Themabewertung:
  • 1 Bewertung(en) - 1 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
die welt ist so schlecht, und ich muß auch gleich kotzen
#7
(20-07-2012, 18:42)petronius schrieb: “ die welt ist so schlecht, und ich muß auch gleich kotzen“, das scheint mir das motto zu sein, unter dem nicht wenige gläubige doch recht oft ihr weltbild ausbreiten
Trotz der nachfolgenden Erläuterungen verstehe ich die Fragestellung nicht so ganz. Alles Aufgezählte sind Aspekte des Zusammenlebens einschließlich der Machtgelüste und Befürchtungen, die nun mal da sind. „Gott wird’s schon richten“, ist eine sehr einfältige Art des Glaubens bzw. der Begründung, „sich einen Gott zu konstruieren“.
Im Normalfall bekümmert mich die Frage nach Gott in keiner Weise. „Man“ weiß (als Christ), dass Gutgehen und Schlechtgehen sehr ungleich in der Welt verteilt sind, und dass es zahlreiche Ermahnungen quer durch die Tradition gibt, dies zu mildern, wenn nicht zu beseitigen.
Paradies oder Hölle, Theodizee und himmlische Heerscharen werden nicht helfen, sondern nur die „helfenden Hände“. Darin liegt die rationale Verpflichtung des Glaubens. Alles andere ist Beiwerk, welches in der Tat gelegentlich – und besonders in Foren – heiß diskutiert wird. Aber mit der Realität gemeindlicher Arbeit, sprich des Glaubenslebens, hat das nur soviel zu tun, dass es Menschen gibt, denen der theologische überbau sehr wichtig ist.
Ich stimme jenen zu, die im Allgemeinen „Interesse an einem guten Miteinander“ haben und – ja – ihr Leben genießen.
Leider gibt es aber auch jene Fälle, wo einzeln oder global Menschen verfolgt, geknechtet, beraubt und gemordet werden. Aber daran ändert auch mein Glaube (und der vieler anderer) nichts. Das braucht nicht betont zu werden. Die Frage ist nur, ob es Vorstellungen gibt, die auch in solchen Fällen, das seelische Gleichgewicht bewahren bzw. wieder herstellen. Nach der Flutkatastrophe in Haiti war es wohl so, dass den Menschen in der ersten Wochen ihr Glaube sehr geholfen hat. Auf lange Sicht reicht das natürlich nicht. Auch das bedarf keiner besonderen Erwähnung.
Noch ein paar Worte zur Verantwortlichkeit: So, wie es bei dir klingt, kommt Verantwortlichkeit von außen, z. B. durch die Eltern. Ich denke, dass eine Verantwortlichkeit, die von außen kommt, in entscheidenden Situationen nicht trägt. Dazu sind die Aufgabenstellungen zu komplex und die konkreten Situationen zu unübersichtlich. Soweit Verantwortung nicht verteilt (delegiert) werden kann, muss sie – überspitzt ausgedrückt – aus dem Herzen kommen, notfalls unter Einsatz des Lebens. Andererseits ist es vernünftig vor komplexen Aufgaben Verantwortung aufzuteilen (zu delegieren).
Richtig ist natürlich, dass wir vielfach im Leben mit Verantwortlichkeiten konfrontiert werden. Der Rückgriff auf eine ewige Instanz kann dabei sehr nützlich sein, ist aber nicht als Gängelband zu verstehen, wie hier schon mehrfach heftig diskutiert. Ein solches Gottesbild wäre brüchig. Wir leben nicht nach Vorschriften, sondern nach gefühlsmäßig trainierten Haltungen – ob mit oder ohne Gottesbezug.
(20-07-2012, 18:42)petronius schrieb: es ist die alte klage über die schlimme welt, …
Das mag es geben, ist aber nicht der Normalfall.
Überhaupt gewinne ich den Eindruck, hier wird eine „Jeremiade“ angeleiert und gleich anschließend bekämpft, die nur in seltenen Fällen zutrifft. Pessimismus ist natürlich eine von vielen Haltungen. Für besonders gesund halte ich sie nicht.
Glaube an Gott aufgrund von Minderwertigkeitsgefühlen? Wie kann der Glaube an eine höhere Instanz daran etwas ändern? Im Gegenteil, das Erleben des eigenen Versagens untergräbt den Glauben. Wenn Glaube nicht befreien würde, blieben wir Knechte des stetigen Versagens.
Glaube ist in erster Linie Vertrauen in richtiges und gutes Tun.
(20-07-2012, 18:42)petronius schrieb: merkwürdig nur, daß, je besser es den leuten geht, je mehr sie also ihre eigenen angelegenheiten selber in die hand nehmen …
Ganz recht! Genau das ist die Haltung eines selbstverantwortlichen Menschen, der sich seiner selbst bewusst ist und die Maximen seines Handelns kennt. Gott ist der Zielpunkt und nicht der Tritt in den (trägen) Hintern.
(20-07-2012, 18:42)petronius schrieb: oder ist der zusammenhang zwischen ursache und wirkung am ende genau umgekehrt?
So einfach laufen die Dinge im menschlichen Zusammenleben eben nicht. Aus deinen Statements hört man: „Gott ist der Vorschriftengeber“. Ich denke der Gläubige sieht mehr das Ziel gerechten Handelns vor Augen. Nur „nach Vorschriften“, würden wir überhaupt nichts auf die Reihe bekommen, weil wir ständig gegen unser Gefühl leben müssten. „Du musst“, „du sollst“, sonst folgt die Höllenstrafe ist passé und würde uns zu seelischen Krüppeln machen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: die welt ist so schlecht, und ich muß auch gleich kotzen - von Ekkard - 21-07-2012, 00:44

Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Bargeldloser Zahlungsverkehr auch kultisch motiviert ? Sinai 1 2261 17-07-2022, 09:41
Letzter Beitrag: Ulan
  Eine Welt ohne Glaube augustinus 210 228212 06-10-2020, 10:15
Letzter Beitrag: Davut
  Gott und die Welt wassermelone23 19 18147 06-05-2020, 21:09
Letzter Beitrag: Geobacter

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: