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(10-12-2012, 22:40)Ekkard schrieb: Die "Erkenntnis des Guten und Bösen" ist nach heutiger Diktion "Allwissenheit" gemeint, eine göttliche Eigenschaft, die der Mensch auch nach moderner Erkenntnis nicht hat und nicht bekommt. Deswegen sind alle mathematischen Modelle für wissenschaftliche Erkenntnisse immer nur vorläufig. Der von dir unterlegte Sinn, Gott befürchte, der Mensch könne anders denken, als Gott dies vorsieht, ist nach dieser Kenntnis direkt "wider-sinnig".
Womit wir wieder beim Punkt wären, warum man die Bibel überhaupt interpretieren muss. Was ist denn so abwegig an der Meinung, dass die Geschichten in der Bibel genau das meinen, was darin geschrieben wird ? Das es sich einfach um ein Dokument der Zeit handelt in der es entstanden ist. Mit Menschen, die eben im Vergleich zu uns heute so gut wie nichts über die Welt wussten und sie sich mit Göttern/Gott erklärt haben. Das eben keine höhere Wahrheit dahinter steckt, weil es diese schlicht und einfach nicht gibt.
Jahwe ist nun mal ein eifersüchtiger Gott (sagt er ja selber in den 10 Geboten). Erkenntnis bedeutet im Sinne der Paradiesgeschichte schlicht und einfach nichts anderes, als diesen Gott und damit in erster Linie die Propheten, die seine Worte interpretieren können, anzuzweifeln.
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 11-12-2012, 13:53 von Lelinda.)
(10-12-2012, 22:40)Ekkard schrieb: Ihn (Jesus) hinderten nicht politische Erwägungen daran, Gewalt anzuwenden, sondern die Propheten Micha ("der Menschensohn wird erscheinen, wenn ...") und Jesaja (Gottesknechtslieder, der Leidende als Schlüssel zum Gottesreich). Selbst erklärte Christen finden sich in diesen "apokalyptischen Prophetien" nicht mehr wieder.
Du meinst also, wenn diese (oder andere) Propheten davon gesprochen hätten, dass der Menschensohn oder Gottesknecht mit Gewalt und Terror regieren sollte, hätte Jesus entsprechend so gehandelt? Also ein potentieller Gewalttäter?  Ich hoffe nicht, dass du damit Recht hast (und kann es mir auch nicht vorstellen, aber wir leben ja auch in einer anderen Zeit). Was wäre denn dann (auch, wenn es nur eine theoretische Möglichkeit gewesen sein sollte) mit seinen Forderungen nach Feindes- und Nächstenliebe?
Ich wundere mich, dass du einen solchen Mann als Vorbild ansehen kannst, der nach deinen Worten, wenn die Propheten andere Voraussagungen gemacht hätten, zu allem fähig gewesen wäre.
(10-12-2012, 22:40)Ekkard schrieb: Die "Erkenntnis des Guten und Bösen" ist nach heutiger Diktion "Allwissenheit" gemeint, eine göttliche Eigenschaft, die der Mensch auch nach moderner Erkenntnis nicht hat und nicht bekommt. Deswegen sind alle mathematischen Modelle für wissenschaftliche Erkenntnisse immer nur vorläufig. Der von dir unterlegte Sinn, Gott befürchte, der Mensch könne anders denken, als Gott dies vorsieht, ist nach dieser Kenntnis direkt "wider-sinnig".
Wenn dem Menschen diese Erkenntnis sowieso nicht möglich ist, warum reagiert Gott dann in dieser Geschichte so heftig? Immerhin wird suggeriert, dass Adam und Eva deshalb aus dem Paradies vertrieben werden, damit sie nicht noch vom Baum des Lebens essen und unsterblich werden. Was sollte das anderes bedeuten, als dass Gott fürchtet, dass die Menschen Konkurrenten werden könnten? Fürchtet er das nicht, müsste der Satz dort nicht so stehen.
Kann es sein, dass die Geschichte heute in einer für Gott positiveren Form uminterpretiert wird?
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(11-12-2012, 13:50)Lelinda schrieb: Wenn dem Menschen diese Erkenntnis sowieso nicht möglich ist, warum reagiert Gott dann in dieser Geschichte so heftig? Immerhin wird suggeriert, dass Adam und Eva deshalb aus dem Paradies vertrieben werden, damit sie nicht noch vom Baum des Lebens essen und unsterblich werden. Was sollte das anderes bedeuten, als dass Gott fürchtet, dass die Menschen Konkurrenten werden könnten? Fürchtet er das nicht, müsste der Satz dort nicht so stehen.
