22-11-2013, 23:28
(22-11-2013, 21:17)se7en schrieb: Aber was ist genau an der Fragestellung "Gibt es einen Gott?" nicht wissenschaftlich?Die Frage an sich!
Gott ist Gegenstand eines geistigen Vorgangs, eine Selbstverpflichtung, eine Hoffnung, ein Gegenüber - kurz: Gegenstand einer Vorstellung.
Die Gesetze folgerichtigen Denkens müssen also die Frage anders formulieren, nämlich vom Gegenstand der Vorstellung ausgehend - nicht zum Gegenstand der Vorstellung hinführend.
(22-11-2013, 21:17)se7en schrieb: Wenn Gott nur reine Vorstellung ist und keinen Bezug zur Realität hat, warum dann überhaupt noch Glauben?Die Irrelevanz der Frage nach Gottes Existenz bedeutet nicht, dass Gott nicht existiert oder sinnlos ist. Die Realität ist doch das, was wir durch unsere (sozial wirksamen) Denkstrukturen "setzen". Nur darf man Voraussetzungen in diesen Denkstrukturen nicht mit Folgen von Wahrnehmungen in der Außenwelt verwechseln.
Die Wissenschaft kann sich zwar mit der Wirkung einer sozialen Vorstellungsstruktur beschäftigen, aber sie ist ungeeignet, ein Gottesexperiment auszuführen. Denn dazu müsste sie alle Vorstellungen zum Thema bewusst ignorieren. Nach was sucht sie dann aber?
Dies einzusehen mag schwierig und ungewohnt sein, aber man kann es lernen.
Mach es an dem einfacheren Beispiel eines Vorurteils fest: "Der Deutsche ist blond, blauäugig, intelligent, pünktlich und isst Sauerkraut."
Die Wissenschaft kann nun Deutsche statistisch erfassen. Wird sie "Den Deutschen" finden?
Die Vorstellung eines Gottes kann aus dem gleichen logischen Grund nicht verifiziert werden und ist somit nicht Gegenstand der Wissenschaft.
(22-11-2013, 21:17)se7en schrieb: Es gibt einen Gott oder es gibt keinen. Und warum sollte sich die Wissenschaft damit nicht beschäftigen?Klingt einfach, ist aber Unsinn. Die Existenzaussage mag rhetorisch klug sein, aber dahinter steckt keine Wahrheit, mit der sich die Wissenschaft (eine Methodenlehre!) in zulässiger Weise beschäftigen könnte.
Anders herum: Formuliere ein Experiment, dessen Ausgang unabweisbar eindeutig auf ein übernatürliches Wesen zurück zu führen ist! (Welches noch dazu willkürlich zu handeln imstande ist).
(22-11-2013, 21:17)se7en schrieb: Jeder andere Standpunkt würde implizieren, dass Glaube für jeden Menschen persönlich zur Realität wird. Das mag zum Teil zutreffen - aber spätestens beim Tod ist diese Einstellung unhaltbar. Denn wenn es so wäre, sollte ich vielleicht Islamist werden und mich in die Luft sprengen, damit mich im Himmel 72 Jungfrauen empfangen.Zunächst ist es wohl so, dass Glaube eine persönliche Entscheidung verlangt. Aber "rein persönlich"? Das glaube ich nun weniger. Denn ohne eine gemeinsame Vorstellung, wie unsere Gesellschaft verantwortlich handelt, wird sie zerfallen. Es ist halt nur die Frage, ob dazu ausschließlich die Gottesvorstellung notwendig ist, oder viele andere Vorstellungen, wie Menschenwürde, Volk, Natur oder Ähnliches.
Die meisten hier sind irgendwie der Ansicht, dass Glaube rein persönliche Angelegenheit ist. Das sehe ich auch so. Aber das würde ja auch bedeuten das Glaube keinen Sinn macht.
(22-11-2013, 21:17)se7en schrieb: Anbei noch ein kleines Gedankenexperiment, welches mir neulich eingefallen ist - vielleicht kann ja jemand seine Meinung dazu schreiben:Nein, diesen Einfluss hat die Beobachtung nicht. Die Beobachtung verändert nur unsere Kenntnis.
Vielleicht kennt ihr das "Doppelspaltexperiment"? Wenn ich nicht irre beweist es, dass Teilchen erst zu Partikeln werden, wenn man sie beobachtet oder misst. Andernfalls besitzen sie Wellenform, entscheiden sich also nicht für einen Weg. Im Urknall haben kleinste Abweichungen dazu geführt, dass sich die Masse nicht gleich verteilt. Bedeutet das nicht unter Umständen, dass jemand den Urknall "beobachtet" hat?
Man darf "Kenntnis" nicht mit "Wirklichkeit" verwechseln!
Die Wellenfunktion eines Experiments - hier also das Doppelspaltexperiment einschließlich Teilchenquelle und Messapparatur - beschreibt unsere a priori Erwartung zahlloser (voraus gegangener und künftiger) Ausgänge genau dieses Versuchs.
Eine Messung kann natürlich auch nur einen Ort oder Impuls aus dem Eigenwertspektrum heraus greifen. Damit wird unsere Kenntnis des Experiments bei jeder Messung besser. Bei sehr hoher Zahl an Messungen kennen wir schließlich das ganze Eigenwertspektrum.
Um das vorweg zu nehmen: Dasselbe gilt für die "spukhafte Fernwirkung" verschränkter Teilchen. Hier ist lediglich die a priori Kenntnis etwas eingeschränkt. Wird nämlich der Spin eines Partners gemessen, dann ist der des anderen sicher - gleichgültig wie weit weg. Aber auch hier gilt: Unsere Kenntnis ist nicht dasselbe, wie die Wirklichkeit.
So auch beim Urknall. Natürliche Vorgänge verlaufen nie ideal. Das Kondensieren der ersten Teilchenwolken aus dem Strahlungsausbruch des "Urknalls" hat aller Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare "Symmetrie-Brechung" (hier der Homogenität) zur Folge gehabt. M. a. W. Es hat mächtig gequalmt!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard