Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Heidnische Bräuche germanischen Ursprungs
#12
Achtung - könntet ihr bitte in meinem Vortsellungs-Thread nicht all zu OT werden? :)

petronius schrieb:
Hathagat schrieb:Allerdings kann ich dir auch so etwas dazu erzählen: Ein neuer Glaube, in unserem Falle das Christentum, dass sich hier vor ca. 1000 Jahren festsetzte, heißt nicht automatisch ein besserer Glaube
ich finde es schwierig, in sachen glauben von "besser" oder "schlechter" zu sprechen
Ich stimme dir da voll zu - aber viele andere eben nicht. Ich musste schon oft lesen, dass viele die Hinwendung zu den alten Göttern als eine Art Rückschritt empfinden.

petronius schrieb:
Hathagat schrieb:Der Glaube und die Mythen der alten Götter sind etwas, was in der Gegend, in/mit der ich aufwuchs und die mich geprägt hat fest verwurzelt ist
das finde ich eben interessant, weil ich solche gegenden nicht kenne, in dneen altgermanischer glaube immer noch verwurzelt ist
Doch die kennst du ;) Es ist quais überall, hier weniger, dort mehr.
Ich meinte ja nicht, dass sich die Bevölkerung in diesen Gegenden bewusst auf alte heidnische Riten besinnt... oft werden diese dann eben als Brauchtum oder Alltag angesehen. Man merkt erst im Nachhinein, wie viel von dem, mit dem man groß wurde, eigentlich auf vorchristliche Zeiten zurück geht.

petronius schrieb:
Hathagat schrieb:Dazu zählen Traditionen, Feste, Naturwelt, und so weiter...
welche altgermanischen traditionen haben sich erhalten bis heute?
[...]
kannst du beispiele nennen?
Och, wo soll ich da anfangen? :D

