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Das Christentum und die Liebe
#17
Hallo,

ich möchte zunächst für den Beitrag danken. Für mich ist dieser Punkt der entscheidende in der Religion. Die Nächstenliebe ist das, was das Christentum für mich als die richtige Religion legitimiert.

Vielem kann ich hier zustimmen. Ganz besonders Ekkards Bemerkungen.

Zum historischen Zusammenhang:

Ich glaube, die neutestamentliche Nächstenliebe, wie sie nicht nur in Mt. Bergpredigt zum Ausdruck kommt, sondern im "Gesamtwerk NT", im Gesamtwirken Jesu, muss noch viel deutlicher gegen das AT abgegrenzt werden. Die Wissenschaft geht m.E. allerdings in die entgegengesetzte Richtung. Das war und ist sicher auch bis zu einem bestimmten Punkt wichtig und richtig. Das Problem im AT war aber doch, dass viele von Jesus dann später verdeutlichte Grundzüge der Nächstenliebe zwar schon direkt und auch durch Rabbiinterpretationen angelegt waren (auch was über die Nächstenliebe nach Lev 19,18, die wohl nicht die Feindesliebe beinhaltete, bereits hinausging), aber vieles eben auch für Hass und Rache sprach. Vieles drohte auch unterzugehen in hunderten von aus heutiger Sicht kaum noch nachvollziehbaren Geboten und Verboten. Und eben auch in sehr unterschiedlichen Interpretationen der Rabbis. Auch die Hinweise, dass Auge um Auge doch eher eine Begrenzung der Blutrache als eine Aufforderung dazu sei, geht nicht weit genug. Die jüdisch/römische Staatsmacht mag hier verstärkt zu Sachentschädigungen gegriffen haben, aber wenns beliebte, waren schlimme Folgen sowohl von der Obrigkeit, als auch von privater Hand zu fürchten (nicht selten über Generationen, bis heute, was die Aktualität einer notwendigen Reform der Barmherzigkeit und Vergebung aufzeigt).

Worte und Werk Jesu hat hier Klarheit geschaffen. Gebote wurden zeitlos auf das Wesentliche beschränkt. Und natürlich auch trotzdem noch viele Fragen zur Interpretation offen gelassen.

Notwehr und ihre Interpretation ist so eine offene Frage. Auch die Zwei- Reiche-Lehre.

Ich wäre vorsichtig mit der historischen Interpretation was die Bedeutung der Nächstenliebe in der Vergangenheit betrifft. Nun hat das NT zweifellos (wohl besonders wegen der Nächstenliebe) es zu Weltruhm gebracht. Historisch betrachtet, erschien Jesus aber doch nur als ein Rabbi aus armen Verhältnissen, der wie viele andere auch, gekreuzigt wurde. Ohne die nachträgliche Verbreitung seiner Lehre (angereichert mit Wundern und sicher populär durch die Botschaft selbst) wäre er wohl in der Weltgeschichte untergegangen. Was ich damit sagen will, ist, dass Gutes eben auch im Verborgenen blüht. Jesus war kein Superstar Gott auf dieser Erde. Die Bescheidenheit war bewusst gewählt. Das musste nicht zwangsläufig Eingang in die Geschichtsbücher finden wie das römische oder deutsche Reich.

Franz von Assisi und die Franziskaner mögen ein Beispiel dafür sein, dass es solche "Pflänzchen" schon früher gab (und sie auch mal registriert wurden).

Was ist Nächstenliebe? Ich würde es aufgliedern in Respekt, Hilfsbereitschaft, Barmherzigkeit, Gutmütigkeit, Einfühlungsvermögen, Mitleid.

Das ist schon mal ne ganze Menge. Lassen wir mal einen Augenblick die schwierige Situation außen vor, dass sich zwei Völker/Menschen bekämpfen und wie das unter den Geboten des NT zu verstehen ist. Zumindest ab einem bestimmten Punkt, wenn mein Gegner wehrlos am Boden liegt, kann ich Hilfe leisten. Der Umgang mit Kriegsgefangenen nach der Genfer Konvention ist so ein Beispiel. Vielleicht war es bis zu einem bestimmten Punkt "Notwehr", ab einem bestimmten Punkt ist es das nicht mehr, und dann ist meine Hand gefragt, die (spätestens) dann anders wirkt, als im Kampf zuvor. Das gilt auch für verbale Auseinandersetzungen im Alltag. Dies zum Mindestumgang mit Feinden und Gegnern.

Bei dem heutigen Waffenpotenzial stellt sich bei entsprechender Anwendung die Frage nach Verletzten und Gefangenen kaum noch (abgesehen von den immer noch "populären" und verbreiteten konventionellen Kriegen und Häuserkämpfen). Also um die Frage der Erst- und Zweitanwendung von Gewalt komme ich so oder so nicht herum, nur dass ich da nicht falsch verstanden werde.

Ich kann auch zustimmen, dass der Mensch eben die oben beschriebenen "Tugenden" genauso in sich trägt, wie Rachegelüste und Wut und Egoismus. Wenn Gott den Menschen geschaffen hat, dann mit all diesen Eigenschaften. Die Evolution und Verhaltensforschung zeigt uns, dass Egoismus überlebensnotwendig ist und zur "optimalen" Weitergabe unserer Gene wohl eine entscheidende Rolle spielt. Nehmen wir auch das als gottgegeben an. Bleibt die Frage, ob das alles ist? Für einen Christen ist so eine ausschließlich egoistische Welt nicht erstrebenswert und ich denke für die gesamte Menschheit nicht (wo man es Humanismus nennen mag).

Aber, auch das ist richtig, das Verhalten hängt auch von vielen Faktoren ab, die uns eine Beurteilung erschweren. Gene, Erziehung, gute wie schreckliche Lebenserfahrung prägen das Verhalten. Wir können das nicht abschließend für jedes Individuum beurteilen, aber vielleicht eine andere Macht.

Ich würde mir mehr Beiträge zu diesem Thema wünschen.

Gruß

paxinsulae
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Das Christentum und die Liebe - von Bion - 06-11-2011, 20:55
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