23-12-2015, 10:27
(22-12-2015, 20:35)Ulan schrieb: Interessanterweise legt Paulus Jesus so gut wie gar nichts in den Mund, obwohl seine Briefe sehr lang sind. Die Gesamtanzahl der Jesus-Zitate in allen Paulus-Briefen, inklusive der indirekten und etwas vagen Zitate, ist 4. Die Apostelgeschichte legt Paul noch ein weiteres Zitat in den Mund.
So ist es!
Anzumerken ist, dass auch die Abschreiber und Redaktoren der paulinischen Texte Paulus Worte "in den Mund gelegt" bzw. für die eine oder andere Ergänzung gesorgt haben.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist auch das berühmt-berüchtigte allgemeine Redeverbot für Frauen in der Gemeindeversammlung (1Kor 14,34f.) eine nachpaulinische Einfügung.
Dazu H.-J. Klauck, Kommentar 1. Korintherbrief, V 33-36, Verl. Echter, S. 105f.:
… sind … als Beleg dafür zu werten, dass ein Ausgleich zwischen 11,4f und 14,34f, wo ein uneingeschränktes, allgemeines Redeverbot für Frauen in der Gemeindeversammlung erlassen wird, bei Annahme paulinischer Verfasserschaft für beide Stellen nicht gelingen will. Das führt uns zu der Annahme, dass 33b-36 eine nach-paulinische Interpolation sind, die der Redaktor der Paulusbriefe bei der Zusammenarbeitung der korinthischen Korrespondenz zu den beiden kanonischen Korintherbriefen … einfügte.
Und W. Schrage, EKK-Kommentar zum NT, 1. Korintherbrief, VII 3. Teilband, S. 482:
Da der Ort der beiden Verse in der handschriftlichen Überlieferung wechselt, liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei ihnen um eine Randbemerkung handelt, die später an verschiedener Stelle eingefügt worden ist. In den Handschriften D F G 88 a b vg(ms) sowie bei Ambrosiaster (160-164) und Sedulius Scotus (157) werden V 34f nämlich auffallenderweise hinter V 40 gestellt, …
[…]
Es geht hier allein darum, dass der von westlichen Handschriften gebotene Text als Anzeichen dafür zu werten ist, dass eine frühe Randglosse an verschiedenem Ort eingefügt worden ist, die zudem an keiner Stelle wirklich passt.
MfG B.

