08-01-2013, 23:57
Flat schrieb:Das ist es ja, was den Talmud z.B. ausmacht. Er füllt die Rechtsnormen u.a. mit Leben.
Stimmt!
Allerdings war der Babylonische Talmud (Mischna + Gemara), mit dem argumentiert wird, aus traditioneller Sicht erst etwa um 500 nC (nach Leopold Löw erst Mitte des 8. Jhs) fertiggestellt, also frühestens 1000 Jahre nach der Formulierung bzw. Redaktion der biblischen Gesetzestexte (was während des Exils und kurz danach passierte).
Bei der Beurteilung antiker Rechtstexte geht man grundsätzlich davon aus, dass Gesetze formuliert wurden, um angewandt zu werden. Die Anwendung der biblischen Gesetze auch für Zeiten, in denen Juden dazu die Möglichkeit hatten (zB während der Hasmonäerherrschaft), mit Verweis auf den Babylonischen Talmud kategorisch auszuschließen, ist nicht seriös. Es gibt keine Belege aus vorrabbinischer Zeit, die diese Ansicht stützen.
Dass jüdische Blutgerichtbarkeit in rabbinischer Zeit nicht stattgefunden hat, räume ich ein. Einer der Gründe wird wohl auch gewesen sein, dass die jüdischen Gemeinden in der Diaspora nirgendwo das Recht hatten, Todesurteile zu verhängen und zu vollstrecken. Auch dass sich bei den Rabbinen bis ins 5./6. Jh eine immer stärkere Abneigung einstellte, Kapitalstrafen zu rechtfertigen, ist ihren Kommentaren zu entnehmen.
MfG B.