Beginnen wir mit den Wochentagsnamen, das ist zwar im Hochdeutschen nicht mehr all zu präsent, aber im Althochdeutschen, Englischen und auch in der hier heimischen Plattdeutschen Sprache: Maandag (engl. monday) - Tag des Mondgottes Mani, Dingsdag (engl. tuesday) - Tag der Thing-Versammlung (oder im engl. des Thing-Gottes Tiw), Woensdag (engl. wednesday) - Tag des Herrn der Geisterwelt Woden, Dondersdag (engl. thursday) - Tag des Wettergottes Thunar, Freedag (engl. fryday) - Tag der Muttergöttin Frija, Saterdag (engl. saturday) - Tag des Saatgottes Saturn bzw. wie er in Friesland hieß: Satar (hier in Altsachsen eher: Krodo), Sonndag (engl. sunday) - Tag der Sonnengöttin Sunna. Desweiteren gehen die Begriffe "Heiligabend", "Rauhnächte" (12 Nächte in der Zeit nach Weihnachten) oder etwa Sonnabend (ein weiteres plattdt. Wort für Samstag) auf die germanische Zeitrechnung zurück, in der der Tag schon mit dem ihm vorangehenden Sonnenuntergang/Abend begann und kurze Zeitspannen in Nächten anstatt Tagen angegeben wurden.
Einige regionale Bräuche stammen auch noch aus heidnischer Zeit, so etwa die Osterfeuer, das Biikebrennen oder der Tanz in den Mai, sowie der Maibaum und alles was drum rum gehört. Auch dar weiter im Süden beheimatetet Perchten-Brauch sowie der Name des Oster-Festes gehen auf heidnische Bräuche zurück. Diverse christliche Feste enthalten auch viel heidnisches, zwar nicht unbedingt germanisch sondern mehr römisch-hellenisch, aber durch die Ähnlichkeiten dieser indogermanischen Heidentümer ähnelt es sich stark: Der Brauch, um die Wintersonnenwende herum die Geburt des Glücks/Heils/Lichts zu feiern, ging von den Römern in das christliche Weihnachten, doch die Germanen kannten den Brauch ebenso. Der Brauch, im Frühjahr die Wiedergeburt des Lebens und die Fruchtbarkeit zu feiern, ging wohl auch von den Römern in das christliche Ostern, doch die Germanen kannten den Brauch ebenso. Der Brauch, zum Ende des Sommers hin die Ernte zu feiern und im Zuge des Herbstes evtl. auch den Verstorbenen zu gedenken, ging wohl auch von den Römern in das christliche Erntedank-Fest und Allerseelen, doch die Germanen kannten diesen Brauch auch. Da gibt es noch zig weitere, kleinere Beispiele, die nicht so sehr gefeiert werden, wie Fasching, St. Johannes usw...
Dann gibt es natürlich viele Begriffe, aber auch Sprichwörter, die schon aus germanischer Zeit her rühren. Begriffe wie "dingfest" oder "unabdingbar" gehen auf das Thing/Ding-System der Germanen zurück - Thing-Versammlungen waren eine Art Gericht, Rat und Parlament in einem. Auch das Wort "Alle guten Dinge sind 3" kommt daher, und "Morgenstund hat Gold im Mund", "er kann das Gras wachsen hören", "Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen" usw. haben auch heidnische Ursprünge. Auch der Begriff Buchstabe kommt daher, da die Runen - heidnische Schrift- und Zauberzeichen - stets auf kleine Buchenholz-Stäbchen geritzt wurden. Und "Hölle" kommt von der germanischen Totenwelt Hel.
Weiterhin gibt es hier in der Gegend übrigens vielerlei Orte und Wege aus heidnischer Zeit, sogar mein hiesiges Heimatdorf ist so alt. In vielen Orten gibt es noch im oder am Stadtkern eine Linde, was auch auf einen alten heidnischen Brauch zurück geht, wo unter Linden oft der Thing gehalten wurde. Aber auch viele Eichen gibt es hier in den Ortskernen, gerade die besondere Bedeutung der Eiche in diesen Landen geht auf den heidnischen Glauben zurück, sie sei als Baum dem Wettergott Thunar - bzw. Donar - geweiht. Und da dieser als Beschützer der Menschen gibt, gibt es in Deutschland die "deutsche Eiche" als volkstümliches Symbol, das sich nicht nur in Kränzen, Ehrensymbolen und Schmuck auf Volksfesten, sondern sogar auf unserem Geld wieder findet. Aber gerade hier oben im altsächsischen Raum findet man auch oft den "Hengist und Hors" genannten Giebelschmuck an Bauernhäusern; zwei Pferde-Köpfe die sich kreuzen, was wohl auf die beiden heidnischen Schutzgötter Hengist und Horsa, die den römischen Dioskuren entsprechen, zurück geht. Von diesen pferdegestaltigen Schutzgöttern könnte wohl auch das Sachsenross kommen, ein volkstümliches Symbol und Identifikationsobjekt der Altsachsen sowie ihrer Nachfahren (siehe Wappen von Niedersachsen, Westfalen,...).
Auch viele Sagen- und Sagengestalten kommen aus dem Heidentum, und hier sei nicht nur der heidnische Widerstandskämpfer Widukind zu erwähnen, um den sich etwas weiter westlich von hier noch mehr Sagen ranken. Hier im Zentrum Ostfalens gibt es vielerlei alte Sagen über Riesen, oft in Verbindung mit Findlingen/Felsen, und weiter südlich, im Harz, wird das ganze noch happiger! Unzählige Sagen von Zwergen, und auch Hexen, die dort allgegenwärtig sind. Früher seien die tiefen, unbewohnten Wälder in dem Gebirge wohl Rückzugsort für die letzten heidnischen Zauberinnen und Priesterinnen gewesen -> Hexen. Der Brocken, höchster Berg im Harz und womöglich ehemals heiliger Berg, ist mit dem Blockberg identisch. In Bad Harzburg, einer Stadt am Nordrand des Harzes, ist der heidnische Gott Krodo, der dort ein Hauptheiligtum hatte, sogar zum Maskottchen der gesamten Stadt geworden. Viele Märchen haben auch heidnische Inhalte, so etwa bei Dornröschen die 13 Feen am Anfang, wovon die eine ein böses Schicksal vorgibt - 100% heidnisch. Aber auch Dornröschens Schlaf und der Prinz, der die roten Rosen durchbricht und sie weckt, sollen auf der heidnischen sage von Brunhilde und Siegfried basieren. Dann haben wir auch noch Frau Holle, die eine alte heidnische Fruchtbarkeits- aber auch Todesgöttin ist. Auch die Bräuche und Sagen um die winterliche wilde Jagd herum, denn diese ist ebenso absolut heidnisch. Ihr Anführer, der wilde Jäger bzw. Hass- oder Heljäger ist niemand anderes als der Herr der Geisterwelt, Woden. Um Holle und wilde Jagd ranken sich natürlich seehr viele Sagen. Auch unsere heutige Vorstellung vom Zauberer (Schlapphut, alt, langer weißer Bart, blauer Mantel, langer Stab, Rabe,...) geben direkt das alte Abbild Wodens wieder, und in unsere heutigen Hexen (alte Frau, schwarze Katzen, reitet auf Stab/Besen,...) gehen auf heidnische Zauberinnen zurück.
Desweiteren gibt es viele Pflanzen, deren Assoziationen auf heidnischen Glauben zurück gehen: Holunder bringt Glück, Knoblauch wehrt böse Geister ab, Birken stehen für Jugend und Fruchtbarkeit, immergrüne Nadelbäume für das Leben,...