Kann es sein, dass die Geschichte heute in einer für Gott positiveren Form uminterpretiert wird?
Sehr wahrscheinlich.
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Ich erinnere daran, dass der Thread nach der spezifisch christlichen Moral fragt. Natürlich kann man fragen, wozu die biblischen Geschichten und wozu ihre Interpretation:
(11-12-2012, 11:40)Glaurung40 schrieb: Womit wir wieder beim Punkt wären, warum man die Bibel überhaupt interpretieren muss. Was ist denn so abwegig an der Meinung, dass die Geschichten in der Bibel genau das meinen, was darin geschrieben wird? Du gibst die Antwort ja selbst: Unser Sprachverständnis ist ein anderes. Und folglich ist jedes Verständnis Interpretation. Und wenn schon, dann kann man ja mal in der Historie nachsehen, wie die Menschen damals gedacht und vor allem geschrieben haben.
(11-12-2012, 11:40)Glaurung40 schrieb: Dass eben keine höhere Wahrheit dahinter steckt, weil es diese schlicht und einfach nicht gibt. Es steckt in der Tradition einfach Beziehungserfahrung und der Glaube an bestimmte mythische Vorstellungen, welche diese Beziehungen regeln sollten. Man kann davon lernen (s. u.), aber nicht (heute) danach leben.
(11-12-2012, 11:40)Glaurung40 schrieb: Jahwe ist nun mal ein eifersüchtiger Gott (sagt er ja selber in den 10 Geboten). Erkenntnis bedeutet im Sinne der Paradiesgeschichte schlicht und einfach nichts anderes, als diesen Gott und damit in erster Linie die Propheten, die seine Worte interpretieren können, anzuzweifeln. Die billige Ausrede ist: Für Christen ist nur das NT zuständig. Dort ist Gott nicht (mehr) eifersüchtig. Aber ich sehe die Sache ganz anders. Wir haben in der Bibel einen Glaubenstext, aus dem wir etwas lernen können über Dinge, die stets vorkommen. Da versaubeutelt ein Sohn seinen Erbteil, und kehrt zurück. Da können sich Menschen nicht über den Lohn einigen, da wird nach den wichtigsten Geboten gefragt ... Alles ist so aufgezogen, dass sich ein "ach ja"-Effekt einstellt. Wer's nicht lernen will oder etwas Besseres weiß, ist gerne eingeladen, uns seine Version vorzutragen. Ich bin aber nicht gewillt, Fragen zu beantworten, welche die mythische Seite der Angelegenheit in Frage stellen. Diese Fragen sind ein für alle Mal dadurch beantwortet, dass man über die Seinsweise Gottes nichts aussagen kann.
Mit freundlichen Grüßen
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(11-12-2012, 22:59)Ekkard schrieb: Ich erinnere daran, dass der Thread nach der spezifisch christlichen Moral fragt.
Richtig, tut mir leid, bin jetzt selbst etwas abgeschweift.
(11-12-2012, 22:59)Ekkard schrieb: Du gibst die Antwort ja selbst: Unser Sprachverständnis ist ein anderes. Und folglich ist jedes Verständnis Interpretation. Und wenn schon, dann kann man ja mal in der Historie nachsehen, wie die Menschen damals gedacht und vor allem geschrieben haben.
Hier geht's nicht nur um Sprachverstaendnis, es galten vollstaendig andere Moralvorstellungen, Sklaverei war akzeptiert, Frauenrechte nicht existent, Aberglaube allgegenwaertig, Krankheiten waren die Strafe Gottes etc. Moechte damit nur ausdruecken, dass wir uns die Interpretation dadurch sparen koennen. Das hilft uns zur Entwicklung einer vernuenftigen Moral fuer eine plurale Gesellschaft wie der unserer in keinster Weise weiter.
(11-12-2012, 22:59)Ekkard schrieb: Die billige Ausrede ist: Für Christen ist nur das NT zuständig. Dort ist Gott nicht (mehr) eifersüchtig. Aber ich sehe die Sache ganz anders. Wir haben in der Bibel einen Glaubenstext, aus dem wir etwas lernen können über Dinge, die stets vorkommen. Da versaubeutelt ein Sohn seinen Erbteil, und kehrt zurück. Da können sich Menschen nicht über den Lohn einigen, da wird nach den wichtigsten Geboten gefragt ... Alles ist so aufgezogen, dass sich ein "ach ja"-Effekt einstellt. Wer's nicht lernen will oder etwas Besseres weiß, ist gerne eingeladen, uns seine Version vorzutragen. Ich bin aber nicht gewillt, Fragen zu beantworten, welche die mythische Seite der Angelegenheit in Frage stellen. Diese Fragen sind ein für alle Mal dadurch beantwortet, dass man über die Seinsweise Gottes nichts aussagen kann.
