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Du bist quasi ein "gläubiger Agnostiker", du glaubst, weisst aber nicht genau woran? Find ich gut, interessant.
Der-Einsiedler
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Ja, wenn Dir das gefällt, dann sei es so
(27-04-2010, 13:31)Gundi schrieb: (27-04-2010, 12:57)YA-N schrieb: Hallo, Wool,
ist es für Dich zwingend, an den Gott einer bestimmten Religion/Konfession zu glauben, um "an Gott" zu glauben?
YA-N
Gute Frage. Ich denke es gibt gar nicht so wenig Menschen die an Gott, das Göttliche...,was auch immer,... glauben, ohne sich einer Religion zugehörig zu fühlen. Schließ mich selbst da nicht aus.
Mal schauen was Wool meint...
Ich bin erstmal davon ausgegangen, dass man sich einer Religion anschließt, um z.b. an ihrer Heilsversprechung teil zu haben. Also würde ich Christ werden, weil ich glaube, dass Jesus wirklich der Sohn Gottes war und ich wie er irgendwann zum Himmel fahren kann, wenn die Zeit für mich gekommen ist.
Und es kommt ja so gut wie keine Religion ohne eine solche Hoffnung auf das Leben nach dem Tod aus.
Aber für mich ist das zu sehr Wunschdenken. Ich kann nicht für mich sagen, dass ich einfach an etwas glauben will, weil es mir angenehmer erscheint, auch wenn ich eigentlich um die extrem geringe Wahrscheinlichkeit weiß, dass es wirklich wahr ist.
Ich würde mir auch keine eigene Religion für mich selber "zusammenreimen" wollen, weil es mir dadurch dann besser geht. Das mag für viele sicherlich das richtige sein und auch nicht verwerflich, wenn sie sich dadurch wohler fühlen, aber mir wäre das wieder zu viel Wunschdenken.
Als Agnostiker, bin ich auch nicht felsenfest davon überzeugt, dass es nichts göttliches geben kann. Ich weiß es schlicht und ergriffen nicht. Ich glaube auch nicht, dass man es irgendwie wissen könnte.
Den einzigen "Ermessensspielraum" den ich mir selber einräume, ist das Einschätzen der Wahrscheinlichkeit für die Existenz von Übernatürlichkeit in unserem Universum, und diese halte ich für sehr gering.
Summa summarum ergibt sich daraus mein materialistisches und nihilistisches Weltbild, nicht weil ich mir ein solches wünsche, nein, aber weil es die zwangsläufige Schlussfolgerung meiner Gedanken ist. Es mag negativ klingen, aber ich bin damit im Reinen und trotz meiner Losgelöstheit von allen überirdischen Authoritäten bin ich ein fröhlicher und moralischer Mensch geblieben. Einfach so. Dafür brauche ich keinen Gott.
Der-Einsiedler
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Wool, was verstehst Du denn unter einem "nihilistischen Weltbild"?
Nihilismus als Weltsicht, die keine bislang existierenden Werte anerkennt ("Umwertung aller Werte"; Nietzsche, Benn).
Nihilismus als Weltsicht, nach der man sich von der Welt nur angewidert abwenden kann, da das "Untier Mensch" nicht veränderbar ist (Mainländer, Horstmann).
Nihilismus als Weltsicht, in welcher die Grundlage allen Seins das NICHTS ist, das dem Sein sogar vorzuziehen sei (Lütkehaus, etwa im Sinne Schopenhauers). Dieses ist übrigens durchaus ein "ethischer Nihilismus". Und nach allem, was Du geschrieben hast, würde ich Dich am ehesten noch hier sehen (Du nennst Dich ja selbst "moralisch")
YA-N
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(27-04-2010, 17:48)Wool schrieb: (27-04-2010, 13:31)Gundi schrieb: (27-04-2010, 12:57)YA-N schrieb: Hallo, Wool,
ist es für Dich zwingend, an den Gott einer bestimmten Religion/Konfession zu glauben, um "an Gott" zu glauben?