Naja und auch so ganz allgemein finden sich in den hiesigen heidnischen Sagen Sachen, die ich auch aus meinem Leben kenne und mit denen ich groß wurde. Sei es die Umwelt (selbe Pflanzenwelt, selbe Tierwelt, selbe Jahreszeiten und Wetterlagen,...) oder der Alltag (fidele Feste mit viel Bier, ganz ähnliche Speisen, das Denken in Höfen und Sippen,...), die ich hier vom Dorf kenne.

Joa, also das fällt mir erstmal spontan ein. Ich hoffe es langt hin ;)

petronius schrieb:
Hathagat schrieb:Der heidnische Glaube hat sich aus dem Volk heraus entwickelt, er wurde nicht durch irgend eine Macht von oben wie einer Kirche oder Priesterschaft diktiert
ist das so?
oder will man das so sehen?
bzw.: ist das z.b. beim christentum anders?
es wurde ursprünglich auch nicht von oben diktiert
Ja, sicherlich mag das Christentum ursprünglich nicht "von oben herab diktiert" wurden sein und sicherlich waren Missionierungen und Konvertierungen nicht immer erzwungen. Trotzdem hatte die Kirche bereits im Mittelalter eine teils recht starke hierarchische Struktur entwickelt und als Verein/Organisation den Anspruch auf ein religiöses Monopol gestellt. Was die Kirche nicht billigte, war die meiste Zeit Aberglaube, Häresie, Ketzerei,...
Eine solche Organisation hat es in solchen Volkreligionen wie vielerlei Heidentümern nie gegeben. Das liegt wohl daran, dass sie viel mehr den Charakter eines Volks-Brauchtums besaßen als dass sie dem entsprachen, was man sich heute im allgemeinen unter Religion vorstellt...

petronius schrieb:
Hathagat schrieb:Aber ich schrieb ja auch, dass in an die alten sächsischen Götter glaube. Das heißt ja erstmal nur, dass ich von ihrer Existenz überzeugt bin. Auch glaube ich an ihr Wirken
ja, aber wieso?
weil du das willst, vielleicht, weil das irgendwie cool ist, oder weil dich etwas davon überzeugt hat?
falls letzteres - was könnte das gewesen sein?
Glaube mir - ich hege meinen Glauben ganz bestimmt nicht, weil er "cool" ist :D Eigentlich habe ich im Nachhinein eher eine gegenteiligere Erfahrung diesbezüglich gemacht...

Natürlich muss ich sagen, dass ich mich zuvor schon für Geschichte interessierte, weswegen ich am Rande mit den Germanen natürlich "in Kontakt kam". Irgendwann begann ich einfach so, mich mehr damit zu beschäftigen, und mit dem Einarbeiten in die Thematik keimte eben so ein Gefühl, eine Intuition, die mich glauben machte, dass eben die Götter dort oben wahrlich leben... und im Nachhinein bestärken mich all diese Traditionen usw., die ich oben bereits nannte, immer mehr. :)

Klaro schrieb:Das Wort "Gedöns" kommt wohl aus der linken Szene. Naja.....
Nein. Es ist plattdeutsch.