Ob man etwas daraus lernen kann, vermutlich ja, aus 'Moby Dick', dem 'Herrn der Ringe' und 'Harry Potter' aber auch (und will mit diesem Satz nicht provozieren, sondern sehe es genau so). Die Frage ist nur was und wieviel.
Deine letzten Aussage koennte man auch als leicht arrogant einstufen. Eine Frage fuer endgueltig dadurch beantwortet zu finden, dadurch dass man sie nicht beantworten kann ??? Vielleicht liegt das auch daran, dass es Gott nicht gibt. Aber ich schweife wieder ab...(nichts fuer ungut)
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(11-12-2012, 13:50)Lelinda schrieb: Du meinst also, wenn diese (oder andere) Propheten davon gesprochen hätten, dass der Menschensohn oder Gottesknecht mit Gewalt und Terror regieren sollte, hätte Jesus entsprechend so gehandelt? Also ein potentieller Gewalttäter? Das folgt nicht. Jesus war, wie uns vermittelt wurde, ein Gottesknecht, der die Leiden um seiner Sache willen in Kauf genommen hat.
Die "Erkenntnis des Guten und Bösen" ist ... (Allwissenheit):
(11-12-2012, 13:50)Lelinda schrieb: Wenn dem Menschen diese Erkenntnis sowieso nicht möglich ist, warum reagiert Gott dann in dieser Geschichte so heftig? Weil die alten Israeliten immer Werdensgeschichten erzählen, wo der hellenistisch geprägt Verstand einen Zustand beschreibt.
Der Israelit beschreibt damit den Seinszustand des Menschen. Der Hellenist würde einfach das karge Leben, und die Gefahr von schrecklichsten Verbrechen (Brudermord) beschreiben. Der Israelit erklärt, wie es dazu durch der Menschen Sünde und Gottes Fügung so gekommen ist.
(11-12-2012, 13:50)Lelinda schrieb: Immerhin wird suggeriert, dass Adam und Eva deshalb aus dem Paradies vertrieben werden, damit sie nicht noch vom Baum des Lebens essen und unsterblich werden. Das gehört einfach zur Logik des Vorgangs. Irgend einen Grund muss es geben, damit man am Ende auf den miesen Zustand des Lebens außerhalb des Paradieses kommt.
(11-12-2012, 13:50)Lelinda schrieb: Was sollte das anderes bedeuten, als dass Gott fürchtet, dass die Menschen Konkurrenten werden könnten?  Gewiss hat der biblische Schriftsteller diese Vorstellung gehabt. Nur wusste der von Gott genauso viel, wie wir heute - nichts.
(11-12-2012, 13:50)Lelinda schrieb: Fürchtet er das nicht, müsste der Satz dort nicht so stehen. Wie gesagt, dieser Kniff ist logisch notwendig.
(11-12-2012, 13:50)Lelinda schrieb: Kann es sein, dass die Geschichte heute in einer für Gott positiveren Form uminterpretiert wird? Gott hat von den Urgeschichte des AT bis ins NT hinein eine Entwicklung durchgemacht vom zornigen, unberechenbaren Gott in Feuersäulen und Gewitterwolken bis zu der Figur, die Jesus "Abba" (Vater) nannte. Also ist es kein christliches Merkmal, dass Gott heute anders gesehen wird, als in den Urgeschichten, zu denen auch die Genesis, der Sündenfall und der Brudermord an Abel gehören.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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Wir sollten aber mal allmählich zur christlichen Moral zurück kehren, von der ich nach wie vor überzeugt bin, dass sie in erster Linie die Nächstenliebe und die goldene Regel umfasst. Ich meine auch, dass das NT nicht in erster Linie eine Ethik- sondern eine Glaubens-Anleitung in Beispielen und Gleichnissen darstellt.
Insofern ist dieser Jesus m. E. zu sehr als Ethik-Lehrer vereinnahmt worden. Bei ihm kommt einfach die Ethik seines Jüdischen Volkes heraus - und der ungemein schwierige Umgang damit.
