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(28-05-2009, 23:13)Ekkard schrieb: (16-03-2009, 10:38)Qtipie schrieb: Ich habe gelesen, dass aus der Natur kein Wertemaßstab ableitbar ist. Diese Feststellung halte ich für zutreffend, solange mit Natur die unbelebte Natur gemeint ist. Sobald Gesellschaften auftreten, ist die Beurteilung einer Situation oder einer Vorgangsfolge eine Frage der Ökonomie. Eine Situation muss innerhalb einer Gesellschaft schnell dahin gehend beurteilt werden können, ob sie günstig oder gar letal wirken wird. Es wäre eine Verschwendung von Ressourcen (womöglich Individuen), immer wieder nach der "trial-and-error"-Methode vorzugehen, sich also Urteile stets neu zu bilden. Man darf daher für vergesellschaftlichte Wesen einen Selektionsvorteil unterstellen, wenn Urteile schnell und präzise erfolgen.
Was in der menschlichen Gesellschaft daraus wird, has WiTaimre ausführlich beschrieben.
Damit, lieber Ekkard, sind aber blos relative Werte gerechtfertigt. Werte die durch den jeweiligen oder immer bestehenden Nutzen bedingt werden. Sie unterliegen somit im besten Falle utilitaristischen Erwägungen, egal ob man dies jetzt Selektionsvorteil oder gesellschaftlichen Fortschritt nennt.
Absolute Werte, wie sie z.B. für uns das Recht auf menschliches Leben oder körperliche Unversehrtheit sind, d.h. Rechte und Werte, die universal, notwendig und immer gelten, können aus naturalistischen und utilitaristischen Überlegungen heraus nicht abgeleitet werden!
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
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(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
(29-05-2009, 00:47)Presbyter schrieb: Damit, lieber Ekkard, sind aber blos relative Werte gerechtfertigt
werte, lieber presbyter, sind immer relativ
daran ändert auch die tatsache nichts, daß glaubenseiferer ihre werte gerne als absolut verkaufen bzw. anderen aufzwingen wollen
(29-05-2009, 00:47)Presbyter schrieb: Absolute Werte, wie sie z.B. für uns das Recht auf menschliches Leben oder körperliche Unversehrtheit sind, d.h. Rechte und Werte, die universal, notwendig und immer gelten, können aus naturalistischen und utilitaristischen Überlegungen heraus nicht abgeleitet werden!
sie können grundsätzlich nicht abgeleitet, sondern nur postuliert werden
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(29-05-2009, 11:00)petronius schrieb: (29-05-2009, 00:47)Presbyter schrieb: Damit, lieber Ekkard, sind aber blos relative Werte gerechtfertigt
werte, lieber presbyter, sind immer relativ
daran ändert auch die tatsache nichts, daß glaubenseiferer ihre werte gerne als absolut verkaufen bzw. anderen aufzwingen wollen
Was ist es denn anderes, wenn man den Glauben an Relativität der Werte als nicht hinterfragbar, da immer relativ, bestimmt und somit absolut setzt?
Ich muss ganz offen bekennen, dass mir jeder Mensch äusserst suspekt ist, der die Würde des Menschen als einen relativen Wert ansieht, d.h. nur insofern als schützenswert empfindet als das dem Menschen in bestimmten Relationen dieser Schutz, diese Würde, dieses Recht zu kommt, in anderen nicht.
Nein! "Die Würde des Menschen ist unantastbar." (Vgl. GG Art. 1) Dies ist z.B. einer der Grundwerte unserer Gesellschaft und er hat eine absolute Bedeutung. Dieser Wert ist durch nichts zu relativieren!
