26-05-2014, 21:29
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb:(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Was weißt du denn von Gott, was mir bisher verborgen blieb?Nichts, so sich a-priori-Vorstellungen per se nun einmal nicht auf empirisch Gegebenes beziehen können. Das ist aber trivial und war bspw. auch schon bei den sog. 'Atomen' so. Was wussten denn schon Leukipp, Demokrit, Epikur und Dalton über Atome? Offenbar ebenfalls nichts. Es war lediglich ein abstraktes Konzept, eine Vorstellung im Kopf der Atomisten. Wissen über Atome konnten erst die Chemiker und Atomphysiker in der jüngeren Vergangenheit erlangen, aber erst nachdem sie das Etikett 'Atom' auf etwas empirisch Gegebenes draufgeklebt hatten, was Pi mal Daumen als 'Atom' bezeichnet werden konnte.
Der Vergleich hinkt doch wieder. Gottesglaube ist ja kein wissenschaftliches Vorgehen, bei dem wir uns nur in Vorbereitung für Experimente mit empirischer Beweiskraft befinden. Wenn Leukipp, Demokrit, Epikur und Dalton nichts über Atome wussten, aber sich darauf verlassen hätten, dass diese mysteriösen Atome ihr Leben in Ordnung bringen, wäre das ja wohl auch kaum nachvollziehbar gewesen.
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Es gibt keine allgemeingültige und für jeden verbindliche Vorstellung von Gott, an die sich alle zu halten haben. Etliche Begriffe haben im Laufe der Geschichte auch immer wieder mal einen Bedeutungswandel erfahren (darunter selbst naturwissenschaftliche Begriffe wie 'Arbeit', 'Kraft', 'Energie'...).
Ganz klar. Aber keiner von ihnen wusste, alle glaubten. Oder mit andern Worten: Sie spekulierten, denn offensichtlich gibt es doch keine unzweifelhafte oder auch nur besonders glaubwürdige Quelle für Informationen über die Seinsweise Gottes. Ich könnte jedem einzelnen von ihnen die selbe Frage stellen: Wie kommt ihr auf die Idee, dass ihr euch auf den da oben verlassen könnt? (Woher nehmt ihr eure Zuversicht?)
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Die Kernidee hinter Gott drückt sich also u.a. vornehmlich dadurch aus, dass es etwas gibt, aus dem alles andere hervorgeht, aber selbst unverursacht ist - ein primum movens, sozusagen.
Was hat das mit religiöser Zuversicht zu tun?
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Und beim Theodizee-Problem landest du, wenn du nun noch weitere Zusatzannahmen über Gott machst und ihn/es dir insbesondere als eine Art 'allmächtiges, allgütiges, allwissendes Fabelwesen' vorstellst. Aber derartige Zusatzannahmen sind eher optional, kommen ggf. oben mit drauf, müssen noch einmal zusätzlich begründet werden und sind auch getrennt von der eigtl. Grundannahme, alles Seiende ginge auf ein höchstes Sein zurück, zu betrachten.
Ich gehe deshalb von den Zusatzannahmen aus, weil ich der Ansicht bin, dass Eigenschaftszuschreibungen für Gott (vor allem in eine Richtung, die ihn zu einem Beschützer oder gerechtem Richter macht) eine Grundlage für Zuversicht sein könnten, so sie denn verlässlich wären. Sind sie aber nicht. Das höchste Sein, wie du es nennst, veranlasst mich doch auch nicht zur Zuversicht. Zuversicht worauf überhaupt?
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb:(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Es gibt mindestens drei Unterschiede zwischen der Sonne und Gott.Ach, ja... die alte rhetorische Taktik... Man bringt eine Analogie und jemand fängt an, irgendwelche Unterschiede - die es übrigens bei JEDEM Vergleich gibt, sonst wäre es ja keiner mehr! - aufzuzählen. *gähn*
Tut mir sehr leid, aber ich kann nichts dafür, dass dein Vergleich so ungünstig war.
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Du bist - Achtung, Gedankenexperiment - lediglich eine arme, kleine, blinde Azteken-Keksdose, du kennst nur Geschichten über die Sonne bzw. Huitzilopochtli. Und dass Wissenschaft eines Tages und in ferner Zukunft feststellen wird, dass Huitzilopochtli lediglich ein großer, brennender Gasball ist, ist dir ebenfalls fremd, genauso, wie dir gegenwärtig fremd ist, was Wissenschaft in ferner Zukunft über Gott bzw. den "Anfang von Allem" herauszufinden vermag.
Gedankenexperiment angenommen. In diesem Fall wäre ich doch wirklich schön blöd mich auf diese sogenannte Sonne zu verlassen oder Zuversicht aus der spekulativen Annahme ihrer Existenz zu ziehen. Oder fändest du das nachvollziehbar?