Mit freundlichen Grüßen
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Nächstenliebe und Goldene Regel sind eher eine Sache der Ethik als des Glaubens. Man kann ja auch an gar nichts glauben und trotzdem, aus altruistischen Motiven, moralisch sein. Der Hinweis der Religionen darauf, dass Gott ethisches Verhalten wünscht, oder dass man damit sein Karma für die nächste Wiedergeburt verbessern kann, sind in dieser Hinsicht wohl eher als Belohnungs-Versprechen anzusehen, weil man (auch Jesus) den Menschen wohl nicht zutraute, von sich aus moralisch zu handeln.
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 12-12-2012, 09:41 von Lelinda.)
(11-12-2012, 23:54)Ekkard schrieb: (11-12-2012, 13:50)Lelinda schrieb: Du meinst also, wenn diese (oder andere) Propheten davon gesprochen hätten, dass der Menschensohn oder Gottesknecht mit Gewalt und Terror regieren sollte, hätte Jesus entsprechend so gehandelt? Also ein potentieller Gewalttäter? Das folgt nicht. Jesus war, wie uns vermittelt wurde, ein Gottesknecht, der die Leiden um seiner Sache willen in Kauf genommen hat.
Meine Frage war nicht, ob Jesus sich freiwillig hinrichten ließ, weil er glaubte, dass es Gottes Wille wäre, und auch nicht, ob das wirklich so war, oder ob seine Nachfolger ihm das nur unterstellt (also "uns vermittelt") haben. Das wäre ein ganz anderes Thema.
Meine Frage war konkret, ob du den Jesus aus den Evangelien psychisch zu schlimmerer Gewalttätigkeit als der in den Evangelien zugegebenen (also der Randale im Tempel und verbalen, aber grausigen Drohungen) für fähig halten würdest. Also beispielsweise zu realen Strafaktionen gegen die Pharisäer statt nur Beschimpfungen - die politischen Möglichkeiten dazu mal vorausgesetzt.
Und das hat sehr wohl mit dem Thema "Christentum und Moral" zu tun. Schließlich geht es um die Moral der Person, die vom Christentum als Gott angesehen wird. Auch wenn es nur Spekulation sein kann, wüsste ich dazu gern deine Meinung.
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(11-12-2012, 22:59)Ekkard schrieb: Ich erinnere daran, dass der Thread nach der spezifisch christlichen Moral fragt. Natürlich kann man fragen, wozu die biblischen Geschichten und wozu ihre Interpretation
darf ich das so verstehen, daß die biblischen geschichten mit einer christlichen moral nichts zu tun haben, nicht als deren quelle dienen?
ich hätte damit kein problem
aus kulturzeugnissen wie der ilias, der gita oder der bibel leite ich selbstverständlich keine heute (noch) gültigen moralnormen ab, wiewohl ich sie als ausdruck antiker vorstellungswelten interessiert zur kenntnis nehme
(11-12-2012, 22:59)Ekkard schrieb: (11-12-2012, 11:40)Glaurung40 schrieb: Womit wir wieder beim Punkt wären, warum man die Bibel überhaupt interpretieren muss. Was ist denn so abwegig an der Meinung, dass die Geschichten in der Bibel genau das meinen, was darin geschrieben wird? Du gibst die Antwort ja selbst: Unser Sprachverständnis ist ein anderes. Und folglich ist jedes Verständnis Interpretation. Und wenn schon, dann kann man ja mal in der Historie nachsehen, wie die Menschen damals gedacht und vor allem geschrieben haben
mir scheint, da reden zwei aneinander vorbei
bei der frage nach der interpretation gehts doch darum, ob man auf biegen und brechen etwas aus einem antiken text herauslesen kann oder soll, was uns heute noch als anleitung dienen soll. bei der ilias etwa käme niemand auf diese idee, auch wenn sie natürlich sprachbilder verwendet u.ä., die der nachgeborene so nicht mehr unbedingt versteht, anders als der zuhörer dieses versdramas vor über 2500 jahren (weshalb es ja auch immer wieder spannende neuübersetzungen gibt, wie zuletzt die ganz hervorragende von raoul schrott)
(11-12-2012, 22:59)Ekkard schrieb: Es steckt in der Tradition einfach Beziehungserfahrung und der Glaube an bestimmte mythische Vorstellungen, welche diese Beziehungen regeln sollten. Man kann davon lernen (s. u.), aber nicht (heute) danach leben
klar kann man davon lernen - vor allem, wie mans nicht machen soll. seltsamerweise aber machst auch du selbst dann doch wieder eine ausnahme und meinst, daß man nach einem bestimmten textfragment, welches du zum kern der bibel bzw. des auf der bibel gründeneden glauben erklärst, sehr wohl leben (können) soll
nur: mit dem gleichen recht kann doch auch ein anderer hergehen und dasselbe mit einem auch in seiner aussage völlig anderen fragment tun
(11-12-2012, 22:59)Ekkard schrieb: Wir haben in der Bibel einen Glaubenstext, aus dem wir etwas lernen können über Dinge, die stets vorkommen. Da versaubeutelt ein Sohn seinen Erbteil, und kehrt zurück. Da können sich Menschen nicht über den Lohn einigen, da wird nach den wichtigsten Geboten gefragt ... Alles ist so aufgezogen, dass sich ein "ach ja"-Effekt einstellt
ach ja - wo menschen sind, menschelts. auch die altvorderen mußten sich schon mit den gleichen problemen herumschlagen wie wir heute
das mag ja recht beruhigend sein - oder auch beunruhigend? seis drum - aber was, bitte, sollen wir daraus lernen?