(29-05-2009, 11:00)petronius schrieb: (29-05-2009, 00:47)Presbyter schrieb: Absolute Werte, wie sie z.B. für uns das Recht auf menschliches Leben oder körperliche Unversehrtheit sind, d.h. Rechte und Werte, die universal, notwendig und immer gelten, können aus naturalistischen und utilitaristischen Überlegungen heraus nicht abgeleitet werden!
sie können grundsätzlich nicht abgeleitet, sondern nur postuliert werden
Das ist falsch. Man lese dazu die Präambel der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte der Französischen Revolutuion:
"Die Repräsentanten des französischen Volkes, als Nationalversammlung konstituiert, haben unter der Berücksichtigung, dass die Unkenntnis, die Achtlosigkeit oder die Verachtung der Menschenrechte die einzigen Ursachen der öffentlichen Missstände und der Verderbtheit der Regierungen sind, beschlossen, die natürlichen, unveräußerlichen und heiligen Rechte der Menschen in einer feierlichen Erklärung darzulegen, damit diese Erklärung allen Mitgliedern der Gesellschaft beständig vor Augen ist und sie unablässig an ihre Rechte und Pflichten erinnert; [...] damit die Ansprüche der Bürger, fortan auf einfache und unbestreitbare Grundsätze begründet, sich immer auf die Erhaltung der Verfassung und das Allgemeinwohl richten mögen."
Die Rechte die diese Erklärung beschreibt, werden zwar feierlich verkündet, nicht aber durch diese Verkündigung konstituiert. Sie sind natürliche Rechte des Menschen! Sie sind daher aus der Würde und dem natürlichen Wesen des Menschen abgeleitet, aus der Ordnung der Schöpfung und der Hoheit ihres Schöpfers. Diese christliche, und durch aufklärerische Vernunft dargelegte, Ableitung der universalen und unantastbaren Menschenrechte, ist auch die Grundlage für die Formulierung des Artikel 1 GG.
Ein Recht das nur aus utlitaristischem Nutzen postuliert wird, z.B. Recht auf Leben, weil es der menschl. Gesellschaft nutzt, wenn jeder sich selbstentfaltet, und jeder Zeit abrogiert werden kann, wenn dieser Nutzen in Zweifel gezogen wird, halte ich für höchstgefährlich. Es gibt Werte deren schützender Charakter notwendig universale Bedeutung hat! Das Recht auf menschliches Leben ist so eines!
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04-06-2009, 21:02 von Ekkard.)
Wir müssen uns klarmachen, dass sich das Wörtchen "relativ" hier in zwei verschiedenen Bedeutungen tummelt. Nehmen wir als Beispiel die Menschenwürde i. S. der deutschen GGes.
1.
Die Menschenwürde ist danach nicht davon abhängig, welcher Religion, Rasse, Geschlecht, Herkunft, Tat oder Stellung der Staatsbürger zuzuordnen ist. Das ist Presbyters Bekenntnis, dass Menschenwürde nicht relativ (im Staate) sein kann.
2.
Gleichwohl ist die Menschenwürde von ihrer Anerkenntnis in der Gesellschaft und deren Machtstrukturen abhängig. Man kann ohne Weiteres Gesellschaftsordnungen in der Welt finden, denen schlicht dieser Begriff fehlt. Für diese Gesellschaften ist das Individuum unwichtig gegenüber den Belangen der Gesellschaft. Und es gibt keine Macht, welche die individuelle Würde z. B. im Falle einer strafrechtlichen Verfolgung verteidigt: Das ist so in einer Reihe von Gesellschaften mit fundamentalistischer Religion, aber auch in China. (Ein schwelender Konflikt zwischen den "Westlern" und dem "Reich der Mitte").
Was ich damit meine ist: In unserer Welt gibt es keine "natürlich ableitbaren Wertvorstellungen". Sie sind abhängig davon, was wir für gut und richtig, nützlich und förderlich halten - auch emotional.
Fehlen die entsprechenden Machtstrukturen, können wir werten, soviel wir wollen, dann existieren diese Werte einfach nicht. Sommer und Winter, Frost und Hitze, Tag und Nacht, das Meer und die Luft kümmern sich nicht darum. Diese Relativität mag trivial sein, aber sie ist eine sehr unangenehme Tatsache.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(04-06-2009, 20:33)Presbyter schrieb: (29-05-2009, 11:00)petronius schrieb: (29-05-2009, 00:47)Presbyter schrieb: Damit, lieber Ekkard, sind aber blos relative Werte gerechtfertigt
werte, lieber presbyter, sind immer relativ
daran ändert auch die tatsache nichts, daß glaubenseiferer ihre werte gerne als absolut verkaufen bzw. anderen aufzwingen wollen
Was ist es denn anderes, wenn man den Glauben an Relativität der Werte als nicht hinterfragbar, da immer relativ, bestimmt und somit absolut setzt?
