Der Evolutionsinteressierte bekommt von Antievolutionisten meist die Lückenhaftigkeit des Fossilbefunds gegen die Evolutionstheorie ins Felde geführt, das heißt es wird behauptet, das regelmäßige Fehlen von Übergangsformen widerlege die Hypothese vom kontinuierlichen Artenwandel und dazuhin die gesamte Abstammungslehre:
"Aus paläontologischer Sicht kann zwar vielfach ein erdgeschichtlich nacheinander erfolgtes Auftreten neuer und 'höherer' Baupläne bewiesen werden, jedoch (...) keine realgenetische Stammesentwicklung, da echte Übergangsformen regelmäßig fehlen. Es scheint an der Zeit, die neodarwinistische Theorie zu korrigieren oder ganz aufzugeben (...)" "Als Fazit (...) betont auch Oskar Kuhn (...) 'Mit der Feststellung, daß die Typen und Subtypen unvermittelt auftreten, ist die klassische Abstammungslehre, deren Sinngebung ja gerade darin lag, daß sie kleinste Schritte, die keiner eigentlichen Erklärung zu bedürfen scheinen, zu großen Wirkungen addierte, widerlegt.' "
(KAHLE, 1999)
Nun ist der Feststellung, daß zwischen den Fossilien große Lücken klaffen, zwar zuzustimmen, KAHLEs sowie KUHNs Schlußsentenz muß aber aus mehreren Gründen zurückgewiesen werden.
Grundsätzlich rührt ein Großteil der Lücken von der Unvollständigkeit der fossilen Zeugnisse her. Im Regelfalle werden tote Tierkörper und Pflanzenreste schnell der Verwesung preisgegeben. Hartteile haben - insbesondere in marinen Habitaten - größere Chancen, überliefert zu werden, und dennoch bleibt nur ein winziger Bruchteil fossil erhalten (KUTSCHERA, 2001). Solche Tierstämme, deren Vertreter überhaupt keine Hartteile aufweisen, sind fossil sogar überwiegend unbekannt und nur in Einzelfällen dokumentiert worden (ZIEGLER, 1972). Daraus erklärt sich, daß von den nichtsklerotisierten Frühformen des Lebens aus dem Präkambrium in aller Regel Zeugnisse fehlen (HASZPRUNAR, 1994).
Ein hinsichtlich der Fossiliendokumentation limitierender Faktor resultiert auch aus der Lebensweise von Individuen. Organismen, die sich etwa in tropischen Gebieten, in der Luft oder in turbulenten Meereszonen aufhalten, werden nach ihrem Tod überdurchschnittlich rasch zersetzt. Desweiteren führt die Gesteinserosion häufig zur Zerstörung von Fossilien, sofern der Prozeß nicht (etwa durch eine schützende Basaltdecke) unterbunden wird (ein Beispiel liefern DMITRIEVA und NESMEJANOV, 1982). Fossilien dürfen im Laufe der Erdgeschichte auch nicht - etwa im Kontakt mit Magma und infolge des Herrschens hoher Drücke - zerstört werden, was oft der Fall ist. Entsprechend sind aus geologisch älteren Perioden in der Regel weniger Details überliefert als aus jüngeren Zeiten (FOOTE und RAUP, 1996). Und schließlich müssen Fossilien erst einmal gefunden werden, bevor man sie überhaupt paläobiologisch einordnen kann (MAHNER, 1986).
Der Umstand, daß der tatsächliche Fund eines fossilierten Tier- oder Pflanzenkörpers jedesmal einen ausgesprochenen Glücksfall darstellt, läßt sich daran ermessen, daß man in allen Museen der Erde kaum mehr als etwa 250000 Exponate zusammengetragen hat, die man als verschiedene - einen erdgeschichtlichen Zeitraum von über 500 Millionen Jahre repräsentierende - Morphen bzw. Arten werten kann (Zahlen in Anlehnung an JUNKER und SCHERER, 1998). Wenn man bedenkt, daß bis heute mindestens 1,5 Millionen lebende Arten bekannt sind und die Zahl der im Laufe der letzten Milliarde Jahre wieder verschwundenen Arten und Entwicklungslinien diesen Wert noch beträchtlich (nach den vorsichtigsten Schätzungen mindestens um das zehnfache!) übersteigt (KÄMPFE, 1992), dann zeugen schon diese einfachen Zahlenverhältnisse von der Existenz einer sehr großen Überlieferungslücke (REMANE et al., 1973).
Solchen Überlegungen wird gelegentlich der Versuch entgegengestellt, die Rolle der fragmentarischen Überlieferung als Ursache für die Lücken im Fossilienbefund durch eigens angestellte Erhebungen kleinzurechnen (ein Beispiel verkörpert LÖNNIG, 1991). Doch abgesehen von der fragwürdigen Aussagekraft derartiger Präsentationen ist es eigentlich müßig, solche Kalkulationen anzustellen. Selbst wenn man sie für bare Münze nehmen und die Lücken nicht als Artefakt einer unvollständigen Fossilienüberlieferung akzeptieren könnte, wäre damit allenfalls die Vorstellung von der gradualistisch verlaufenden Stammesentwicklung infrage gestellt, nicht aber die Faktizität der Stammesentwicklung (SCHINDEWOLF, 1960).
Der Grund liegt darin, daß die fossilen Dokumente ungeachtet ihrer Lückenhaftigkeit zentrale Erwartungen der Abstammungshypothese erfüllen, so daß eine evolutionäre Entwicklung angenommen werden muß: Wir stellen im Laufe der geologischen Zeit keinen chaotischen Wandel der Fossilien fest, sondern konstatieren eine gesetzmäßige Abänderung der Formen. In stufenweiser Abfolge erscheinen komplexer strukturierte Lebewesen auf der Bühne des Lebens, die sich sukzessive den heutigen Formen annähern (REMANE et al., 1973; MAHNER, 1986). In der Frage der Bejahung einer evolutionären Stammesgeschichte spielen also keine lückenlose Fossilienreihen sondern die besprochenen Gesetzmäßigkeiten in der Fossilienabfolge eine Rolle.
"Aus paläontologischer Sicht kann zwar vielfach ein erdgeschichtlich nacheinander erfolgtes Auftreten neuer und 'höherer' Baupläne bewiesen werden, jedoch (...) keine realgenetische Stammesentwicklung, da echte Übergangsformen regelmäßig fehlen. Es scheint an der Zeit, die neodarwinistische Theorie zu korrigieren oder ganz aufzugeben (...)" "Als Fazit (...) betont auch Oskar Kuhn (...) 'Mit der Feststellung, daß die Typen und Subtypen unvermittelt auftreten, ist die klassische Abstammungslehre, deren Sinngebung ja gerade darin lag, daß sie kleinste Schritte, die keiner eigentlichen Erklärung zu bedürfen scheinen, zu großen Wirkungen addierte, widerlegt.' "
(KAHLE, 1999)
Nun ist der Feststellung, daß zwischen den Fossilien große Lücken klaffen, zwar zuzustimmen, KAHLEs sowie KUHNs Schlußsentenz muß aber aus mehreren Gründen zurückgewiesen werden.
Grundsätzlich rührt ein Großteil der Lücken von der Unvollständigkeit der fossilen Zeugnisse her. Im Regelfalle werden tote Tierkörper und Pflanzenreste schnell der Verwesung preisgegeben. Hartteile haben - insbesondere in marinen Habitaten - größere Chancen, überliefert zu werden, und dennoch bleibt nur ein winziger Bruchteil fossil erhalten (KUTSCHERA, 2001). Solche Tierstämme, deren Vertreter überhaupt keine Hartteile aufweisen, sind fossil sogar überwiegend unbekannt und nur in Einzelfällen dokumentiert worden (ZIEGLER, 1972). Daraus erklärt sich, daß von den nichtsklerotisierten Frühformen des Lebens aus dem Präkambrium in aller Regel Zeugnisse fehlen (HASZPRUNAR, 1994).
