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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05-09-2023, 22:34 von Sinai.)
(05-09-2023, 22:00)Thomas B. Reichert schrieb: Enteignung von Kirchengut im Jahr 1803
Ich fand das im Wikipedia:
Säkularisation - Wikipedia
"Rechtsrheinische Gebiete 1803
Durch die Verschiebung der französischen Ostgrenze hatten deutsche Territorialherren Gebietsverluste erlitten. Als Entschädigung wurden ihnen im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 die kirchlichen Reichsstände (die geistlichen Fürstentümer) und die meisten Reichsstädte (in diesem Fall spricht man von Mediatisierung) zugeschlagen.
Artikel 35 des Reichsdeputationshauptschlusses ging über die reine Entschädigung sogar hinaus. Die Gebäude und Güter der aufgehobenen Stifte, Abteien und Klöster wurden der Disposition (Verfügungsgewalt) der Landesherren unterstellt. Das erlaubte es auch Herrschern, die keinen Territorialverlust erlitten hatten, kirchliche Güter zu ihren Gunsten einzuziehen und ihre Finanzen zu entlasten.
Der Reichsdeputationshauptschluss betraf die geistlichen Kurfürstentümer Köln und Trier, das Erzstift Salzburg sowie die Hochstifte Olmütz, Augsburg, Bamberg, Basel, Breslau . . ."
Anm.: Hervorhebung eines Satzes durch Fettdruck von mir
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05-09-2023, 22:39 von Sinai.)
(05-09-2023, 22:00)Thomas B. Reichert schrieb: Sie fügten sich in ein Leben, das ihnen seitens der Kirche als Schicksal gepredigt wurde. Die Alphabetisierungsrate der Bauern war niedrig, sodass sie zum einen nicht in der Bibel lesen konnten, wäre sie in der Sprache der Bauern verfasst gewesen.
Glaubst du, die Bauern wären wohlhabender geworden, wenn sie die Bibel lesen hätten können ?
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05-09-2023, 23:09 von Sinai.)
(05-09-2023, 22:00)Thomas B. Reichert schrieb: @Sinai
"Die kirchliche Lehrmeinung, die die Ständegesellschaft als gottgegeben ansah, wurde von nahezu allen Angehörigen der herrschenden Stände unterstützt..."
Danke für das interessante Zitat. Aber hatte die Kirche im Mittelalter nicht Recht? Eine Auflösung der Stände und der Handwerkerzünfte wäre damals verheerend gewesen. Wie hätte das HRR funktionieren sollen? Bauern und Ritter waren blöde Analphabeten (selbst Kaiser Karl der Große war Analphabet, er konnte nur die Initialen seines Namens schreiben) und waren wie man heute so sagt "bildungsfern" - sie hassten die Bildung! Handwerker konnten gerade mal das Einmaleins um die Länge von Brettern oder die Teigmasse für Brot auszurechnen. Der Schuster blieb bei seinem Leisten - und das war gut so! Dem Sohn des Schusters konnte zwar nicht vorgegaukelt werden, nach zwanzig Gymnasiums- und Studienjahren Richter zu werden, aber er konnte auch nicht zum Erntehelfer degradiert werden
Der unnatürliche und zermürbende Kampf jeder gegen jeden existierte damals nicht. Heute werden schon die sechsjährigen Kinder auf Wettbewerb gegeneinander gedrillt. Wer ist der bessere Sportler / Fußballspieler, wer weiß mehr Vokabel auswendig, wer hat die besseren Schulnoten, dort wo sie abgeschafft sind wer hat die bessere Beschreibung  ha ha, wer wird Abiturent, wer wird als Hilfsarbeiter enden? Ein mörderischer Wettbewerb wird seit 1848 (Ende der Zünfte und "Berechtigung" / Übertölpelung der Bauern, eine Hypothek auf Haus und Hof aufzunehmen, die sie natürlich nicht zurückzahlen konnten und zur Enteignung führte, dadurch Landflucht, Beginn der Industrialisierung, die anfänglich begrüßt wurde, aber zu unvorstellbarem Elend führte) auf die Kinder und deren Eltern losgelassen
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05-09-2023, 23:30 von Geobacter.)
Das einzige was mir dazu noch einfällt: "Katholiban".
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06-09-2023, 00:30 von Sinai.)
(05-09-2023, 22:00)Thomas B. Reichert schrieb: @Sinai
"Die Mitglieder des dritten Standes mögen die harten Lebensbedingungen, die ihnen auferlegt waren, wohl auch beklagt haben, aufbegehrt haben sie jedoch höchst selten. . .
Die Alphabetisierungsrate der Bauern war niedrig, sodass sie zum einen nicht in der Bibel lesen konnten"
Also ich glaube nicht, dass das lesen der Bibel den Lebensstandard der Bauern erhöht hätte
Bauern lebten damals nach dem Motto "Wachset und vermehret euch" und bekamen so viele Kinder, bis sie verhungerten. Das war eh biblisch
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Ist dieser Thread nun zu einem Platz verkommen, in dem Sinai die Zeiten der Leibeigenschaft verherrlicht? Da gibt's mal wieder eine Menge Geschichtsklitterung.
Fuer Vorgaenge, die viele Jahrhunderte zurueckliegen, noch "Gerechtigkeit" einzufordern, ist meist ein muessiges Unterfangen. Das ist nicht praktikabel. Dass ich die endlose Alimentierung der Kirche(n) in Deutschland durch Steuerzahler fuer nicht angemessen halte, habe ich dabei schon oefter festgestellt. Da man da wohl etwas am Grundgesetz aendern muesste, wird's wohl noch ein Weilchen dauern, bis das endet.
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06-09-2023, 11:41 von Sinai.)
(06-09-2023, 04:41)Ulan schrieb: Dass ich die endlose Alimentierung der Kirche(n) in Deutschland durch Steuerzahler fuer nicht angemessen halte, habe ich dabei schon oefter festgestellt. Da man da wohl etwas am Grundgesetz aendern muesste, wird's wohl noch ein Weilchen dauern, bis das endet.
Das hat mit dem Grundgesetz nichts zu tun, man müsste bloß das Konkordat 1933 kündigen
Dieses Konkordat wurde am 20. Juli 1933 zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich geschlossen. In diesem Staatskirchenvertrag wurde das Verhältnis zwischen dem Reich und der römisch-katholischen Kirche geregelt. Das Konkordat ist weiterhin gültig. (Vgl. Reichskonkordat - Wikipedia)
Man könnte dabei durchaus mit der Kirchensteuer argumentieren (selbst im katholischen Spanien gibt es das nicht)
Der Vatikan ist eine Sonderform einer absoluten Monarchie (Vgl. Vatikanstadt - Wikipedia) und es ist ein Problem, dass nur der Papst ein Konzil einberufen kann, nicht jedoch die Mitglieder. Um Privilegien und Förderungen in einem demokratischen Staat erhalten zu dürfen, müssen die betreffenden religiösen Einrichtungen erst ihre demokratischen Hausaufgaben machen, beispielsweise die Islamschulen werden mit Steuergeld alimentiert und dürfen nicht völlig autonom machen und lehren was sie wollen
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19-06-2025, 15:29 von Sinai.)
(01-09-2023, 09:36)Thomas B. Reichert schrieb: 11. Rituale und Feiern:
Religiöse Gruppen bieten regelmäßige Rituale, Gottesdienste und Feiern, die Menschen ein Gefühl von Struktur, Gemeinschaft und festlichen Anlässen vermitteln. Diese Rituale können eine wichtige Rolle im Leben eines Gläubigen spielen und sie dazu motivieren, einer religiösen Gemeinschaft beizutreten. Der Mensch feiert gerne Feste, unter anderem die Jahresfeste wie Frühling (Ostern), Sommerfest (Fronleichnam), Herbst (Erntedank) und Winter (Weihnachten), aber auch die Feste der Menschheit: Geburt (Taufe), Kindheit (Kommunion), Heranwachsender (Firmung), Heirat in einem prächtigen Kirchengebäude sowie Tod / Beerdigung.
Thomas B. Reichert - Religionswissenschaftler
Heute ist Fronleichnam und ich habe mir die Prozession genau angesehen. Fronleichnam ist kein Sommerfest
Da Fronleichnam bei schönem Wetter gefeiert wird, gibt es viele Prozessionen im Freien mit aufgekehrten und festlich geschmückten Straßen, Blumenteppichen die durch kleine Mädchen aus Körbchen verstreut werden, kostbaren alten Kirchenfahnen (die nicht dem Regen ausgesetzt werden dürfen), feierlicher Musik, alle gehen in ihrer Gruppe (Musikanten, Ministranten, Eltern mit kleinen Kindern, Jugendgruppen, Feuerwehr, Studenten, Handwerkergruppen)
Äußerlich könnte es vielleicht für einen ahnungslosen Touristen aus einer nichtchristlichen Weltregion wie ein Sommerfest wirken, aber eigentlich nicht, denn bei der Prozession gibt es kein Cola, keine Langos, kein Kebap, kein ausgelassenes Lärmen
Das Datum ist liturgisch festgelegt: am zweiten Donnerstag nach Pfingsten
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Es ging um typische jahreszeitliche Rituale, die mit den jahrezeitlichen Beduerfnissen einer Ackerbaugesellschaft zusammenhaengen. An Fronleichnam werden halt (u.a.) die Felder gesegnet, indem sie mit Weihwasser bespueht werden, damit's eine gute Ernte gibt, was also ein typisches "Sommerfest" im Sinne des von Dir Zitierten ist. Und dann kommt halt irgendwann der Erntedank als Herbstfest.
Mit dem Thema hat das aber nichts zu tun, und dafuer muessen wir diesen Thread nicht wiederbeleben.
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19-06-2025, 18:58 von Sinai.)
(19-06-2025, 17:40)Ulan schrieb: Es ging um typische jahreszeitliche Rituale, die mit den jahrezeitlichen Beduerfnissen einer Ackerbaugesellschaft zusammenhaengen.
Eine Scheinkorrelation
Klar ist in Europa das Jahr in vier Jahreszeiten unterteilt, aber es war nicht die Bauernschaft, die das Christentum nach Europa brachte. Wenn nun
am zweiten Donnerstag nach Pfingsten Fronleichnam ist, und es da bereits fast schon leicht sommerlich ist, hat das mit der Landwirtschaft
wirklich nichts zu tun - das ist das liturgische Jahr
Flursegnungen finden meistens eher in der Bittwoche vor Christi Himmelfahrt statt (sogenannte Bitttage, Rogationen)
Heuer war Christi Himmelfahrt am 29. Mai 2025, das heißt die Bittwoche für die Felder war die Woche davor
________
Zum Thema:
Es gibt zwei Strömungen in der heutigen Katholischen Kirche:
"Bewahrer" und "Erneuerer"
Das klingt zwar schön, aber diese euphemistischen Bezeichnungen lösen nicht das Problem.
Den einen ist die kath Kirche zu "modernistisch", den anderen ist sie zu "altmodisch"
Beide sind unzufrieden - und es wird mittelfristig keinen gemeinsamen Weg mehr geben von Leuten, die das Familienbild von der Zeit Jesu bis zum Jahr 1950 haben und von Leuten, die den jetzigen Zeitgeist favorisieren
Eine Lösung ohne Brüche zeichnet sich nicht ab
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(01-09-2023, 21:39)Sinai schrieb:
1.) Viele treten aus, weil sie "Erneuerer" sind, und ihnen die Kath Kirche zu altmodische Werte vertritt.
2.) Und viele andere treten im Gegenteil deshalb aus, weil sie "Bewahrer" sind und sie meinen, dass die heutige Kirche nicht genügend tut, um die gesellschaftspolitische Zerstörung der 'Christlich-Abendländischen Familie' zu verhindern. Lieber Sinai,
leider hat die katholische Kirche sich mit dem Dogma der 'Unfehfehlbarkeit des Papstes' jede Möglichkeit genommen, sich zu erneuern. Denn diese 'Unfehlbarkeit' betrifft ja nicht den jetzigen Papst, sondern und vor allem alle vergangenen Päpste und somit alle Dogmen und Beschlüsse der Vergangenheit. Würde die katholische Kirche auch nur an einem einzigen Dogma Veränderungen vornehmen, wäre dadurch besagte Unfehlbarkeit hinfällig und somit auch der Wahrheitsgehalt aller anderen Dogmen und Beschlüsse. Erneuerung ist also völlig ausgeschlossen.
Was aber soll den in der katholischen Kirche bewahrt werden? Schon vor 300 Jahren hat jemand gesagt, es sei die allergrösste Beleidigung, Katholik genannt zu werden!! Hat die katholische Kirche je nach etwas anderem gestrebt denn nach Macht und Reichtum? Sind die begangenen Verbrechen nicht um ein Vielfaches grösser als jene der Nazis? Wobei die Kirche ihre Schandtaten noch im Namen Gottes verübte!! Was könnte denn hier bewahrt werden wollen?
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(01-09-2023, 22:05)Ulan schrieb: (01-09-2023, 22:03)Geobacter schrieb: .... und das soll uns jetzt sagen?