(11-12-2012, 22:59)Ekkard schrieb: Wer's nicht lernen will oder etwas Besseres weiß, ist gerne eingeladen, uns seine Version vorzutragen
noch mal: was lernen?
(11-12-2012, 22:59)Ekkard schrieb: Ich bin aber nicht gewillt, Fragen zu beantworten, welche die mythische Seite der Angelegenheit in Frage stellen. Diese Fragen sind ein für alle Mal dadurch beantwortet, dass man über die Seinsweise Gottes nichts aussagen kann.
und wieder schließe ich mich wittgenstein an:
wovon man nicht reden kann, darüber muß man schweigen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
(11-12-2012, 00:44)Lelinda schrieb: Das Gleichnis vom anvertrauten Geld wird bei Matthäus und bei Lukas erzählt, Hier geht es eigentlich nicht um Geld sondern um von Gott gegebene Erkenntnis, die jemand für sich behält.
Die Strafe in beiden Evangelien ist auf "Gleichnisebene", wie sich ein irdischer Herrscher verhalten würde, wenn.... Zitat:Dann hältst du also die Bibelstelle(n), wo Jesus behauptet, er würde in Gleichnissen reden, weil ihn nur ausgewählte Leute verstehen sollen, für wahr?
Gleichnisse Jesu (Gottes Wort) interpretieren sich nur durch Gottes Geist. Zitat:Wie aber ist die gottgegebene Auslegung? Ich verstehe zum Beispiel das Gleichnis von dem Unkraut im Getreide ganz anders, als es üblich ist
Vieleicht ist es die Gottgegebene. Zitat: Außerdem: Warum sollte sich jemand anmaßen wollen, ein Gleichnis zu fälschen, wenn er sicher ist, dass seine Aussage von Gott kommt?
Wer sich sicher ist fälscht nicht, es sei denn er ist ein Feind Gottes.
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(13-12-2012, 00:18)indymaya schrieb: (11-12-2012, 00:44)Lelinda schrieb: Das Gleichnis vom anvertrauten Geld wird bei Matthäus und bei Lukas erzählt, Hier geht es eigentlich nicht um Geld sondern um von Gott gegebene Erkenntnis, die jemand für sich behält.
Die Strafe in beiden Evangelien ist auf "Gleichnisebene", wie sich ein irdischer Herrscher verhalten würde, wenn....
Das ist mir klar, dass nicht wirklich Geld gemeint war, und ebenso, dass beide Verhaltensweisen des Königs damals für einen Herrscher denkbar waren.
Trotzdem unterscheiden sich beide extrem, auch wenn man sie „übersetzt“. Welche Variante soll ich glauben? Oder stimmt beides, und jeder Evangelist hat den anderen Satz weggelassen?
(13-12-2012, 00:18)indymaya schrieb: Zitat: Wie aber ist die gottgegebene Auslegung? Ich verstehe zum Beispiel das Gleichnis von dem Unkraut im Getreide ganz anders, als es üblich ist
Vieleicht ist es die Gottgegebene.
Woher weiß man, welche die gottgegebene Auslegung ist? Wahrscheinlich denkt jeder, dass das seine eigene ist, egal, was andere Leute darüber denken. Gott selbst nimmt ja keine Stellung, zumindest nicht eindeutig.
(13-12-2012, 00:18)indymaya schrieb: Zitat: Außerdem: Warum sollte sich jemand anmaßen wollen, ein Gleichnis zu fälschen, wenn er sicher ist, dass seine Aussage von Gott kommt?
