09-08-2012, 15:06
(09-08-2012, 13:07)schmalhans schrieb: Die Deutungshoheit liegt nun mal beim Klerus, nicht bei den Laien. In streng hierarchischen und autoritären Vereinigungen wie den Kirchen gilt es nun mal das, was Papst, Bischöfe etc. sagen. Und wenn sie zur Tötung von Ketzern aufrufen, dann ist das die offizielle Lehre und Handlungsweise – egal was ich als Laien davon halte. Mitgefangen – mitgehangen.Das galt wohl früher, aber heute nicht mehr. Heute, wo jeder sich selbst informieren kann und nicht mehr darauf angewiesen ist, was der Pfarrer ihm vorpredigt (oder verschweigt), können auch die Kirchen nicht mehr zu Mord und Totschlag gegen Andersgläubige aufrufen, denn es gibt genug Leute, die ihnen nachweisen könnten, dass das nicht der eigentlichen Lehre entspricht. Was natürlich auch daran liegt, dass der Staat die Menschenrechte garantiert, und dazu gehören eben auch das Recht auf Leben und auf eine eigene Meinung. In vielen islamischen Ländern läuft das ja leider anders.
Die Unterwerfung unter religiöse Autoritäten gehört nach den Evangelien NICHT zur Lehre Jesu, auch wenn die Kirchen das vielleicht gern hätten.
(09-08-2012, 13:07)schmalhans schrieb:(09-08-2012, 09:54)Lelinda schrieb: Richtige Fakten über menschliche Eigenschaften kannst du von den Religionen nicht erwarten.
Du meinst Erkenntnisse darüber, was „richtig“ und was „falsch“ ist, also Moral? Religionen behaupten das aber von sich. Und behaupten sogar, sie hätten ein Monopol darauf.
Stimmt, das behaupten sie. Zur Zeit der Religionsstifter (gewöhnlich vor ein paar tausend Jahren) könnten diese „Erkenntnisse“ wohl auch für die meisten Menschen glaubhaft gewesen sein. Sonst hätten die Stifter keine Anhänger gewonnen, denn gleich zu Beginn ihrer Entstehung kann noch keine Religion Menschen zum Glauben zwingen. Das funktioniert erst ab einer gewissen Größe und mit politischer Macht im Rücken; im Christentum z.B. erst, als es Staatsreligion geworden war.
Von da an konnten die Kirchen es sich leisten, den Gläubigen nur gewisse „Erkenntnisse“ zukommen zu lassen und diese als der Weisheit letzter Schluss zu präsentieren (Jesus selbst war noch gezwungen gewesen, mit seinen Feinden zu diskutieren; dieses „Übel“ war wohl jetzt vorbei).
Als dann aber die Aufklärung kam und einige Behauptungen von der Wissenschaft überholt wurden (wie die, dass die Erde im Mittelpunkt des Universums stünde), war die Kirche gezwungen, gewisse Irrtümer zuzugeben. Und das gilt heute mehr als je zuvor, da sich ja jeder Gläubige problemlos selbst über gewisse Fragen informieren kann.
Moralvorstellungen sind aber leider nicht so einfach wissenschaftlich zu untersuchen wie die physische Beschaffenheit von Himmel und Erde. Was für die Religionen natürlich günstig ist.
(09-08-2012, 13:07)schmalhans schrieb:Da kann ich dir leider nicht widersprechen, obwohl ich eigentlich die persönlichen Erfahrungen der Religionsstifter meinte (also von Jesus, Buddha, Mohammed etc.) und die Umwelt, die DIESE Leute ursprünglich vorfanden, und die für sie prägend waren. Dass das, was sie einmal sagten, für immer gültig sein sollte, steht auf einem anderen Blatt.(09-08-2012, 09:54)Lelinda schrieb: Diese können, genau wie jeder einzelne Mensch, nur Theorien bieten, die sich aus eigenen Erfahrungen und dem kulturellen Weltbild speisen.
Erfahrungen? Seit wann setzen die Kirchen auf Erfahrungen? Sie bieten immer dieselbe Lösung, egal welche Frage oder Erfahrung man einbringt. Und die heißt: Gott. Gott erlöst, Gott richtet, Gott dies, Gott das. Prima auch, wenn die Religionen „nur“ Theorien wären – aber nein, sie sind ja auch und vor allem Praxis!
(09-08-2012, 13:07)schmalhans schrieb:(09-08-2012, 09:54)Lelinda schrieb: Fakten kann nur die Wissenschaft liefern.
Nein, alles kann Fakten liefern (zum Beispiel sind die verbrannten Ketzer auch ein Fakt, den Religion geliefert hat) – was du meinst ist, dass nur die Wissenschaft auch fundierte und nachprüfbare Erkenntnisse und Beweise liefert.
Einverstanden.
(09-08-2012, 13:07)schmalhans schrieb:(09-08-2012, 09:54)Lelinda schrieb: Welche Eigenschaften gut und welche böse sind, ist nicht immer einfach zu sagen. … So ist es natürlich oft Interpretationssache und auch von den Auswirkungen abhängig: Führt der Zorn zum Totschlag oder dazu, ein ungutes Verhalten abzustellen?
Ich sehe, du näherst dich meiner Position an.
Irrtum. Dieser Meinung war ich schon immer.

(09-08-2012, 13:07)schmalhans schrieb:(09-08-2012, 09:54)Lelinda schrieb: Gute Gefühle, die allen Beteiligten gut tun, bedürfen sicher keiner Interpretation.
Ich verstehe nicht, was du meinst? Die Freude der Bankräuber über den gelungenen Coup? Den Stolz der Regierungskoalition, die den Biosprit einführt? Die Dankbarkeit der Fiescher gegenüber dem Papst, der den Gletscher zum Schmelzen bringt?
Was den Biosprit betrifft, sind wir wieder bei dem Problem, dass nicht immer leicht zu erkennen ist, was sich als gut erweisen wird. Mit dem Papst und dem Gletscher habe ich mich noch nicht befasst. Der Bankräuber dagegen hat der Allgemeinheit geschadet (es sei denn, du hältst Banken per se für Verbrecher). Sein gutes Gefühl ist also einseitig.
Ich meine eher Dinge wie schöne gemeinsame Unternehmungen, die niemandem schaden. Ob du jetzt mit deiner Frau guten Sex hast oder mit deinem Kind ins Schwimmbad gehst: In beiden Fällen fühlt ihr euch beide gut, und niemand hat einen Schaden davon.
(09-08-2012, 13:07)schmalhans schrieb:(09-08-2012, 09:54)Lelinda schrieb: Wirklich "böse" nenne ich ein Verhalten, das andere quält, nur weil es dem betreffenden Täter Spaß macht.
Nicht aus Sicht des Täters, der – vor allem wenn es sich um einen Psychopathen handelt – kann das nicht nachvollziehen, für ihn ist es doch nur „Spaß“ und Befriedigung seiner Bedürfnisse - „und Spaß haben ist doch gut, oder“?
Nicht, was jemand anderem schadet, ist gut.