Hallo Rukk, willkommen an unserem Forum :)
Zitat:Rukk: was ich bisher mitbekommen habe, ist im Islam jeder Rausch verpöhnt. Also Glücksspiel, Rauschmittel, religiöser Rausch wie Opfer oder Tanz ums Feuer.
n_jaijn - also auf jeden Fall ist jeder Weinprodukt extra verboten. Das kann damit zusammenhaengen, dass im Stand des "Naziraers" derjenige sich Produkte des Weinstocks und das Abschneiden der Haare fuer eine gewisse Zeit oder auf immer verbietet, wovon man sich besonders viel Kraft versprach (Samson-Geschichte des AT, Johannes d.Taeufer im NT). - Im Judentum wird nur das Nazirat auf begrenzte Zeit biblisch geordnet, wozu dann ein Abschluss-Opfer gehoerte und all die Haare wieder ab kamen (von St.Paulus berichtet die Apostel-Geschichte, dass er das mal fuer die Missionsfahrt gemacht hat). Beruehrte man in dieser Phase einen Toten, musste man diese Zeit nochmal neu starten. Dazu gehoerte es aber auch, keine Rosinen zu essen, was also garantiert nicht auf den Rausch des Weins abzielte.
Mit einer anderen Begruendung wird auch der Rausch fuer einen guten Muslim abgelegt, hier also egal, ob Bier, Korn, Opium oder Kat-Kauen, aber eher liess sich dass alkoholische im Orient verbieten als die anderen Drogen. Woher haben wir die denn schliesslich in der Neuzeit? - Dennoch soll es der gute Muslim unterlassen, sich zu berauschen.
Zitat:Rukk: Wie ist das in Einklang zu bringen mit dem Verhalten von Naturvölkern oder vorchristlichen Gemeinschaften?
Da wurden doch auch irgendwelche Pflanzen konsumiert um Gott nahe zu sein oder sich in eine höhere Sphäre zu versetzen um den Kult durchzuführen.
Vom Islam (Judentum und Christentum auch) aus muss das ja nicht "in Einklang gebracht" werden mit irgend einer Praxis der Heiden und ihrer Schamanen, sich durch Halluzinogene in Verfassungen zu versetzen, die ein bildhaftes Tagtraum-Erleben erleichtern. So ein armer Kollege Heilpraktiker dieser Kategorie muss ja auf Wunsch der Patienten immerzu und jederzeit in einen Tagtraum gehen und an vergleichbaren Bildertraeumen sehn, was er fuer den tun kann. An sich geht das auch ohne alle Drogen, aber diese sind verfuehrerisch und schneller. Der Preis kann hoch sein und der Schamane geht daran zugrunde. Das bildhafte Tagtraeumen ist uralt und man ging religioes davon aus, dass bei gut eintrainierten virtuellen "Reisen ins Jenseits von hier" eine Gemeinschaft es hinkriegt, dass all ihre Seher-Heiler sich in ein selbes geistiges Land hineinbegeben und dass ungefaehr das dann auch spaeter der Aufenthalt sein wird, wo man nach dem Tod hinkommen kann. Schliesslich ist es ja so, dass man Leute, die hier verstorben ist, in solchen Szenen wieder gut lebendig sehen kann und sie handeln auch etwas unabhaengig vom Betrachter.
Man kann so Bilder leicht hervorrufen und auch in immer dieselbe "Ebene" gehn, um mal wieder oder ein Stueck weiter zu "wandern", kriegt es aber nie ganz unter die Willens-Kontrolle, und daher ist es wie ein Fragen und Antworten. Richtig angeleitet ist es auch diagnostisch gut brauchbar.
Es gibt aber Bereiche, die es ausspart - warum, weiss ich nicht, aber die Jhankri von Nepal (deren Seher-Heiler) kriegen Tuberkulose und Lepra nicht in ihre Sicht, interessant, dass deren Bazillen so eng verwandt sind, dass eine TB-Impfung zugleich auch vor Lepra schuetzt. Wiederum ist es auch nicht so einfach, in diese Methide nun den Rat, sich impfen zu lassen,, zu transponieren, denn der Jhankri muss echt in diese Trance gehn (er tanzt zum Tamburin dafuer) und damit die Willens-Aufsicht kurz mal runterregeln, sonst erfaehrt er nichts Gueltiges zur Befindlichkeit seines Patienten. Doch so ehrlich sollte einer als "Schamane" sein, dem, der leidet, seine Trance nicht vorzutaeuschen, und die meisten sind das auch, anstaendig und ehrlich. Nepal hat als bitter armes Land praktisch gar keine funktionierende Kranken-Versorgung ausser den Jhankri.
Schaman ist ein sibirisches Wort fuer diese uralte Art Heiler, es gab sie auch schon in Sumerien vor 5-6'000 Jahren. Die in Sibirien nutzen mitunter Rausch-Pilze, mit denen man sehr aufpassen muss, in einer andern Region gewachsen koennen dieselben Pilze auch toedlich wirken.
- Ein aegyptisches "Totenbuch" zeichnet etwa solch eine Innere Reise auf, fuer jeden Klienten wohl eine eigene nach dessen Angaben. Man besucht da bestimmte "Stationen" (Tiefes Tal, Grosse Strasse, Grosse Stadt, Wildnis, Grosses Lehrhaus, Firmung, Pilgerschafts-Sendung, 7-Weltwunder, Grabstaetten der Grossen, sowie Festtafeln bei denen, ein paar gesonderte Situationen und Orte aus den Hl.Geschichten des Volkes, Uferdickicht und Gipfel - so herum oder anders herum - Papyrus Ani malte dafuer 77 Szenen und ist bisher der laengste)
- Mal ganz vom Praktiker aus gesagt: ohne Rausch-Mittel geht das Innere Reisen wesentlich sicherer. Uebrigens lernten das die Ritterschaften ab dem fruehen Mittelalter auch wieder schulisch. Es half ihnen sehr auf ihren Fahrten.
Zitat:Rukk: Und schließlich gibt es doch letztenendlich die ganzen Pflanzen, Tabak, Hopfen, Kaffee oder Zauberpilze nicht umsonst.
Könnte man es nicht so verstehen, dass sie von Gott geschaffen wurden um den Menschen nützlich zu sein? - Der Mensch berauscht sich doch ganz gerne. Und dafür hat Gott halt die Mittel in die Welt gesetzt, damit der Mensch das tun kann.
najaaa - als Kaffeetrinker, der raucht, wuerde ich Dir ja gern zustimmen, aber es ist wie mit allem, was manchmal guttut, eine Frage des Masses und eine Frage, was man damit kompensieren will oder erwartet. Diese Dinge sind in der Welt, damit man damit tun, aber auch lassen kann:
also wenn ein bitter-armer Anden-Indio in seiner Welt es mithilfe gekauter Blaetter schaffen kann, sich und die Familie sozial geordnet durchzubringen, oder die Treidler am Nil oder YangTse Kiang ihren monatelangen schweren Job kaum anders als mit solchen gefundenen Starkmachern schafften, dann sind es Hilfen
- wenn ein Opium-Suechtiger aber untaetig sitzenbleibt, sich wegtraeumt und nur die Schmerzen nicht haben will, die ihm dasselbe Zeug erst verschaffte, dann ist es was Schlimmes,
- auch wenn ein munterer Jugendlicher einfach aus Angst vor seinen verinnerlichen Kriterien, was "man" schaffen muesste, oder aus Ehrgeiz sich aufpulvert, um besser zu funktionieren als alle die andern, dann ist es zu hoch bezahlt, dass er mit 30J in die Kiste springt, es sei denn, jemand entzieht ihn gegen seinen Willen diesen Mitteln wieder - dann ist es boese, ihn da herangebracht zu haben.
