordnen ist, was meines Erachtens nicht in Frage kommt.

Man kann also festhalten:

Wenn es sich – entgegen meiner Meinung – bei 1,10 ff. und 4,2 ff. tatsächlich um Berichte übernatürlicher Erfahrungen handelt, dann geht es in der ersten Sequenz um eine bewusstseinsinterne Trance (ohne OBE) und in der zweiten Sequenz entweder ebenfalls um eine bewusstseinsinterne Trance mit gesteigerten Visionen oder aber um einen Transfer von J´s Psyche (OBE) an einen Ort, den J als ´Himmel´ (οὐρανος) bezeichnet. Ein Indiz, wenn auch kein Beleg, für OBE ist die Aufforderung "Steig her" in 4,1 durch die gleiche Stimme, die J zuvor in seiner Trance angesprochen hat und nun vom ´Himmel´ herab erklingt.
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(10-01-2017, 22:14)Ekkard schrieb: Es gibt eine Hypothese dazu: Im Getreide gibt es einen Parasiten, einen Pilz, der das so genannte Mutterkorn hervorbringt. Wenn dies nicht aussortiert, sondern mitgemahlen wird, enthält das Mehl Halluzinogene. Erst in neuerer Zeit existieren Selektionssiebe, die Mutterkorn fast vollständig aus dem Getreide entfernen. Früher muss das Mehl viel mehr davon enthalten haben - vor allem bei den Selbstversorgern. Also gab es durchaus die Möglichkeit, sich soweit zu vergiften, dass man eigenartigen, fremden, vor allem furchterregenden Wesen und Gegenständen begegnete (so ähnlich wie nach Einnahme von LSD).


Ich fürchte, diese harmlose Erklärung trifft nicht zu.
Sondern da geht es um eine groß angelegte Verschwörung gegen die Menschheit

Immerhin sollen 50 % der Menschheit umgebracht werden
Nicht nur die Reichen und Mächtigen

Ein Komplott gegen die ganze Menschheit !
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