02-09-2009, 14:24
Um die Diskussion um die Scharia bzw. fiqh (islamische Jurisprudenz) etwas zu versachlichen, hier einiges Grundsätzliche dazu:
Wenn ein Muslim in den Himmel kommen will gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten:
1. Der Tod auf dem Schlachtfeld im Kampf gegen Nichtmuslime (dann ist ihm das Paradies sicher)
2. Das Erfüllen der Gebote Allahs in der Hoffnung, dass am Tage des Gerichts (yaum ad-din) die guten Taten die schlechten überwiegen und man deswegen in den Himmel kommt. Man kann natürlich immer auf die Barmherzigkeit Allahs (rahma) hoffen.
Wenn man gute Taten vollbringen will, muss man wissen, was sind diese Taten sind. Aus dem Koran geht mach Meinung der meisten Gelehrten hervor, dass der Mensch nicht selbst erkennen kann, was er tun muss, er ist auf Offenbarung (wahy) angewiesen. (Vor allem viele Sufis sehen das anders, für sie gibt es einen direkten Zugang zu Allah durch die Mystik. In der Schia können auch Imame Rechtleitung (huda) bieten).
Quellen der Offenbarung sind:
1. Der Koran
2. Das Handeln und Sprechen Mohammeds, das von Allah nach sunnitischer und auch schiitischer Aufassung stets gebilligt wurde, Mohammed gilt als der "insan kamil", der perfekte Mensch.
Wie diese Regeln im Einzelnen aussehen, ist für den gewöhnlichen Muslim nur schwer zu erkennen, er ist deshalb mehr oder minder auf Experten (ulama') angewiesen.
In der sunnitischen Geschichte haben sich Rechtsschulen (madhahib) herausgebildet, die dem einfachen Muslim sagen, wie die Regeln aussehen:
1. Die älteste Rechtsschule (Hanafiten) ist die von Abu Hanifa (gest. 768), in der noch relativ viel einfach nach Meinung (ra'y) der Experten entschieden wurde.
2. Die zweite Rechtsschule von Malik ibn Anas (gest. 795) (Malikiten), der sich besonders auf die lebendige Tradition in Medina, der Stadt in der Mohammed haupsächlich gewirkt hat, stützt.
3. Die dritte Rechsschule ist die von asch-Schafi'i (gest. 820), der die Quellen des Rechts systematisiert hat: neben Koran und Sunna (Brauch oder Überlieferung des Propheten) erkennt er den Konsens der Gelehrten (idschma') und den Analogieschluss (qiyas) als Quellen an. Diese Lehre von den Quellen des Rechts (usul al-fiqh) wurde später allgemein anerkannt.
4. Die vierte und letzte Rechtsschule, die des Ahmad ibn Hanbal (gest. 855) (Hanbaliten), versucht wo immer es geht, direkt auf die Quellen zurückzugreifen. Sie ist sehr streng, bietet aber ofters keine verbindliche Regelung, weil es an Quellen fehlt.
Wenn sunnitische Muslime darüber diskutieren, was man tun soll, folgen sie gewöhnlich den prinzipiellen Vorgaben des islamischen Rechts. Wer etwas sagt, muss es nach den Regeln des Diskurses begründen. Einfach nur Meinung (ra'y), zählt normalerweise nicht. Der gewöhnliche Muslim stützt sich also auf die Rechstschulen, wählt am besten EINE aus, kann aber auch je nach Bedarf auf verschieden zurückgreifen.
Heute sind die gewöhnlichen Muslime immer kompetenter (bessere Bildung!) auch etliche Dinge selbst zu beurteilen. Dennoch stützen sie sich normalerwiese auf die allgemein anerkannten Quellen des Rechts (von asch-Schafi, siehe oben).
Ein Grundsatz bei der Rechtsfindung nach den Rechtsschulen ist, das man sich möglichst auf das stützt, was der Schulgründer und seine unmittelbaren Nachfolger gesagt haben. Das ganz nennt man dann Nachahmung (taqlid). Eigene, selbstständige Rechtsfindung nennt man idschtihad (hat mit der wurzel für "Anstrengung" zu tun)
Seit dem 19. Jahrhundert hat sich einen neue Methode, eine neuen Schule herausgebildet, die Salafiyya (oftmals fälschlich als "Reformislam" bezeichnet), die vom alten taqlid abgeht und aufs Neue, aber nach den alten Regeln (usul al-fiqh) durch idschtihad zu neuen, moderneren Lösungen kommen will.
Die Salafiyya ist eng mit den Hanbalten verbunden, sie teilt eine ähnliche Sicht der Dinge. Salafisten gelten heute meist als "Fundamentalisten".
Den heutigen Diskurs unter Muslimen über Fragen des islamischen Rechts kann man beobachten, entweder in dem man liest, was die Leute (also meist die Rechtsgelehrten) so veröffentliche, aber auch direkter, im Internet, in islamischen Foren und auf den Seiten populärer Rechtsgelehrter.
Was ich sage, habe ich nicht erfunden, sondern das stammt aus Bücher über das islamische Recht selber, mehr noch, was Islamwissenschatler zum islamischen Recht sagen, aber auch was verschiedene Leute, Islamwissenschaftler und Muslime selbst, über den muslimischen Diskurs sagen und was einem Muslime sagen, wenn man sie fragt, wonach sie sich richten oder indem man sie beobachtet, wie sie reden und handeln.