Wer sich sicher ist fälscht nicht, es sei denn er ist ein Feind Gottes.
Ist dann einer der beiden Evangelisten (Matthäus oder Lukas) ein Feind Gottes, weil er das Gleichnis vom anvertrauten Geld abgewandelt hat? Dann müsste man natürlich herausfinden, welcher von beiden, weil ja damit auch der Rest seines Evangeliums unglaubwürdig würde.
Aber ich nehme an, dass du das nicht so gemeint hast.
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(11-12-2012, 13:50)Lelinda schrieb: Du meinst also, wenn diese (oder andere) Propheten davon gesprochen hätten, dass der Menschensohn oder Gottesknecht mit Gewalt und Terror regieren sollte, hätte Jesus entsprechend so gehandelt? Also ein potentieller Gewalttäter? (11-12-2012, 23:54)Ekkard schrieb: Das folgt nicht. Jesus war, wie uns vermittelt wurde, ein Gottesknecht, der die Leiden um seiner Sache willen in Kauf genommen hat.
(12-12-2012, 09:38)Lelinda schrieb: Meine Frage war nicht, ob Jesus sich freiwillig hinrichten ließ, weil er glaubte, dass es Gottes Wille wäre, und auch nicht, ob das wirklich so war, oder ob seine Nachfolger ihm das nur unterstellt (also "uns vermittelt") haben. Das wäre ein ganz anderes Thema.
Meine Frage war konkret, ob du den Jesus aus den Evangelien psychisch zu schlimmerer Gewalttätigkeit als der in den Evangelien zugegebenen (also der Randale im Tempel und verbalen, aber grausigen Drohungen) für fähig halten würdest. Also beispielsweise zu realen Strafaktionen gegen die Pharisäer statt nur Beschimpfungen - die politischen Möglichkeiten dazu mal vorausgesetzt. Sag' mir, an welchen psychischen Merkmalen man das feststellen könnte. Vor allem ist es so, dass Menschen sich entwickeln zusammen mit ihren Amtserfahrungen, -Notwendigkeiten und ihrem Machtinteresse.
Jesus - ein Wanderprediger, der keine Unbequemlichkeit eines so unsteten Lebens ausließ - war sich durchaus seiner Macht bewusst, die, wie er betonte, von Gott kam. Mir sind (von ihm selbst) keine Strafaktionen bekannt. Und ob sich Erzählung vom Aufräumen des Tempels (Mk 11, 15ff) so abgespielt hat, darf mit Recht bezweifelt werden. Die Tempelpolizei hätte ihn sehr rasch aus dem Verkehr gezogen!
Kurze Antwort also: Nein, ich denke, Jesus hätte auch bei der politischen Möglichkeit dazu, wie sie rund 400 Jahre später bestand, seinerseits niemanden verfolgt oder bestraft. Für ihn war das immer Gottes Angelegenheit.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(13-12-2012, 00:36)Lelinda schrieb: Trotzdem unterscheiden sich beide extrem, auch wenn man sie „übersetzt“. Welche Variante soll ich glauben? Oder stimmt beides, und jeder Evangelist hat den anderen Satz weggelassen? Jesus hat erzählt!
Nicht aufgeschrieben oder diktiert. Die Evangelisten haben es aufgeschrieben wie sie es gehört und wahrgenommen haben.
Der Sinn ist bei beiden gleich.
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(13-12-2012, 01:53)Ekkard schrieb: Jesus - ein Wanderprediger, der keine Unbequemlichkeit eines so unsteten Lebens ausließ - war sich durchaus seiner Macht bewusst, die, wie er betonte, von Gott kam. Mir sind (von ihm selbst) keine Strafaktionen bekannt. Und ob sich Erzählung vom Aufräumen des Tempels (Mk 11, 15ff) so abgespielt hat, darf mit Recht bezweifelt werden
mir scheint, daß es rein deinen persönlichen vorlieben entspricht, was an "berichten" über jesus "mit Recht bezweifelt werden" darf oder sogar muß und was du ohne weiteren zweifel als gesichert annimmst. denn wie kommst du darauf, jesus müsse "ein Wanderprediger, der keine Unbequemlichkeit eines so unsteten Lebens ausließ" gewesen sein?
vielleicht hat er sich ja auch nur von einer einladung durch einen fan zur nächsten weiterreichen lassen, um sich die füße waschen und mit leckereien verwöhnen zu lassen (vgl. lukas 10,38ff)
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