Ein hinsichtlich der Fossiliendokumentation limitierender Faktor resultiert auch aus der Lebensweise von Individuen. Organismen, die sich etwa in tropischen Gebieten, in der Luft oder in turbulenten Meereszonen aufhalten, werden nach ihrem Tod überdurchschnittlich rasch zersetzt. Desweiteren führt die Gesteinserosion häufig zur Zerstörung von Fossilien, sofern der Prozeß nicht (etwa durch eine schützende Basaltdecke) unterbunden wird (ein Beispiel liefern DMITRIEVA und NESMEJANOV, 1982). Fossilien dürfen im Laufe der Erdgeschichte auch nicht - etwa im Kontakt mit Magma und infolge des Herrschens hoher Drücke - zerstört werden, was oft der Fall ist. Entsprechend sind aus geologisch älteren Perioden in der Regel weniger Details überliefert als aus jüngeren Zeiten (FOOTE und RAUP, 1996). Und schließlich müssen Fossilien erst einmal gefunden werden, bevor man sie überhaupt paläobiologisch einordnen kann (MAHNER, 1986).
Der Umstand, daß der tatsächliche Fund eines fossilierten Tier- oder Pflanzenkörpers jedesmal einen ausgesprochenen Glücksfall darstellt, läßt sich daran ermessen, daß man in allen Museen der Erde kaum mehr als etwa 250000 Exponate zusammengetragen hat, die man als verschiedene - einen erdgeschichtlichen Zeitraum von über 500 Millionen Jahre repräsentierende - Morphen bzw. Arten werten kann (Zahlen in Anlehnung an JUNKER und SCHERER, 1998). Wenn man bedenkt, daß bis heute mindestens 1,5 Millionen lebende Arten bekannt sind und die Zahl der im Laufe der letzten Milliarde Jahre wieder verschwundenen Arten und Entwicklungslinien diesen Wert noch beträchtlich (nach den vorsichtigsten Schätzungen mindestens um das zehnfache!) übersteigt (KÄMPFE, 1992), dann zeugen schon diese einfachen Zahlenverhältnisse von der Existenz einer sehr großen Überlieferungslücke (REMANE et al., 1973).
Solchen Überlegungen wird gelegentlich der Versuch entgegengestellt, die Rolle der fragmentarischen Überlieferung als Ursache für die Lücken im Fossilienbefund durch eigens angestellte Erhebungen kleinzurechnen (ein Beispiel verkörpert LÖNNIG, 1991). Doch abgesehen von der fragwürdigen Aussagekraft derartiger Präsentationen ist es eigentlich müßig, solche Kalkulationen anzustellen. Selbst wenn man sie für bare Münze nehmen und die Lücken nicht als Artefakt einer unvollständigen Fossilienüberlieferung akzeptieren könnte, wäre damit allenfalls die Vorstellung von der gradualistisch verlaufenden Stammesentwicklung infrage gestellt, nicht aber die Faktizität der Stammesentwicklung (SCHINDEWOLF, 1960).
Der Grund liegt darin, daß die fossilen Dokumente ungeachtet ihrer Lückenhaftigkeit zentrale Erwartungen der Abstammungshypothese erfüllen, so daß eine evolutionäre Entwicklung angenommen werden muß: Wir stellen im Laufe der geologischen Zeit keinen chaotischen Wandel der Fossilien fest, sondern konstatieren eine gesetzmäßige Abänderung der Formen. In stufenweiser Abfolge erscheinen komplexer strukturierte Lebewesen auf der Bühne des Lebens, die sich sukzessive den heutigen Formen annähern (REMANE et al., 1973; MAHNER, 1986). In der Frage der Bejahung einer evolutionären Stammesgeschichte spielen also keine lückenlose Fossilienreihen sondern die besprochenen Gesetzmäßigkeiten in der Fossilienabfolge eine Rolle.
Aut viam inveniam aut faciam