Wenn ein Muslim in den Himmel kommen will gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten:
1. Der Tod auf dem Schlachtfeld im Kampf gegen Nichtmuslime (dann ist ihm das Paradies sicher)
2. Das Erfüllen der Gebote Allahs in der Hoffnung, dass am Tage des Gerichts (yaum ad-din) die guten Taten die schlechten überwiegen und man deswegen in den Himmel kommt. Man kann natürlich immer auf die Barmherzigkeit Allahs (rahma) hoffen.
Wenn man gute Taten vollbringen will, muss man wissen, was sind diese Taten sind. Aus dem Koran geht mach Meinung der meisten Gelehrten hervor, dass der Mensch nicht selbst erkennen kann, was er tun muss, er ist auf Offenbarung (wahy) angewiesen. (Vor allem viele Sufis sehen das anders, für sie gibt es einen direkten Zugang zu Allah durch die Mystik. In der Schia können auch Imame Rechtleitung (huda) bieten).
Quellen der Offenbarung sind:
1. Der Koran
2. Das Handeln und Sprechen Mohammeds, das von Allah nach sunnitischer und auch schiitischer Aufassung stets gebilligt wurde, Mohammed gilt als der "insan kamil", der perfekte Mensch.
Wie diese Regeln im Einzelnen aussehen, ist für den gewöhnlichen Muslim nur schwer zu erkennen, er ist deshalb mehr oder minder auf Experten (ulama') angewiesen.
In der sunnitischen Geschichte haben sich Rechtsschulen (madhahib) herausgebildet, die dem einfachen Muslim sagen, wie die Regeln aussehen:
1. Die älteste Rechtsschule (Hanafiten) ist die von Abu Hanifa (gest. 768), in der noch relativ viel einfach nach Meinung (ra'y) der Experten entschieden wurde.
2. Die zweite Rechtsschule von Malik ibn Anas (gest. 795) (Malikiten), der sich besonders auf die lebendige Tradition in Medina, der Stadt in der Mohammed haupsächlich gewirkt hat, stützt.
3. Die dritte Rechsschule ist die von asch-Schafi'i (gest. 820), der die Quellen des Rechts systematisiert hat: neben Koran und Sunna (Brauch oder Überlieferung des Propheten) erkennt er den Konsens der Gelehrten (idschma') und den Analogieschluss (qiyas) als Quellen an. Diese Lehre von den Quellen des Rechts (usul al-fiqh) wurde später allgemein anerkannt.
4. Die vierte und letzte Rechtsschule, die des Ahmad ibn Hanbal (gest. 855) (Hanbaliten), versucht wo immer es geht, direkt auf die Quellen zurückzugreifen. Sie ist sehr streng, bietet aber ofters keine verbindliche Regelung, weil es an Quellen fehlt.
Wenn sunnitische Muslime darüber diskutieren, was man tun soll, folgen sie gewöhnlich den prinzipiellen Vorgaben des islamischen Rechts. Wer etwas sagt, muss es nach den Regeln des Diskurses begründen. Einfach nur Meinung (ra'y), zählt normalerweise nicht. Der gewöhnliche Muslim stützt sich also auf die Rechstschulen, wählt am besten EINE aus, kann aber auch je nach Bedarf auf verschieden zurückgreifen.
Heute sind die gewöhnlichen Muslime immer kompetenter (bessere Bildung!) auch etliche Dinge selbst zu beurteilen. Dennoch stützen sie sich normalerwiese auf die allgemein anerkannten Quellen des Rechts (von asch-Schafi, siehe oben).
Ein Grundsatz bei der Rechtsfindung nach den Rechtsschulen ist, das man sich möglichst auf das stützt, was der Schulgründer und seine unmittelbaren Nachfolger gesagt haben. Das ganz nennt man dann Nachahmung (taqlid). Eigene, selbstständige Rechtsfindung nennt man idschtihad (hat mit der wurzel für "Anstrengung" zu tun)
Seit dem 19. Jahrhundert hat sich einen neue Methode, eine neuen Schule herausgebildet, die Salafiyya (oftmals fälschlich als "Reformislam" bezeichnet), die vom alten taqlid abgeht und aufs Neue, aber nach den alten Regeln (usul al-fiqh) durch idschtihad zu neuen, moderneren Lösungen kommen will.
Die Salafiyya ist eng mit den Hanbalten verbunden, sie teilt eine ähnliche Sicht der Dinge. Salafisten gelten heute meist als "Fundamentalisten".
Den heutigen Diskurs unter Muslimen über Fragen des islamischen Rechts kann man beobachten, entweder in dem man liest, was die Leute (also meist die Rechtsgelehrten) so veröffentliche, aber auch direkter, im Internet, in islamischen Foren und auf den Seiten populärer Rechtsgelehrter.
Was ich sage, habe ich nicht erfunden, sondern das stammt aus Bücher über das islamische Recht selber, mehr noch, was Islamwissenschatler zum islamischen Recht sagen, aber auch was verschiedene Leute, Islamwissenschaftler und Muslime selbst, über den muslimischen Diskurs sagen und was einem Muslime sagen, wenn man sie fragt, wonach sie sich richten oder indem man sie beobachtet, wie sie reden und handeln.