das ist in erster linie ein lustiges wortspiel, das weiter nichts aussagt
Zitat:Ich muss ganz offen bekennen, dass mir jeder Mensch äusserst suspekt ist, der die Würde des Menschen als einen relativen Wert ansieht, d.h. nur insofern als schützenswert empfindet als das dem Menschen in bestimmten Relationen dieser Schutz, diese Würde, dieses Recht zu kommt, in anderen nicht
anders gehts aber nicht, als das ausmaß des schutzes menschlicher würde den verhältnissen anzupassen. z.b. ist freiheitsberaubung doch sicher ein verstoß gegen die würde des eingesperrten - sie kann aber erforderlich sein, um z.b. andere (in ihrem aus ihrer menschenwürde erwachsenden recht auf körperliche unversehrtheit) zu schützen. siehe strafvollzug
mir wiederum ist jeder suspekt, der so tut, als würden umstände nie eine rolle spielen
Zitat:Nein! "Die Würde des Menschen ist unantastbar." (Vgl. GG Art. 1) Dies ist z.B. einer der Grundwerte unserer Gesellschaft und er hat eine absolute Bedeutung. Dieser Wert ist durch nichts zu relativieren!
erzähl das mal einem chinesen. der sieht das womöglich anders. und worauf willst du dich jetzt berufen, was dich als den allein denkbaren vertreter der wahrheit legitimiert?
denk doch einfach mal daran, wie in früheren zeiten unter berufung auf christliche werte gegen diesen modernen wert "menschenwürde" verstoßen wurde (oder siehst du die unantastbare menschenwürde auch noch auf den scheiterhaufen der inquisition gewährleistet?)
(29-05-2009, 11:00)petronius schrieb: (29-05-2009, 00:47)Presbyter schrieb: Absolute Werte, wie sie z.B. für uns das Recht auf menschliches Leben oder körperliche Unversehrtheit sind, d.h. Rechte und Werte, die universal, notwendig und immer gelten, können aus naturalistischen und utilitaristischen Überlegungen heraus nicht abgeleitet werden!
Zitat:sie können grundsätzlich nicht abgeleitet, sondern nur postuliert werden
Das ist falsch. Man lese dazu die Präambel der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte der Französischen Revolutuion:
"Die Repräsentanten des französischen Volkes, als Nationalversammlung konstituiert, haben unter der Berücksichtigung, dass die Unkenntnis, die Achtlosigkeit oder die Verachtung der Menschenrechte die einzigen Ursachen der öffentlichen Missstände und der Verderbtheit der Regierungen sind, beschlossen, die natürlichen, unveräußerlichen und heiligen Rechte der Menschen in einer feierlichen Erklärung darzulegen, damit diese Erklärung allen Mitgliedern der Gesellschaft beständig vor Augen ist und sie unablässig an ihre Rechte und Pflichten erinnert; [...] damit die Ansprüche der Bürger, fortan auf einfache und unbestreitbare Grundsätze begründet, sich immer auf die Erhaltung der Verfassung und das Allgemeinwohl richten mögen."
und das eben ist eine proklamation, aber keien schlüssige herleitung
Zitat:Die Rechte die diese Erklärung beschreibt, werden zwar feierlich verkündet, nicht aber durch diese Verkündigung konstituiert. Sie sind natürliche Rechte des Menschen!
sagt wer? auf welcher grundlage?
Zitat:Sie sind daher aus der Würde und dem natürlichen Wesen des Menschen abgeleitet
wenn du dir das verhalten der menschen anschaust, frage ich mich doch sehr, wie du hier jene edle rücksichtnahme auf den nächsten als des menschen "natürliches wesen" ansehen kannst. es ist doch wohl eher so, daß die verteidigung der menschenwürde immer wieder gegen menschen und menschliches verhalten durchgesetzt werden muß
Zitat:aus der Ordnung der Schöpfung und der Hoheit ihres Schöpfers
da schöpfung und schöpfer höchst fiktive angelegenheiten sind, kann aus ihnen realiter genau gar nichts abgeleitet werden (postulieren kann man natürlich viel...)
