27-11-2013, 01:36
(27-11-2013, 01:09)Harpya schrieb: Schliesst sich nicht aus, vielleicht gabs Neuwahlen und die Politik hat sich geändert.
Wahrscheinlicher ist, dass die zweite Haelfte irgendwelche Missionslegenden wiedergab, waehrend die erste Haelfte das eigentliche Polit-Stueck darstellt, das das Christentum zusammenkitten sollte. Indizien dafuer sind:
1) Pauls Rolle wird heruntergespielt, ihm wird der Aposteltitel weggenommen, er wird Petrus gegenueber als unterwuerfig dargestellt. Paul war der Ueberapostel, aber halt auch der "Apostel der Haeretiker". Da er der einzige Apostel mit substantiellem schriftlichem Output war (wenn man's genau nimmt, kann man das substantiell eigentlich streichen

2) Petrus' Rolle wird erhoeht, was gleichzeitig das Primat Roms untermauern soll.
3) Paul wird als relativ orthodoxer Jude mit konservativ-juedischen Vorstellungen dargestellt, was seinem Bild, das aus den nach ihm benannten Briefen hervorgeht, vollkommen widerspricht. Er uebernimmt hier also die Rolle als Fuersprecher der Judenchristen.
4) Petrus wiederum uebernimmt die Rolle des Gemaessigten, der die Aufnahme der Heidenchristen befuerwortet und die Ausnahmen vom juedischen Gesetz rechtfertigt. Im Prinzip haben wir hier also einen Rollentausch gegenueber den Vorstellungen der Charaktere, wie sie in den Paulus-Briefen vorkommen. Dieser Rollentausch soll wahrscheinlich das Zusammenwachsen zweier christlicher Fraktionen, die sich erbittert bekriegten, foerdern.
Dieser Teil der Apostelgeschichte folgt auch einem strikten dialektischen Drehbuch. Problem, Krise, Paul als Hardliner, Petrus als Beschwichtiger, guetliche Einigung. Und wieder von vorn.