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Für mich wiederum ist es unmöglich, über die Sonne zu sprechen, ohne dass du damit gleich Huitzilopochtli assoziierst. Und gleichsam ist es unmöglich, über Gott zu sprechen, ohne dass du damit gleich ein "allmächtiges, allwissendes, allgütiges Fabelwesen" assoziierst.
Es stimmt zwar, dass ich in der Unterhaltung mit einem Menschen, von dem ich annehme, dass er Theist ist, von einem theistischen Gottesbild ausgehe. Allerdings liegst du falsch, wenn du denkst, etwas anderes wäre mir unmöglich. Mir würde sich die Threadfrage gar nicht stellen, würde ich nicht prinzipiell von einem Gottesbild ohne anthopomorphistische Eigenschaftszuschreibungen ausgehen. Der "liebe Gott" liefert allerhand Gründe für Zuversicht, nur scheitert er an der Realität, und ist deshalb hier von vorneherein vom Tisch.
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb:(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Ah, ich glaub jetzt versteh ich was du meinst. Nur wie lässt sich aus der Tatsache, dass unser Universum irgendwie entstanden ist (denn mehr Inhalt hat dieser Gottesbegriff ja irgendwie nicht) religiöse Zuversicht ableiten?Bestenfalls über zwei, drei Ecken, vermutlich aber gar nicht.
Darf ich das als deine Antwort auf die Threadfrage verstehen?
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb:(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Gibt es wirklich einen guten Grund, anzunehmen, dass am Ende alles gut wird?Nein, dann würden wir ja von 'Wissen' sprechen. Aber wie ich ebenfalls schon sagte: Was wäre hierzu denn überhaupt die Alternative?! Fatalismus?
Warum muss man daraus gleich eine ganze Weltanschauung machen? Das fehlen religiöser Zuversicht hätte imho keine Konsequenz außer dem Fehlen religiöser Zuversicht. So wie bei Atheisten, bspw. bei mir. Dann gilt das eigene Leben eben als selbstverantwortlich, ohne Happy-End-Garantie, aber doch durchaus mit der Möglichkeit (und eben der Verantwortung!), mein Leben selbst gelingend zu gestalten. Es ist ja nicht so, dass man sich zwischen Gottesglaube und Verzweiflung zu entscheiden hätte. Ich weiß nicht genau, was für eine "Alternative" du da suggerieren möchtest.
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Nu entscheide dich doch mal, ob du über Zuversicht, über religiöse Zuversicht oder über Zuversicht und Vertrauen auf Gott sprechen möchtest...
Dem Threadtitel kannst du entnehmen, dass ich religiöse Zuversicht meinte. Genauer bezeichne ich damit die Zuversicht bzw. die Hoffnung auf einen Gott, der mir entweder hilft oder mich am Ende in den Himmel lässt oder sonst etwas tut oder verspricht was Gegenstand meiner Zuversicht sein könnte.
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Du urteilst hier außerdem aus der Sicht des einzelnen Subjekts - aus deiner Sicht - ich urteile aus der Sicht Aller, gewissermaßen kollektivistisch, altruistisch: Mag ja schon sein, dass du (und zumindest bis jetzt) ein erfülltes Leben hast - herzlichen Glückwunsch. Doch wie viele Menschen - über alle Erdteile und Epochen zusammengezählt - können das von sich behaupten?! Welche Zuversicht hat bspw. ein sterbenskrankes Kind im Kinderhospiz, welches nicht einmal ein niedriges, zweistelliges Lebensalter erreichen wird?!
Ich verstehe nicht ganz genau, was du damit sagen möchtest. Ich würde nie bestreiten, dass (religiöse) Zuversicht unheimlich positive Konsequenzen haben kann, aber ich fragte ja nach etwas ganz anderem. Nämlich, ob sie begründet ist. Sterbende Kinder sind absolut tragisch, aber haben mit dieser Frage erstmal nichts zu tun (es sei denn, du willst das Faktum ihrer Existenz dazu nutzen, die Frage zu verneinen, was aber wohl auch recht kurz gegriffen wäre).
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Woher man sich diese Zuversicht nimmt...? Keine Ahnung, man nimmt sie sich einfach! Denn offenbar ist es völlig wurscht: Sollte man sich bzgl. der Annahme, dass das Leben mit dem Tod nicht endgültig vorbei ist, irren, würde man sich jenes Irrtums offenkundig eh nie bewusst werden.
Dir mag es wurscht sein, dann musst du ja nicht mitdiskutieren. Ich finde das spannend und würde es sehr gerne erörtern. Was vermutlich, wie so oft, eine illusorische Annahme ist, da wir ohnehin kaum auf einen gemeinsamen Nenner kommen
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)