Klaro schrieb:Es gibt in dem Durcheinander der Politik doch keine klaren Ziele mehr. [...]
Die Kirche ist am Abbauen, neue Religionen, die keinen Deut besser sind, wollen das Ruder übernehmen, was am Ende bedeutet, daß wir vom Regen in die Traufe kommen werden.
Deshalb finden immer mehr Menschen, die mit Religionen rein gar nichts anfangen können, wieder in eine Art Heidentum zurück.
Zwei Fragen: Du siehst also eine politische Unsicherheit und das Abbauen der kirchlichen Macht in unseren Landen als Grund dafür, dass die Leute sich auf andere Religionen besinnen?

Und mit diesen "neuen Religionen, die keinen Deut besser sind als das Christentum, die das Ruder übernehmen wollen und uns somit letztlich vom Regen in die Traufe schicken", meinst du damit etwa die neuheidnischen Strömungen? Weiß du überhaupt genug darüber, um eine solche harsche und missgünstige Aussage zu treffen?
End ek swerio in allum fernan Landsidun,
in Woden ende Thunar ende Sahsnot
ende allum them Holdum, the hira Genotas sint...


Nachrichten in diesem Thema
RE: Heidnische Bräuche germanischen Ursprungs - von Harpya - 05-05-2014, 16:47
RE: Heidnische Bräuche germanischen Ursprungs - von Harpya - 05-05-2014, 22:39
RE: Heidnische Bräuche germanischen Ursprungs - von Harpya - 06-05-2014, 00:20
RE: Heidnische Bräuche germanischen Ursprungs - von Harpya - 12-05-2014, 03:51
RE: Heidnische Bräuche germanischen Ursprungs - von Harpya - 12-05-2014, 11:33
RE: Heidnische Bräuche germanischen Ursprungs - von Harpya - 12-05-2014, 23:47
RE: Hathagat stellt sich vor - von Harpya - 30-04-2014, 05:44
RE: Hathagat stellt sich vor - von Klaro - 30-04-2014, 09:24
RE: Hathagat stellt sich vor - von Hathagat - 30-04-2014, 12:54
RE: Hathagat stellt sich vor - von Klaro - 01-05-2014, 00:41
RE: Hathagat stellt sich vor - von Mustafa - 01-05-2014, 00:57
RE: Hathagat stellt sich vor - von petronius - 02-05-2014, 23:17
RE: Hathagat stellt sich vor - von petronius - 02-05-2014, 23:22
RE: Hathagat stellt sich vor - von petronius - 02-05-2014, 23:33
RE: Hathagat stellt sich vor - von Ulan - 03-05-2014, 00:46
RE: Hathagat stellt sich vor - von Klaro - 03-05-2014, 10:25
RE: Hathagat stellt sich vor - von Hathagat - 03-05-2014, 13:30
RE: Hathagat stellt sich vor - von Sinai - 03-05-2014, 14:31
RE: Hathagat stellt sich vor - von Hathagat - 03-05-2014, 16:20
RE: Hathagat stellt sich vor - von Klaro - 03-05-2014, 18:18
RE: Hathagat stellt sich vor - von petronius - 03-05-2014, 21:01
RE: Hathagat stellt sich vor - von petronius - 03-05-2014, 21:16
RE: Hathagat stellt sich vor - von Hathagat - 03-05-2014, 22:24
RE: Hathagat stellt sich vor - von petronius - 03-05-2014, 22:36
RE: Hathagat stellt sich vor - von Ulan - 03-05-2014, 22:39
RE: Hathagat stellt sich vor - von Hathagat - 03-05-2014, 22:58
RE: Hathagat stellt sich vor - von petronius - 03-05-2014, 23:17
RE: Hathagat stellt sich vor - von Ulan - 03-05-2014, 23:30
RE: Hathagat stellt sich vor - von Sinai - 04-05-2014, 00:25
RE: Hathagat stellt sich vor - von Sinai - 04-05-2014, 01:17
RE: Hathagat stellt sich vor - von Ulan - 04-05-2014, 02:12

Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Das Totenreich der germanischen Mythologie Bion 9 21707 24-10-2022, 13:05
Letzter Beitrag: Bion
  Volks- und andere Bräuche – Reste von Schamanentum und Totemismus? Bion 4 7609 31-05-2014, 02:16
Letzter Beitrag: Harpya

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste