(21-11-2011, 23:27)Mustafa schrieb: Magst du kurz mal ausführen, wie du dir wissenschaftliche Entscheidungen über moralische Dinge vorstellst ?
Harris Argumentationslinie geht in etwa so:
Wir alle haben weitestgehend übereinstimmende Ansichten über einen Begriff, denn er well-being nennt. Ich nehme mal das deutsche Wort Wohlbefinden dafür, auch wenn es das nicht ganz trifft. Zwar gibt es aber keine exakte Definition des Begriffs, aber wir sind uns wohl einig, dass das Wohlbefinden höher ist, wenn wir z.B. in einer friedlichen Umgebung mit ausreichend Geld und ohne Angst vor Gewalt leben als wenn wir in einer zerbombten Bürgerkriegsregion leben, in der alles zusammen gebrochen ist.
Die Analogie wäre eben z.B. Gesundheit, die wir auch nicht exakt definieren können, bei der wir aber auch eine ganz gute Vorstellung davon haben, was Gesundheit bedeutet. Auch hier wird niemand bestreiten, dass man ohne eine akute Grippeinfektion mit 40° Fieber gesünder ist als mit. Und es wird auch niemand bestreiten, dass man wissenschaftlich bewerten kann, ob etwas dieser Gesundheit förderlich oder hinderlich ist.
Basierend auf diesem Begriff von Wohlbefinden beschreibt er eine Tat dann als moralisch, wenn ihre Auswirkungen das Wohlbefinden aller Betroffenen erhöhen und als unmoralisch, wenn sie es senkt.
Unter diesem Aspekt ist eine Tat untersuch- und auch bewertbar. Nicht immer zweifelsfrei, nicht immer ohne Widersprüche und nicht immer absolut. Aber es ist prinzipiell möglich.
Erst wenn es um unbedeutenden Kleinkram geht, werden Auseinandersetzungen wirklich bitter.