Biblisch gibt es ein Kapitel zum Wein, das den Rotwein schildert, und da wird es so unterschieden:
- einem armen Menschen, den es ein paar Stunden troestet, mit dem Wein unter Freunden zu feiern, und gluecklich vergessen macht, was ihn sonst nutzlos mit Sorgen kraenken wuerde, die er nicht beheben kann - dem steht es auch zu und sein Wein sei ihm gerne zu goennen (Festtags-Wein fuer den Armen zu spenden gilt als sehr gute Tat)
- einem Koenig, der viel verantworten muss (und auf dessen Fingerzeig hin bereits irgendwer losrennt und tut das), dem steht es nicht zu, sich zu berauschen
Der Text will ja nicht behaupten, dass der Koenig zu gluecklich sei, das Verdraengen von Sorgen also nicht auch mal gern haette, sondern nur, dass er Herr seiner selbst bleiben muss, weil seine Macht zu gross ist: "
Schuettelt sich die Biene - was macht das schon - schuettelt sich ein Stier - alle Mann in Deckung!" - das ist der Unterschied, warum der Maechtige sich nicht berauschen soll. Koenig war in der Antike auch ein oft sehr bald toedlicher Job, keineswegs in jeder Hinsicht angenehm.
Kaffee trink ich z.B.sehr duenn aber viel und aus einer gewissen Andaechtigkeit heraus dankbar: als um die Zeit meiner Geburt herum grosse Hungersnot war, bekamen wir zufaellig ausgerechnet einen grossen Sack Rohkaffee - aber sonst eigentlich keine regulaeren Lebensmittel, 2 Jahre lang - der Kaffee hat uns geschuetzt vor Mineralien-und-Vitamin-Defiziten, an denen man um uns herum kraenkelte, anschwoll und tot umfiel, meine Mutter konnte mich 9 Monate lang naehren, sein Duft wirkte so, als sei die Welt in Ordnung und wir seien gut dran, machte uns also gemuetlich und froh - eine heisse Tasse davon mit etwas zerriebener "Stalin-Torte" stillte immer mal den groebsten Hunger, ein paar gebrannte Bohnen zu kauen vertrieb den hungrigen Atem-Geruch - man konnte Gaesten davon immer eine Tasse heiss anbieten und nett beisammensein - und waelzte man sich veraengstigt und gruebelnd schlaflos im Bett, war ein Taesschen sehr starker Kaffee, frisch aufgebrueht, ein Einschlafmittel - und Flecken aus dunklen Kleidern entfernen konnte man damit auch prima, um gepflegt auszusehn trotz der Armut
- uns ware ueberhaupt nicht in den Sinn gekommen, dass Kaffee ein Reiz- und Genussmittel sein kann, Magen und Nerven auf die Dauer ramponieren koenne, und als Aufputschmittel im Arbeitsleben dazu fuehren kann, ploetzlich auf lange zusammenzuklappen (was man in Friedenstzeiten ja von Reformhaus-Bewegungen oft gegen den "Tuerkentrank" gemahnt bekam) - so war ich im Berufsleben vorsichtig und hielt mich wach mit Goulaschsuppe oder anderm Essen, trinke aber Tee und Kaffee weiterhin zum Genuss des Lebens, jedoch nicht so stark aufgebrueht
Was ich ein wichtiges Kriterium finde, welche - sagen wir mal nicht Rausch- sondern Reiz-Mittel aus religioeser Sicht problematisch sind, so meine ich, im Verlangen nach einer Portion Kaffee oder Zigaretten hat im Allgemeinen noch keiner Wohnungen aufgebrochen, Menschen vor den Kopp gehauen und sich ihrer Geldbeutel bedient
- man steigert auch deren Dosis nicht in atemberaubende Hoehen, wie es etwa bei Schmerz-und HALLO-WACH Tabletten, Rauschgiften und Opiaten fast vorhersagbar "bald" ist, wenn die jemand ausserhalb ihrer genauen Einsatz-Dosis zum Kranke-Behandeln nimmt
- es veraendert die Person nichts so wie Alkohol-Sucht, welche ganze Familien umreisst und oft schlimme soziale Entgleisungen mit sich bringt
- dennoch, wie oben beim Wein erwaehnt, ist er ein kulturelles Mittel, ausserdem ein gesuenderes Tischgetraenk als schlechte Wasser es waeren, und das gilt auch fuer Bier und andere Alkoholica, die man (deutlich duenn oder verduennt) selbst herstellte
- grad der Wein stieg auf zum Symbol fuer den Menschen selbst, der sich einen Lehrvater waehlt und Schule besucht und damit ausgleichen kann, was sein Elternhaus ihm mitunter nicht geben konnte (das wird auf den Weinstock bezogen, den man dem Wein zu untersetzen pflegt, wodurch er auch an Orten gedeiht, wo es vom Klima her schon nicht ginge - das ist die Schule, der Lehr-Vater wert)
- einen Nicht-Alkoholkranker, der also mit Wein harmlos umgehen kann und es nicht weiter als zum ersten Beschwipts-Fuehlen treibt, den wurde also eigentlich auch der Islam nicht tadeln, und dass es Gelegenheiten gab, wo es auch Weinstuben in islamischen Laendern gab, mit heiteren Dichtern und Saengern, Mystikern und Begeisterten, ist kein Geheimnis, erklaert sich aber auch nur mit dem "leichten" Dach, das der Islam ueber eroberte Kulturen legte, wenn diese sich ansonsten selbst gut ordnen und einfuegen.
Aber genau besehen ist Wein laut Qur'an nicht dem Muslim erlaubt, damit er volle Kraft fuer seine Aufgabe entwickelt und auf dieser Hoehe haelt - aber seinen andersglaeubigen Minderheiten ist das freigestellt, ob sie ihn trinken. Nehmen wir also an, dass diese Weinhaeuser immer von Andersglaeubigen betrieben wurden.
Was richtig beobachtet ist, ist, dass Alkohol ein leicht abkippendes Kraft-Gefuehl verleiht, das in den unguenstigsten Momenten versagen kann, aber man merkt das dann zu langsam. Von Leistungs-Sportlern erwartet man daher ja auch Nuechternheit. Genauso kann es beim Entwickeln komplizierter Gedanken zu Luecken fuehren, die man im Dusel nicht merkt, sondern gar noch durch Emotionen ersetzt. Dann macht so einn Philosoph nicht mehr Freude, haelt sich aber vielleicht doch fuer ausserordentlich schoepferisch.
Was wiederum wahr ist: ein leichter Dusel, der die stoerende Selbstkritik etwas ueberwindet, fuehrt das Denken auch mal etwas ueber die Normal-Schiene hinaus und kann schoepferische Ergebnisse bringen. In der Antike pflegte man daher "dionysische Zirkel" dafuer, als regelrechte Religion, die vermutlich auch anderen Rauschmitteln gegenueber aufgeschlossen war, aber schliesslich daran genug hatte, einander gegenseitig im Wechsel zu preisen und andere zu verachten - was auch letztlich zum Fiasko dieser Konfession fuehrte.
Nochmal zum islamischen Wein-Verbot:
Es gibt da auch die "Loesung", es auszugleichen, wenn man es mal tat (wo man es nicht sollte), durch eine extra gute freundliche Tat
- es geht auch bei Krankheit, soweit es ein Heilmittel zur Kraeftigung oder ein Wein, Schnaps oder Likoer der Traeger von Kraeuter-Medizinen ist
- es geht also auch, wenn gegen nackten Durst nur Wein zu kriegen ist, ehe dass man stuerbe - es gibt die Pflicht, das Leben vorzuziehn
- es geht auch unter Fremden im Ausland, wenn es das dortige Gastgeber-Getraenk ist, das ein Gast nicht ablehnen sollte, wenn er der behuetete Gast dort sein will oder muss - soweit ich weiss
Wein, Brot und Salz sind die drei Gastgeber-Angebote, die einen Gast unter heiligen Schutz stellen
mfG WiT :)