24-05-2014, 14:06
(24-05-2014, 13:03)Ekkard schrieb: Was wir nachvollziehbar vor Augen haben, ist die Gottesvorstellung. Und man kann nur danach fragen, was diese denn bewirken kann - oder besser soll.
Nunja. Das stimmt imho erst auf der Grundlage, dass es eh keinen Gott gibt und das einzige was uns kümmern muss wir selbst, die Gesellschaft und unser Diesseits sind. Was ich prinzipiell unterschreiben würde - aber es soll ja Menschen geben, die tatsächlich mit der Möglichkeit der Existenz eines Gottes rechnen, und in der Diskussion mit solchen Menschen kann man doch relativ problemlos versuchen, die teils sehr komplexen Konstrukte auf ihre innere logische Konsistenz zu prüfen. Oder?
(24-05-2014, 13:03)Ekkard schrieb: Aber dadurch, dass in den Religionsgemeinschaften eine Gottesvorstellung gepflegt (?) wird, wird der Mensch verantwortlich den Postulaten nach Mitleid, Existenzerhalt, Gerechtigkeit, Menschenrecht usw. Geltung zu verschaffen. Ansonsten wäre die Gottesvorstellung (der Glaube) "ein tönend Erz" (Paulus).
Nicht, dass du mich falsch verstehst, mir leuchtet diese Funktion von Religion absolut ein, und sicher kann das auch nützlich sein. Aber da reduziert man meiner Meinung nach schon ein riesiges System auf seine Fähigkeit, Aufhänger zu sein für davon prinzipiell unabhängige moralische Postulate. Ich sag mal so, wenn 4 Milliarden Menschen davon überzeugt wären, dass Harry Potter eine wahre Geschichte ist, würde auch das und die daraus entstehende Gemeinschaft an Gläubigen eine quasi identische Gelegenheit bieten. Mitleid: Check. Existenzerhalt: Check. Gerechtigkeit: Check. Menschenrechte: Check, erweitert um die Rechte für Hauselfen und Zentauren. So gesehen wäre das Konstrukt "Religion" ein leeres Gebilde, das man mit allem möglichen füllen könnte, das man auch mit praktischen Sachen füllen kann, die man aber auch überall anders reinfüllen könnte, was aus der Religion an sich eine absolut austauschbare Sache macht. Und ich bin mir nicht sicher ob so eine Sichtweise den Gläubigen so ganz gerecht werden würde.
(24-05-2014, 13:03)Ekkard schrieb: Ich habe denselben Fehler wie viele meiner Glaubensgeschwister gemacht, über die Seinsweise Gottes anhand der hl. Schrift nachzudenken. Im Rahmen meiner wissenschaftlichen Ausbildung habe ich aber gelernt, dass manche Fragen einfach falsch oder zu weit gehend gestellt werden. Es gibt dann keine Antwortmenge.
Ich glaube, es ist niemals ein Fehler, über etwas nachzudenken. In der Mathematik mag das so sein, dass man dann sagt: Rechenoperation ungültig; lassen wir das. Aber im Bereich der Religion ergeben sich ja aus der Erkenntnis, dass ich keine Erkenntnisse habe und auch keinen Zugang dazu, gewisse Konsequenzen. Zum Beispiel müsste man dann eingestehen, dass jede Art religiöser Zuversicht Einbildung ist. Denn das ist schon eine Frage, die ich mir immer wieder stelle: Wenn Menschen doch in Wahrheit nichts von Gott wissen können, was für einen Wert hat die Religion denn dann überhaupt für irgendwen? (Abgesehen von dem Wert, den auch Harry Potter an ihrer Stelle hätte, siehe oben.)
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)