Wenn's um stramm rechte Gesinnung geht, wird gelogen, bis sich die Balken biegen, zehn Gebote hin oder her. Und Jesus ist sowieso out, wenn es gilt, die gesellschaftliche Uhr auf Mittelalter zurueckzudrehen.
... dass Jesus out ist, scheint mir das größte Problem zu sein, denn auf die Kirche kann man pfeifen! - Angeblich soll der kürzlich verstorbene Papst das russischen Kirchenoberhaupt angerufen haben, um ihn mahnend daran zu erinnern, dass der Überfall auf die Ukraine in keiner Weise mit der Lehre Jesu zu vereinen ist!
Was der Patriarch Kyrill darauf erwiderte, ist nicht bekannt! In der Presse war aber zu lesen, dass er ein alter Weggefährte Putins ist und dieser der Russ./Orthodoxen Kirche die gesamten Einnahmen aus dem russ. Zigarettenhandel zukommen lässt.
Man kann sich leicht vorstellen, dass wegen diesem ständigen Geldsegen in keiner russischen Kirche auch nur ein Wort gegen den Ukraine-Krieg gesprochen wird!
Ähnlich war es ja seinerzeit in Italien. Dort handelte der Faschistenführer Mussolini einen Deal mit dem damaligen Papst aus. Es wurde vereinbart, dass kein Priester von der Kanzel gegen den Faschismus wettern darf! Als Gegengabe bekam der Vatikan die schriftliche Anerkennung eines Stadtstaates. Ab dem Zeitpunkt konnte weder Justiz, Finanzamt noch der Geheimdienst kontrollieren, was denn hinter den Mauern der Vatikan-Stadt so alles getrieben wird.
Mussolini wurde zwar (zusammen mit seiner Geliebten und einigen anderen Faschisten) nach dem Zusammenbruch seiner Diktatur kopfüber an einer Tankstelle in Mailand aufgehängt, der Vatikan hat aber nach wie vor sein verbrieftes Recht und gibt es natürlich nicht mehr her!
Die Geschichte wird nun erweisen, was in Zukunft mit Russland und Putin passiert? Hoffentlich gibt es in seinem Reich auch noch kühle, verantwortungsvolle Köpfe, welche das schlimmste Szenario verhindern können!
Gruß von Reklov
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27-06-2025, 11:50
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 27-06-2025, 11:59 von Sinai.)
Hallo Farius
1.) Dieses Zitat ist nicht 300 Jahre alt, es wird dem Philosophen Nietzsche zugeschrieben. Dieser war ein scharfer Kritiker der organisierten Religion, insbesondere des Christentums und er bezeichnete das Christentum in seinen Werken als "Platonismus für das Volk" und er warf dem Christentum vor, das Leben und die natürlichen Instinkte des Menschen zu unterdrücken.
Nietzsche wurde irgendwann psychisch krank:
Friedrich Nietzsche - Wikipedia
"In geistiger Umnachtung (1889–1900)
Kleine Schriftstücke, sogenannte „Wahnzettel“ bzw. „Wahnbriefe“, die er an enge Freunde, aber zum Beispiel auch an Cosima Wagner oder Jacob Burckhardt und sogar Umberto I. von Italien sandte, waren von einer psychischen Erkrankung gezeichnet."
Ein direktes Zitat in dieser Form wie von Dir erwähnt findet sich nicht wortwörtlich in seinen Werken. Vielmehr schrieb Nietzsche in "Der Antichrist" (1888):
"Ich verurteile das Christentum, ich erhebe gegen die christliche Kirche die furchtbarste aller Anklagen, die je ein Ankläger auf die Lippen genommen hat. ( . . . ) Ich nenne das Christentum den einen großen Fluch, die eine große innerlichste Verderbnis, den einen großen Instinkt der Rache, für den keine Mittel giftig, heimlich, unterirdisch, klein genug sind – ich nenne es den einen unsterblichen Schandfleck der Menschheit."
Diese extreme Formulierung zeigt, wie tief seine Ablehnung des Christentums war. Dein Zitat würde gut in Nietzsches Denkweise und Stil passen - auch wenn es sich nicht um ein belegtes wörtliches Zitat handelt. Es scheint eher ein populäres Missverständnis oder eine Übertreibung zu sein – vielleicht eine freie Paraphrase antikirchlicher Polemik, ohne echte Quelle
Damals fand der "Kulturkampf" statt: Kulturkampf in Preußen und im Deutschen Reich - Wikipedia
2.) (27-06-2025, 06:35)Farius schrieb: leider hat die katholische Kirche sich mit dem Dogma der 'Unfehfehlbarkeit des Papstes' jede Möglichkeit genommen, sich zu erneuern.
Dies wird von vielen Katholiken unterschiedlicher Strömungen so gesehen. Nicht wenige sind mit der derzeitigen Linie des Vatikan und des Papstes nicht völlig einverstanden. Fühlbare innerkirchliche Unzufriedenheiten gibt es seit dem Tod des polnischen Papstes und werden immer stärker. Es ziehen nicht mehr alle am selben Strang.
Im Ersten Vatikanischen Konzil wurde 1870 das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes beschlossen, um sich gegen eine Minderheit von Abweichlern zu wehren. Seit aber diese bekämpfte Strömung dann knapp hundert Jahre später im Jahre 1965 die Mehrheit errang, gilt deren Meinung als "unfehlbar"
Es gibt in der Tat neuerdings Traditionalisten in der Katholischen Kirche, die meinen dass das Dogma der Unfehlbarkeit zum Schaden wurde und daher das Erste Vatikanische Konzil als schädlich und ungültig zu sehen sei
Es ist noch ein feiner Haarriss in der Katholischen Kirche, kaum sichtbar, aber wenn einmal so ein feiner Sprung in einem Porzellan ist, dann ist es nur eine Frage der Zeit, dass dieser Haarriss bei einer schweren Belastung zu einem sichtbaren Sprung - den man nicht mehr bestreiten kann - und in der Folge zu einem Riss führt
Bereits 1871 kam es zur Abspaltung der Altkatholiken, die das Dogma der Päpstlichen Unfehlbarkeit nicht akzeptierten.
Wie gesagt, hört man bisweilen von modernen Katholiken, dass sie das Unfehlbarkeitsdogma nicht mehr innerlich mittragen (wenn man mit den Menschen spricht und ihnen genau zuhört; klar getraut sich niemand, dies öffentlich zu äußern) und auch so manche konservative Katholiken tragen das Unfehlbarkeitsdogma nicht mehr innerlich mit
Wäre es denkbar, dass das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes des Ersten Vatikanischen Konzils des Jahres 1870 als Fehler erkannt und aufgehoben wird?
Aber welcher Mechanismus soll das erkennen? Kein Papst wird je ein derartiges Konzil zu einer solchen Frage einberufen. In Europa ist so eine spontane Massenbewegung innerhalb der Katholischen Kirche derzeit nicht zu erwarten - aber in Südostasien und in Afrika sieht es schon anders aus, wenn man genau schaut. Klar wird das von Rom unter den Teppich gekehrt, aber immer wieder sieht man derartige Signale, die alsbald zum Verstummen gebracht werden.
Die Katholische Kirche lebte sehr lange bis 1870 ohne das Unfehlbarkeitsdogma und so manche stellen sich - aus völlig unterschiedlichen Motiven - die Frage, ob dieses Dogma in der heutigen Zeit vorteilhaft oder schädlich sei, denn es gibt dem jeweiligen Papst angeblich zu viele Rechte
Kann man derzeit schwer abschätzen - jedenfalls wäre es ein Schritt weg vom Gedanken der Absoluten Monarchie in Richtung zu einer Aufgeklärten Monarchie
Der Vatikanstaat oder die Vatikanstadt ist laut Wikipedia eine absolute Monarchie
"Die Vatikanstadt ist damit die letzte absolute Monarchie Europas." Vatikanstadt - Wikipedia
Allerdings betrifft der Absolutismus nicht nur die Untertanen dieses Kleinstaats, sondern 1,4 Milliarden Katholiken auf der ganzen Welt
Päpste sind so klug, die Karte der Unfehlbarkeit nur selten auszuspielen
"Nur einmal hat ein Papst, Pius XII., seither davon Gebrauch gemacht, als er 1950 mit dem Schreiben Munificentissimus Deus die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel verkündete." Päpstliche Unfehlbarkeit - Wikipedia
Aber dennoch ist das Dogma der Päpstlichen Unfehlbarkeit ein Trumpf in der Hand der Päpste der alle potentiellen Kritiker von Vornherein - wegen Aussichtslosigkeit - von der Äußerung von Kritik abhält
Eine freie Diskussion ist so nicht möglich - Weltsynode hin oder her
________
3.) Am Gefährlichsten für die Einheit der Katholischen Kirche wird in baldiger Zukunft die Frage der weiblichen katholischen Priesterinnen sein
Entweder entschließt sich der Papst für weibliche katholische Priesterinnen, dann hat er massive Probleme mit Südostasien und Afrika
Den Gläubigen dort könnte er das nicht verheimlichen, die sehen ja zur Ostermesse in Rom die vielen Geistlichen im Fernsehen
Oder der Papst beharrt auf dem Status Quo, dann wird es bald massive Opposition in den nördlichen Ländern Westeuropas (Deutschland, Nordfrankreich, Belgien usw) geben
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27-06-2025, 12:07
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 27-06-2025, 12:13 von Sinai.)
(27-06-2025, 11:12)Reklov schrieb: Ab dem Zeitpunkt konnte weder Justiz, Finanzamt noch der Geheimdienst kontrollieren, was denn hinter den Mauern der Vatikan-Stadt so alles getrieben wird.
Viele Menschen sind von der Justiz des Staates Italien nicht überzeugt.
Zum italienischen Geheimdienst ist zu sagen, dass er wahrscheinlich schon so manches im Vatikan weiß. Aber es liegt in der Natur der Sache, dass Geheimdienste ihr Wissen nicht an die große Glocke hängen.
Wie dem auch sei, ich denke dass die überwältigende Mehrheit der 1,4 Milliarden Katholiken weltweit froh ist, dass der Vatikanstaat - bei allen seinen Fehlern und demokratischen Defiziten - vom italienischen Staat unabhängig ist
Würde sich der Kirchenstaat heute neu formieren, dann würde er sich kaum im Zentrum Italiens ansiedeln, sondern wahrscheinlich auf einer Insel der kroatischen Küstenlandschaft
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27-06-2025, 21:52
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 27-06-2025, 22:18 von Sinai.)
(27-06-2025, 06:35)Farius schrieb: diese 'Unfehlbarkeit' betrifft ja nicht den jetzigen Papst, sondern und vor allem alle vergangenen Päpste und somit alle Dogmen und Beschlüsse der Vergangenheit.
Du meinst, dass das Unfehlbarkeitsdogma rückwirkend gelte? Interessante Frage.
Sehen wir uns das genau an:
Welches Formerfordernis muss eine päpstliche Aussage erfüllen, um als unfehlbar zu gelten?
Alltagsäußerungen des Papstes von der Art "spanischer Rotwein ist viel besser als italienischer" fallen selbstverständlich nicht darunter - nur wenn die päpstliche Aussage "ex cathedra" erfolgt, gilt sie als unfehlbar.
"Im Jahr 1854, also bereits vor der Konzilsdefinition, gab es bereits eine Verkündung, die dessen Bedingungen erfüllte, nämlich die von der „Unbefleckten Empfängnis Mariae“." Päpstliche Unfehlbarkeit - Wikipedia
Dennoch wurde diese Aussage des damaligen Papstes Pius IX. NICHT rückwirkend als unfehlbar angesehen und wohl aus diesem Grund war es dann im Jahre 1950 erforderlich, dass Papst Pius XII. die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel als unfehlbare Lehre verkündete
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Kirchenrecht ist eine schwierige Sache, es geht auf das frühe Christentum zurück und erst mit dem alten Decretum Gratiani von 1140 beginnt die Zeit der "klassischen Kirchenrechts" obgleich bereits im Konzil von Nicäa (325) der Beginn systematischer kirchlicher Normenerzeugung (zu Themen wie Häresie und Disziplin) zu sehen ist.
Aber erst das erwähnte Decretum Gratiani ordnet erstmals das gesamte Kirchenrecht.
Dann kamen weitere Texte dazu: Liber Extra (1234), Liber Sextus (1298) und andere
Diese Sammlungen (pl.) bildeten den damaligen Corpus Iuris Canonici, wie er bis 1917 in Gebrauch war.
1917 trat der erste systematische Codex Iuris Canonici (CIC) in Kraft, der dann 1983 durch den aktuelle Codex Iuris Canonici (CIC) ersetzt wurde.
Wie ist der Instanzenzug bei Rechtsfragen zum Codex Iuris Canonici (CIC) ?
Vermutlich ist der Papst die oberste Instanz, die dann letztinstanzlich zu entscheiden hat, ob das Unfehlbarkeitsdogma rückwirkend gelte und warum die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel von zwei Päpsten verkündet wurde, einmal 1854 vor dem Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit und dann nochmals im Jahre 1850
Eine interessante kirchenrechtliche Frage
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