02-02-2005, 12:04
Zum Verständnis des Johannes-Evangeliums
gehört in meiner Sicht auch, dass man sich die Umstände klar macht, unter denen es geschrieben wurde,
wer es wann wo schrieb und welches Bekenntnis zu Jesus er damit ablegen wollte,
im Unterschied zu den anderen drei Evangelien,
die wiederum Bekenntnisse ihrer Verfasser sind.
Um es kurz zu machen, zitiere ich aus einem Nachschlagewerk für Religionslehrer und erläutere nur Fachausdrücke in Klammern:
Johannesevangelium
(aus: Gert Otto: Grundwissen zur Theologie. Furche-Verlag, S. 153, 156)
FASSUNGSZEIT: gegen Ende des 1. Jahrhunderts
FASSUNGSORT: im Osten, wahrscheinlich in Syrien
VERFASSER
Der Verf. ist weder der »Lieblingsjünger« (13,23; 19,26; 20,2; 21,7.20)
noch ein Augenzeuge (21,24; 19,35 sind spätere redaktionelle Einschübe), schon gar nicht aber der früh verstorbene Zebedaide Johannes (vgl. Mk 10,39)
oder gar der Presbyter Johannes (vgl. 2.Joh 1).-
Verf. ist vielmehr ein unbekannter, gnostisierender Heidenchrist der nachapostolischen Generation im transjordanisch-syrischen Raum.
Der heutige Text des JohEv ist das Ergebnis einer frühkatholisch-altkirchlichen Redaktion.
THEOLOGISCHE EIGENART
1. Das JohEv ist ein Werk des Protestes gegen die eschatologische (nur auf das kurz bevorstehende Weltgericht fixierte) Entleerung der Gegenwart.
2. a) Der Verf. hat als erster die in seinen Gemeinden umlaufende gnostisierende Wortüberlieferung mit der hellenistischen Geschichtentradition zu einem fortlaufenden Evangelium als Geschichtserzählung verbunden.
b) Der Verf. ist der einzige Zeuge im NT, der bewußt Präexistenz- und Inkarnationschristologie (die Jesus als physische Fleischwerdung des Schöpfergottes, der vor der Schöpfung schon da war, ansah) mit Jesusstoffen verbunden hat.
3. Der Verf. bietet seine Theologie durch fiktive biographische, chronologische und geographische Datierung in der Form einer Geschichtserzählung dar, um antidoketisch (gegen die Auffassung, Gott sei in Jesus nur zum Schein Mensch geworden) - die Geschichtlichkeit und Menschlichkeit Jesu festzuhalten.
4. Gegen die dualistische Gnosis mit ihrer Weltverachtung behauptet der Prolog mit der jüdisch-hellenistischen Weisheitstheologie (vgl. Spr. 8 ), daß die Welt vom Wort geschaffen ist.
5. Gott begegnet allein im Wort (1,14) und in der Liebe (14,23; vgl. Joh. 4,8.16).
6. Die Worte Jesu richten sich an seine Jünger damals und ebenso an die johanneischen Gemeinden (5,25; 16,32), so daß die Darstellung der Vergangenheit zur unmittelbaren Anrede in der Gegenwart wird.
7. Von der gegenwärtigen Geisterfahrung (14,16 f; 16,5 ff.), also von der eschatologischen Gegenwart her wird das »Damals« der irdischen Geschichte Jesu geradezu zum Spiegelbild der geistlichen Erfahrung des gegenwärtigen Christseins.
8. Der Verf. löst das Christsein von der Bindung an eine Institution; den Begriff der »Kirche« verwendet er offenbar bewußt nicht. Wahres Christsein (8,3-1) geschieht im Hören des Wortes und im Tun der Liebe (13,34).
9. Jesus gilt als Beispiel der Liebe (13,1.15; 15,18 ), und seine Forderung konzentriert sich im Gebot der Bruderliebe (13,34 f; 15,12 f.)
10. Der nie mit Namen genannte, erst von der Redaktion in 19,35; 21,24 mit dem Verfasser identifizierte »Lieblingsjünger« ist eine Idealgestalt des Christen, der Typos echter Jüngerschaft.