YA-N
Gute Frage. Ich denke es gibt gar nicht so wenig Menschen die an Gott, das Göttliche...,was auch immer,... glauben, ohne sich einer Religion zugehörig zu fühlen. Schließ mich selbst da nicht aus.
Mal schauen was Wool meint...
Ich bin erstmal davon ausgegangen, dass man sich einer Religion anschließt, um z.b. an ihrer Heilsversprechung teil zu haben. Also würde ich Christ werden, weil ich glaube, dass Jesus wirklich der Sohn Gottes war und ich wie er irgendwann zum Himmel fahren kann, wenn die Zeit für mich gekommen ist.
Und es kommt ja so gut wie keine Religion ohne eine solche Hoffnung auf das Leben nach dem Tod aus.
Aber für mich ist das zu sehr Wunschdenken. Ich kann nicht für mich sagen, dass ich einfach an etwas glauben will, weil es mir angenehmer erscheint, auch wenn ich eigentlich um die extrem geringe Wahrscheinlichkeit weiß, dass es wirklich wahr ist.
Hi,
Ich denke da steckt viel Wahrheit drin. Religionen erscheinen mit ihren sicheren Antworten auf vermeintlich komplizierte Fragen wie "Was ist der Sinn des Lebens?", "Weshalb bin ich hier?" sehr attraktiv für viele Menschen. Die Angst, was nach dem Tod sein könnte, ist ebenfalls für Viele bedrückend. Zu "wissen", dass es nach dem Tod weitergeht, scheint ein äußerst tröstlicher Gedanke zu sein.
auch wenn ich eigentlich um die extrem geringe Wahrhscheinlichkeit weiß... - viele verschließen sich wohl (unterbewusst) vor dieser nüchternen Erkenntnis, weil der Gedanke, dass diese Heilserzählungen wahr sein könnten, so tröstlich ist. Etwas erscheint gar nicht mehr so absurd, wenn das Hirn merkt, dass diese Idee dem Ich gut tut und daraufhin versucht, die Idee schmackhaft bleiben zu lassen.
Der-Einsiedler
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(27-04-2010, 18:46)nidschki schrieb: Religionen erscheinen mit ihren sicheren Antworten auf vermeintlich komplizierte Fragen wie "Was ist der Sinn des Lebens?", "Weshalb bin ich hier?" sehr attraktiv für viele Menschen. Die Angst, was nach dem Tod sein könnte, ist ebenfalls für Viele bedrückend. Zu "wissen", dass es nach dem Tod weitergeht, scheint ein äußerst tröstlicher Gedanke zu sein.
Das ist wohl in etwa so.
Aber längst nicht alle Religionen wollen "sichere Antworten" geben. Der Panentheismus tut das nicht, der Pantheismus tut das nicht, der Buddhismus tut das nicht, und auch der Taoismus tut das nicht. Mir scheint das eher ein "Problem" monotheistischer Religionen zu sein.
Der Taoismus sagt z.B. explizit:
"Der SINN, der sich aussprechen lässt,
ist nicht der ewige SINN.
Der Name, der sich nennen lässt,
ist nicht der ewige Name."
(Laotse: Taoteking, Aphorismus 1, in der Übersetzung von Richard Wilhelm (1873-1930))
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Keine Einwände. Ich hatte ohnehin die abrahamitischen Religionen im Sinn; hätte ich dazuschreiben sollen.
Der-Einsiedler
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Ach so. Ja, ist schon seltsam, dass wir hier meistens davon ausgehen, dass "Religion = abrahamitische Relgion" sei... Aber mir geht es auch oft so.
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Liegt wohl einfach daran, dass sie uns hier in Europa betreffen. Buddhismus, Taoismus, Hinduismus etc. spielen bei uns nicht so eine große Rolle.
Unser Bild von Religion ist eben stark durch das Christentum (und den Islam als "2. große Religion") geprägt.
