(20-12-2008, 20:39)melek schrieb: [ -> ]Was ich trotzdem nicht verstehe :
Die Jünger Jesu werden doch gewusst haben , daß etwa die Auferstehung nicht wirklich so passiert ist .
Warum also haben sie es als Tatsache dargestellt , bzw. nichts gegen Paulus' Darstellungen (der ja wohl die Apostel persönlich kannte) gehabt ?
Es ist doch irgendwo eine Lüge , wenn man Mythen als historische Tatsachen hinstellt , oder ?
Ob ich in der Lage bin, diese Fragen zu beantworten?
Ich versuche es, so gut ich kann.
Von den Jüngern Jesu gibt es keine schriftlichen Berichte. Die Apostel sind mit Ausnahme des Paulus historisch kaum zu fassen. Mit dem Tod der einigermaßen bekannten Gestalten (Petrus, Paulus und Jakobus), 60 bis 67 n. Chr. ist die "apostolische Zeit" vorbei. Bei der Abfassung der Evangelien standen keine Augenzeugen zur Verfügung, man schöpfte aus der Tradition der Gemeinden.
Die (echten) Paulusbriefe sind vermutlich zwischen 50 und 60 n. Chr. entstanden. Sie sind die wichtigste Quelle für Ereignisse, die sich während der Missionstätigkeit in Kleinasien und Griechenland und der Ausbreitung des Christentums bis nach Rom zugetragen haben. Die Apostelgeschichte, die vor allem die Geschichte des Apostels Paulus ist, entstand erst zwischen 80 u. 100; sie gibt die Geschehnisse, über die sie berichtet, teils verklärt und teils abweichend von den Inhalten der paulinischen Briefe wieder. Bei einander widersprechenden Darstellungen ist der Quellenwert der Paulusbriefe über den der Apostelgeschichte zu stellen.
Alle Evangelien sind erst nach dem Tod von Paulus (der vermutlich zw. 60 und 65 n. Chr., vielleicht auch zwei, drei Jahre später verstorben, nach außerkanonischen Berichten hingerichtet worden ist) entstanden, das Johannesevangelium erst 30 bis 40 Jahre danach. Die Inhalte der Evangelien, die die Gottessohnschaft Jesu bezeugen, den Auftrag zur Heidenmission, zur Gründung der Kirche erteilen und von der Auferstehung berichten, sind nachösterlich, das heißt, legendär und später hinzugefügt. Wer diese Geschichten in Umlauf gebracht hat, ist unbekannt. Wie schon eingangs bemerkt, dürften zur Zeit des Entstehens der Evangelien alle Apostel (und Begleiter des historischen Jesus) tot gewesen sein.
Das früheste schriftliche Zeugnis zur Auferstehung Jesu stammt aus dem 1. Korintherbrief (15,3ff). Paulus sagt, er gäbe das weiter, was er empfangen habe. Woher er die Information hatte, verschweigt er. Wir erfahren, dass 500 Brüder, alle Apostel und der Herrenbruder Jakobus Jesus (nach seinem Tod, also als auferstandenen Christus) gesehen hätten. Dass die Apostel dieser Behauptung, sollte sie nicht der Wahrheit entsprochen haben, widersprechen hätten können, ist unwahrscheinlich. Der Brief war an die Korinther gerichtet, die Apostel haben ihn wahrscheinlich nicht zu Gesicht bekommen. Sosthenes, der im Brief als Mitabsender genannt ist, und andere Mitarbeiter des Paulus dürften nicht zur Gefolgschaft Jesu gehört haben, ebenso wie Barnabas, der einige Zeit mit ihm missionierend unterwegs war.
Beim Erzählen und Weitererzählen von Ereignissen kann es schon geschehen, dass so manches den Wünschen entsprechend ausgeformt, Wunderbares hinzugefügt und Legendenhaftes zur Wahrheit gemacht wird. Soll man das Lüge nennen? Von solchen Geschichten leben alle Religionen. Wenn sie ins Konzept passen, werden sie nicht hinterfragt. Sie sind auch in der jüdischen und islamischen Tradition aufzufinden.
MfG E.