Zitat:Ein Recht das nur aus utlitaristischem Nutzen postuliert wird, z.B. Recht auf Leben, weil es der menschl. Gesellschaft nutzt, wenn jeder sich selbstentfaltet, und jeder Zeit abrogiert werden kann, wenn dieser Nutzen in Zweifel gezogen wird, halte ich für höchstgefährlich
deine persönliche meinung sei dir unbenommen
aber besser wäre, du könntest sie auch begründen - empörung ist kein ersatz für logische stringenz
Zitat:Es gibt Werte deren schützender Charakter notwendig universale Bedeutung hat! Das Recht auf menschliches Leben ist so eines!
selbstverständlich
aber welche bedeutung und unter welchen umständen wie weitreichend, das kannst du nicht par ordre de mufti festlegen. es muß ausgehandelt werden
(04-06-2009, 20:59)Ekkard schrieb: Wir müssen uns klarmachen, dass sich das Wörtchen "relativ" hier in zwei verschiedenen Bedeutungen tummelt. Nehmen wir als Beispiel die Menschenwürde i. S. der deutschen GGes.
1.
Die Menschenwürde ist danach nicht davon abhängig, welcher Religion, Rasse, Geschlecht, Herkunft, Tat oder Stellung der Staatsbürger zuzuordnen ist. Das ist Presbyters Bekenntnis, dass Menschenwürde nicht relativ (im Staate) sein kann.
2.
Gleichwohl ist die Menschenwürde von ihrer Anerkenntnis in der Gesellschaft und deren Machtstrukturen abhängig. Man kann ohne Weiteres Gesellschaftsordnungen in der Welt finden, denen schlicht dieser Begriff fehlt. Für diese Gesellschaften ist das Individuum unwichtig gegenüber den Belangen der Gesellschaft. Und es gibt keine Macht, welche die individuelle Würde z. B. im Falle einer strafrechtlichen Verfolgung verteidigt: Das ist so in einer Reihe von Gesellschaften mit fundamentalistischer Religion, aber auch in China. (Ein schwelender Konflikt zwischen den "Westlern" und dem "Reich der Mitte").
Was ich damit meine ist: In unserer Welt gibt es keine "natürlich ableitbaren Wertvorstellungen". Sie sind abhängig davon, was wir für gut und richtig, nützlich und förderlich halten - auch emotional.
Fehlen die entsprechenden Machtstrukturen, können wir werten, soviel wir wollen, dann existieren diese Werte einfach nicht. Sommer und Winter, Frost und Hitze, Tag und Nacht, das Meer und die Luft kümmern sich nicht darum. Diese Relativität mag trivial sein, aber sie ist eine sehr unangenehme Tatsache.
danke für diese konzise zusammenfassung, die genau das (und in besseren worten) wiedergibt, was ich meine
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05-06-2009, 16:34
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05-06-2009, 18:36 von Alanus ab Insulis.)
(05-06-2009, 15:01)petronius schrieb: (04-06-2009, 20:33)Presbyter schrieb: (29-05-2009, 11:00)petronius schrieb: (29-05-2009, 00:47)Presbyter schrieb: Damit, lieber Ekkard, sind aber blos relative Werte gerechtfertigt
werte, lieber presbyter, sind immer relativ
daran ändert auch die tatsache nichts, daß glaubenseiferer ihre werte gerne als absolut verkaufen bzw. anderen aufzwingen wollen
Was ist es denn anderes, wenn man den Glauben an Relativität der Werte als nicht hinterfragbar, da immer relativ, bestimmt und somit absolut setzt?
das ist in erster linie ein lustiges wortspiel, das weiter nichts aussagt
Es offenbart deinen Sophismus, den du hier betreibst!
(05-06-2009, 15:01)petronius schrieb: anders gehts aber nicht, als das ausmaß des schutzes menschlicher würde den verhältnissen anzupassen. z.b. ist freiheitsberaubung doch sicher ein verstoß gegen die würde des eingesperrten - sie kann aber erforderlich sein, um z.b. andere (in ihrem aus ihrer menschenwürde erwachsenden recht auf körperliche unversehrtheit) zu schützen. siehe strafvollzug
mir wiederum ist jeder suspekt, der so tut, als würden umstände nie eine rolle spielen
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist auch absolut im Strafvollzug zu wahren! Der Artikel 1 GG schützt auch den Gefangenen und seine Würde als absolut, denn schließlich heißt es: "Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."
Die allgemeine Freizügigkeit und das Recht auf freie Bewegung gehört sicherlich zu den Grundbedigungen des Menschen. Dieses wird im Strafvollzug zur Sicherheit der Wahrung aller eingeschränkt, da liegst du vollkommen richtig. Die Unantastbarkeit der menschlichen Würde wird dadurch nicht in Frage gestellt, nur die daraus folgenden Recht zum Schutze aller beschnitten. Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen den absoluten Wert der menschlichen Würde und daraus deduzierten Rechten, die sicherlich zum Wohle aller, mit gerechtem Anlass, beschnitten werden dürfen können. Dies folgt daraus, dass der Mensch nicht nur Individuum ist, sondern ein soziales Wesen, dessen Gemeinschaft dasselbe Recht auf Unversehrtheit genießt wie er selbst. Folglich steht im Strafvollzug nicht der Artikel 1 GG und die menschliche Würde zur Disposition, sondern die daraus abgeleiteten anderen Rechte, die unsere Gesellschaft zur freien Verfügung gewährt.
(05-06-2009, 15:01)petronius schrieb: Zitat:Nein! "Die Würde des Menschen ist unantastbar." (Vgl. GG Art. 1) Dies ist z.B. einer der Grundwerte unserer Gesellschaft und er hat eine absolute Bedeutung. Dieser Wert ist durch nichts zu relativieren!
erzähl das mal einem chinesen. der sieht das womöglich anders. und worauf willst du dich jetzt berufen, was dich als den allein denkbaren vertreter der wahrheit legitimiert?
denk doch einfach mal daran, wie in früheren zeiten unter berufung auf christliche werte gegen diesen modernen wert "menschenwürde" verstoßen wurde (oder siehst du die unantastbare menschenwürde auch noch auf den scheiterhaufen der inquisition gewährleistet?)
Die Frage des Wertes ist in erster Linie unabhängig von seiner Durchsetzung. Wie könnten wir auch sonst den Mangel an gewährten Menschenrechten in China anklagen, wenn wir nicht von ihrer universalen und absoluten Bedeutung ausgehen? Rechte die nur auf Grund von Machtstrukturen gewährt werden sind so kurzlebig wie die Gefüge, die sie gewähren. Notwendig ist also die Akzeptanz des allgemeinen, natürlichen Rechtes und somit die nachhaltige Schaffung von Strukturen, die diese Rechte schützen. Das Nazi-Regime z.B. hatte die Macht diese Rechte mit Füßen zu treten, nicht aber das Recht. Die Menschenrechte können niemals abrogiert werden! Sie können nur missachtet werden!
(05-06-2009, 15:01)petronius schrieb: Presbyter schrieb:Ein Recht das nur aus utilitaristischem Nutzen postuliert wird, z.B. Recht auf Leben, weil es der menschl. Gesellschaft nutzt, wenn jeder sich selbstentfaltet, und jeder Zeit abrogiert werden kann, wenn dieser Nutzen in Zweifel gezogen wird, halte ich für höchstgefährlich
deine persönliche meinung sei dir unbenommen
aber besser wäre, du könntest sie auch begründen - empörung ist kein ersatz für logische stringenz
Auch dir dürfte die selbstevidenz des Argumentes nicht entgehen, dass ein Recht, dass an einem utilitaristischem Nutzen gebunden ist nur so lange gültig ist, solange der Nutzen besteht. Universale Geltung ist etwas anderes! Insofern sind utilitaristische Überlegungen zur Gewährung von Menschenrechte im besten Falle defizitär, im schlimmste Falle gefährlich.
(05-06-2009, 15:01)petronius schrieb: Presbyter schrieb:Es gibt Werte deren schützender Charakter notwendig universale Bedeutung hat! Das Recht auf menschliches Leben ist so eines!
selbstverständlich
aber welche bedeutung und unter welchen umständen wie weitreichend, das kannst du nicht par ordre de mufti festlegen. es muß ausgehandelt werden
Das muss ich auch gar nicht, denn ich bin nicht die Autorität die diese Rechte gewährt. Sie sind wesentlicher Teil der menschlichen Natur und als solche unantastbar. Dies ist die Rechtsgrundlage auf der die Menschenrechte verkündet wurden. Eine andere Art der Darlegung dieser Rechte hat es nicht gegeben und kann es auch nicht geben, sollten sie ihren universalen Anspruch behalten wollen.
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Ekkard schrieb:2.
Gleichwohl ist die Menschenwürde von ihrer Anerkenntnis in der Gesellschaft und deren Machtstrukturen abhängig. Man kann ohne Weiteres Gesellschaftsordnungen in der Welt finden, denen schlicht dieser Begriff fehlt. Für diese Gesellschaften ist das Individuum unwichtig gegenüber den Belangen der Gesellschaft. Und es gibt keine Macht, welche die individuelle Würde z. B. im Falle einer strafrechtlichen Verfolgung verteidigt: Das ist so in einer Reihe von Gesellschaften mit fundamentalistischer Religion, aber auch in China. (Ein schwelender Konflikt zwischen den "Westlern" und dem "Reich der Mitte").
Dieser Analyse stimmte ich durchaus zu. Es gibt Gesellschaften, die die Menschenrechte nicht anerkennen oder sie faktisch durch ihre Strukturen negieren!
Deiner Schlussfolgerung stimme ich nicht zu:
Ekkard schrieb:Was ich damit meine ist: In unserer Welt gibt es keine "natürlich ableitbaren Wertvorstellungen". Sie sind abhängig davon, was wir für gut und richtig, nützlich und förderlich halten - auch emotional.
Subjektiv mag das vlt. stimmen, nicht jedoch allgemein. Schließlich sagen wir zu jemanden in unserer Gesellschaft, der Menschen körperlich verletzt ja auch nicht: "Ah sie stimmen diesen Rechten nicht zu, weil sie emotional dazu nicht in der Lage sind und den Nutzen nicht teilen. Diese Rechte haben also keine Bedeutung für sie...."
Normative Rechte einer Gesellschaft sind grundsätzlich gültig auf Grund des Konsenses der Gemeinschaft, egal ob einzelne Individuen zu stimmen. Absolute Rechte wie die Menschenrechte sind notwendig immer gültig, auch außerhalb des Konsens einer Mehrheit oder Gesellschaft.
Ekkard schrieb:Fehlen die entsprechenden Machtstrukturen, können wir werten, soviel wir wollen, dann existieren diese Werte einfach nicht.
In diesem Sinne habe ich nie bestritten, dass es entsprechende Strukutren geben muss, die diese absoluten Rechte schützen müssen. Dies ist in der Tat trivial und unwidersprochen, dass durch die Berufung auf die Menschenrechte nicht gleich die Gewährung folgt. Die Missachtung derselbigen macht das Unrecht deshalb aber nicht richtiger, nur weil diese Gesellschaften (wie z.B. China) diese Rechte nicht anerkennen wollen.
Ekkard schrieb:Sommer und Winter, Frost und Hitze, Tag und Nacht, das Meer und die Luft kümmern sich nicht darum.
Dieser Satz ist belanglos. Die Natur ist keine Rechtsgesellschaft und kann insofern auch keine Stellung zu Rechtsnormen beziehen. Die Gewährung von Rechten, die unabdingbar aus der wesenhaften Struktur des Menschen abgeleitet sind, ist somit eine Bedingung menschlicher Gesellschaften und nichts anderes!