11. Für den Verf. ist die Zeit der Wunder vorbei. Den Schwachen wird zwar das Wunder von Jesus gewährt, aber der wahre Glaube bedarf keiner sinnfälligen Mirakel (20,29).
gehört in meiner Sicht auch, dass man sich die Umstände klar macht, unter denen es geschrieben wurde,
wer es wann wo schrieb und welches Bekenntnis zu Jesus er damit ablegen wollte,
im Unterschied zu den anderen drei Evangelien,
die wiederum Bekenntnisse ihrer Verfasser sind.
Um es kurz zu machen, zitiere ich aus einem Nachschlagewerk für Religionslehrer und erläutere nur Fachausdrücke in Klammern:
Johannesevangelium
(aus: Gert Otto: Grundwissen zur Theologie. Furche-Verlag, S. 153, 156)
FASSUNGSZEIT: gegen Ende des 1. Jahrhunderts
FASSUNGSORT: im Osten, wahrscheinlich in Syrien
VERFASSER
Der Verf. ist weder der »Lieblingsjünger« (13,23; 19,26; 20,2; 21,7.20)
noch ein Augenzeuge (21,24; 19,35 sind spätere redaktionelle Einschübe), schon gar nicht aber der früh verstorbene Zebedaide Johannes (vgl. Mk 10,39)
oder gar der Presbyter Johannes (vgl. 2.Joh 1).-
Verf. ist vielmehr ein unbekannter, gnostisierender Heidenchrist der nachapostolischen Generation im transjordanisch-syrischen Raum.
Der heutige Text des JohEv ist das Ergebnis einer frühkatholisch-altkirchlichen Redaktion.
THEOLOGISCHE EIGENART
1. Das JohEv ist ein Werk des Protestes gegen die eschatologische (nur auf das kurz bevorstehende Weltgericht fixierte) Entleerung der Gegenwart.
2. a) Der Verf. hat als erster die in seinen Gemeinden umlaufende gnostisierende Wortüberlieferung mit der hellenistischen Geschichtentradition zu einem fortlaufenden Evangelium als Geschichtserzählung verbunden.
b) Der Verf. ist der einzige Zeuge im NT, der bewußt Präexistenz- und Inkarnationschristologie (die Jesus als physische Fleischwerdung des Schöpfergottes, der vor der Schöpfung schon da war, ansah) mit Jesusstoffen verbunden hat.
3. Der Verf. bietet seine Theologie durch fiktive biographische, chronologische und geographische Datierung in der Form einer Geschichtserzählung dar, um antidoketisch (gegen die Auffassung, Gott sei in Jesus nur zum Schein Mensch geworden) - die Geschichtlichkeit und Menschlichkeit Jesu festzuhalten.
4. Gegen die dualistische Gnosis mit ihrer Weltverachtung behauptet der Prolog mit der jüdisch-hellenistischen Weisheitstheologie (vgl. Spr. 8 ), daß die Welt vom Wort geschaffen ist.
5. Gott begegnet allein im Wort (1,14) und in der Liebe (14,23; vgl. Joh. 4,8.16).
6. Die Worte Jesu richten sich an seine Jünger damals und ebenso an die johanneischen Gemeinden (5,25; 16,32), so daß die Darstellung der Vergangenheit zur unmittelbaren Anrede in der Gegenwart wird.
7. Von der gegenwärtigen Geisterfahrung (14,16 f; 16,5 ff.), also von der eschatologischen Gegenwart her wird das »Damals« der irdischen Geschichte Jesu geradezu zum Spiegelbild der geistlichen Erfahrung des gegenwärtigen Christseins.
8. Der Verf. löst das Christsein von der Bindung an eine Institution; den Begriff der »Kirche« verwendet er offenbar bewußt nicht. Wahres Christsein (8,3-1) geschieht im Hören des Wortes und im Tun der Liebe (13,34).
9. Jesus gilt als Beispiel der Liebe (13,1.15; 15,18 ), und seine Forderung konzentriert sich im Gebot der Bruderliebe (13,34 f; 15,12 f.)
10. Der nie mit Namen genannte, erst von der Redaktion in 19,35; 21,24 mit dem Verfasser identifizierte »Lieblingsjünger« ist eine Idealgestalt des Christen, der Typos echter Jüngerschaft.
11. Für den Verf. ist die Zeit der Wunder vorbei. Den Schwachen wird zwar das Wunder von Jesus gewährt, aber der wahre Glaube bedarf keiner sinnfälligen Mirakel (20,29).
"Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche!" (Gustav Mahler nach Thomas Morus)