22-12-2012, 12:16
(22-12-2012, 02:33)Ekkard schrieb: Ich glaube definitiv nicht an einen transzendenten Gott. Wenn überhaupt, dann ist ES (geschlechtsneutral!) ein Ausfluss der Regelungs- und Informationsprozesse zwischen denkenden und empfindenden Wesen (nicht nur der Menschen) - quasi ein transpersonales Bewusstsein.
Das ist eine Aussage, mit der ich etwas anfangen kann. Verhaltensregeln, um einem Gott zu gefallen, der mit dem echten Gott nichts zu tun hat, sondern nur eine Vorstellung ist, die über mehrere Jahrhunderte so hinkonstruiert wurde, wie sie jetzt wirkt, macht dagegen tatsächlich keinen Sinn. Eine Vorstellung, die nichts oder fast nichts mit dem Original zu tun hat, hat nur solange einen Wert, wie sie dem Original ähnlich zu sein scheint.
Andere Menschen dagegen sind auf jeden Fall real, und die Regel, dass man niemandem etwas antun sollte, weil dieser darunter leiden würde, sollte doch eigentlich ausreichen, ohne eine Drohung mit Gottes Zorn oder Pech im nächsten Leben hinterherschieben zu müssen!
(22-12-2012, 02:33)Ekkard schrieb:(21-12-2012, 00:40)Lelinda schrieb: Eine dritte Eigenschaft (neben intuitiver Vermenschlichung von allem, was passiert, und der Suche nach Zusammenhängen, wo keine bestehen) der meisten Menschen ist der Versuch, sich schlimme Ereignisse schönzureden.Damit sprichst du die Trauma-Bewältigung an. Ich würde nicht von "schönreden" reden oder schreiben! Wenn Menschen durch einen tröstenden Mythos ihre Ängste und seelischen Schmerzen überwinden können, so ist das eine wertvolle Bereicherung der Gesamt-Therapie in diesen Fällen - und wenn es nur der Anfang sein sollte ...
Es ist wohl eher eine Bereicherung für den Therapeuten. Ich sehe es eher als Druck auf den Betroffenen, das Schlechte zu negieren oder so umzuinterpretieren, dass er mit seinem Kummer nicht mehr stört. Das wird in anderen Religionen wie dem Buddhismus oder Hinduismus (durch den Karmaglauben) oder in der Esoterik ja genauso gemacht. Bei denen wird dem Betroffenen ja noch mehr eigene Schuld an seinem Schicksal zugesprochen als bei Jesus, der immerhin zugab, dass Glück und Pech des Menschen (zumindest vor dem Tod) von seinem Charakter unabhängig war.
Den meisten Menschen ist der Gedanke an eine heile Welt wohl lieber (und vielleicht auch notwendig), solange er sich in etwa aufrechterhalten lässt, und das heißt: so lange nicht irgendein schweres Unglück sie vom Gegenteil überzeugt. Es ist ja (auch für Therapeuten) auch einfacher, das Unglück anderer Menschen zu ertragen, von dem man nicht selbst betroffen ist. Also hat der Unglückliche einzusehen, dass doch eigentlich alles gut wäre, oder wenigstens den Mund zu halten.