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(05-06-2009, 16:34)Presbyter schrieb: In diesem Sinne habe ich nie bestritten, dass es entsprechende Strukutren geben muss, die diese absoluten Rechte schützen müssen. Dies ist in der Tat trivial und unwidersprochen, dass durch die Berufung auf die Menschenrechte nicht gleich die Gewährung folgt. Die Missachtung derselbigen macht das Unrecht deshalb aber nicht richtiger, nur weil diese Gesellschaften (wie z.B. China) diese Rechte nicht anerkennen wollen. Trotz aller Trivialität, sooo einfach ist dies nicht. Du musst aus deiner oder unserer Tradition heraus in der Lage sein, "Menschenwürde" denken zu können. Eine Gesellschaft, die europäischen Individualismus gar nicht kennt, versteht Würde völlig anders, in unserem Sinn: verlogener, nämlich als die unbedingte Pflicht, den Schein ("das Gesicht") zu wahren.
Ekkard schrieb:Sommer und Winter, Frost und Hitze, Tag und Nacht, das Meer und die Luft kümmern sich nicht darum. (05-06-2009, 16:34)Presbyter schrieb: Dieser Satz ist belanglos. Die Natur ist keine Rechtsgesellschaft und kann insofern auch keine Stellung zu Rechtsnormen beziehen. Die Gewährung von Rechten, die unabdingbar aus der wesenhaften Struktur des Menschen abgeleitet sind, ist somit eine Bedingung menschlicher Gesellschaften und nichts anderes! Du hast hier völlig Recht! Diese Anmerkung bezog sich auf das Eingangsstatement. Deine Feststellung: "Die Gewährung von Rechten, die unabdingbar aus der wesenhaften Struktur des Menschen abgeleitet sind, ist somit eine Bedingung menschlicher Gesellschaften ..." halte ich für die korrekte Antwort auf die Threadfrage.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(05-06-2009, 16:34)Presbyter schrieb: Folglich steht im Strafvollzug nicht der Artikel 1 GG und die menschliche Würde zur Disposition, sondern die daraus abgeleiteten anderen Rechte, die unsere Gesellschaft zur freien Verfügung gewährt
nichts anderes meine ich auch
Zitat:Die Frage des Wertes ist in erster Linie unabhängig von seiner Durchsetzung. Wie könnten wir auch sonst den Mangel an gewährten Menschenrechten in China anklagen, wenn wir nicht von ihrer universalen und absoluten Bedeutung ausgehen?
aber wie willst du die "universale und absolute Bedeutung" der menschenrechte, wie wir sie (aus guten und nachvollziehbaren gründen) verstehen, unanfechtbar begründen?
dieses verständnis kann nicht einfach dekretiert oder aufgezwungen werden. es wird in einer konsensentscheidung soweit wie möglich durchgesetzt werden müssen
Zitat:Rechte die nur auf Grund von Machtstrukturen gewährt werden sind so kurzlebig wie die Gefüge, die sie gewähren
und rechte, die ohne berücksichtigung von machtstrukturen proklamiert werden, treten oft nicht einmal in praktische existenz. das mag man (von einzelfall zu einzelfall) bedauern, ist aber als tatsache zur kenntnis zu nehmen
Zitat:Notwendig ist also die Akzeptanz des allgemeinen, natürlichen Rechtes und somit die nachhaltige Schaffung von Strukturen, die diese Rechte schützen
das problem besteht darin, daß ein "natürliches Recht" in welcher ausformung auch immer nicht zweifelsfrei hergeleitet werden kann
Zitat:Auch dir dürfte die selbstevidenz des Argumentes nicht entgehen, dass ein Recht, dass an einem utilitaristischem Nutzen gebunden ist nur so lange gültig ist, solange der Nutzen besteht. Universale Geltung ist etwas anderes!
das eine ist praxis, das andere schwer zu begründen und kaum umzusetzen - es sei denn, im konsens oder kompromiß
Zitat:Das muss ich auch gar nicht, denn ich bin nicht die Autorität die diese Rechte gewährt. Sie sind wesentlicher Teil der menschlichen Natur und als solche unantastbar. Dies ist die Rechtsgrundlage auf der die Menschenrechte verkündet wurden
richtig. und wer sich dieser charta angeschlossen hat, ist auch daran zu messen
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