Pantheismus zb. hat keine Eigenschaften, die die meisten als für eine Religion wichtig erachten würden (kein heiliges Buch, keine Propheten, keine Dogmen usw.). Deshalb wird er nicht unbedingt als Religion wahrgenommen.
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 28-04-2010, 16:16 von Bion.)
(28-04-2010, 15:08)nidschki schrieb: Pantheismus zb. hat keine Eigenschaften, die die meisten als für eine Religion wichtig erachten würden (kein heiliges Buch, keine Propheten, keine Dogmen usw.). Deshalb wird er nicht unbedingt als Religion wahrgenommen.
Der Pantheist hat, wenn man so will, nicht einmal einen Gott, jedenfalls keinen persönlichen! Meinen Pantheismus verstehe ich auch nicht als Religion. Es ist ein Name, der für das Unerklärliche steht. Materiell bin ich ein Teil der Natur, des Kosmos und daher ewig. Das ist zwar eine armselige Unsterblichkeit, aber mehr gibt’s nicht!
MfG B.
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 28-04-2010, 17:02 von petronius.)
(28-04-2010, 15:08)nidschki schrieb: Pantheismus zb. hat keine Eigenschaften, die die meisten als für eine Religion wichtig erachten würden (kein heiliges Buch, keine Propheten, keine Dogmen usw.). Deshalb wird er nicht unbedingt als Religion wahrgenommen.
daoismus hat zwar ein buch und dessen präsumptiven autor (der aber afaik nicht prophetisch auftritt) und stellt sicher gewisse regeln auf, wie denn der "weg" (das dao) am besten zu gehen sei - dennoch würde ich ihn nicht als "religion" sehen, ebensowenig wie den ebenfalls oft unter "religion" gelisteten konfuzianismus. was aber vielleicht auch daran liegt, daß ich geneigt bin, das über die philosophie hinausgehende des praktizierten daoismus als draufgesetztes afterwissen abzutun
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Der-Einsiedler
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Im Daoismus gibt es den philosophischen Daoismus (auch dao-chia genannt), der mit dem, was wir hier unter "Religion" verstehen, nichts mehr zu tun hat. Der "Volks-Daoismus" mit seinen alchemistischen Bräuchen etc. kommt dem, was wir hier unter "Religion" verstehen, näher. Der Volks-Daoismus hat übrigens auch den "Autoren" des Daodejing, Laotzi, zu einem Gott gemacht.
Dao-Chia kann durchaus als atheistische Philosophie verstanden werden, wie der frühe Buddhismus (Theravada) auch.
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(28-04-2010, 16:13)Bion schrieb: Materiell bin ich ein Teil der Natur, des Kosmos und daher ewig. Das ist zwar eine armselige Unsterblichkeit, aber mehr gibt’s nicht! Coole Sicht der Dinge - wenn ich das mal so sagen darf... :icon_cheesygrin:
Was genau ist für Dich denn das Unerklärliche?
Der Wissenschaftler denkt über seine Umwelt nach, entwirft eine Theorie die sie erklären soll, überprüft seine Theorie anhand von Experimenten an der Realität, verwirft sie wenn sie sich als falsch erweist und sucht nach einer besseren Erklärung.
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(29-04-2010, 13:10)elwaps schrieb: Was genau ist für Dich denn das Unerklärliche?
Die Frage nach dem Seienden ist für mich unerklärlich.
Das europäische Seins-Denken hatte seinen Anfang mit Parmenides. Er meinte, dass Sein und Nicht-Sein einander in jeder Hinsicht ausschließen und daher das, was ist, unentstanden sein müsse und unvergänglich bleibe.
Wenn man Gott außen vorlässt, muss man sich damit, denke ich, zufriedengeben.
MfG B.
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Mit dem "Seienden" meinst Du das Universum, richtig?
In diesem IST nämlich alles.
Der Wissenschaftler denkt über seine Umwelt nach, entwirft eine Theorie die sie erklären soll, überprüft seine Theorie anhand von Experimenten an der Realität, verwirft sie wenn sie sich als falsch erweist und sucht nach einer besseren Erklärung.
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