(27-07-2016, 11:18)Kreutzberg schrieb: Ja wenn man zw. Phantasie, Übertreibung und belastbaren Fakten nicht mehr unterscheiden will darf man sich nicht wundern, wenn viele konfessionslose Menschen sich über das Alte Testament immer wieder lustig machen.
Wie ist das genau gemeint? Was ist fuer Dich "Phantasie" und was ein "belastbares Faktum" in diesem Zusammenhang?
Falls Du die Gleichsetzung von Ester und Mordechai mit Ischtar und Marduk meinst, so klingt das nur im Deutschen weiter hergeholt. In den alten Sprachen (Aramaeisch oder Griechisch) sind die Namen fast identisch. Und wie gesagt, das ist auch ein sehr gut belegter Punkt durch alte Texte. Das wird nur meist nicht erwaehnt, weil es fuer das Textverstaendnis des Bibeltexts nicht viel hilft.
(27-07-2016, 11:18)Kreutzberg schrieb: Für mich ist jedoch ungeachtet erst einmal wissenswert, wie die RKK die hier vertretene Verknüpfung zw. AT und NT versucht zu legitimieren. Abraham und Moses als Wegbereiter Jesu zu glorifizieren ist eigentlich zu weit hergeholt ...
Nun, soweit uns die antimarkionitischen Schriften in dem Zustand, wie sie uns ueberliefert sind, erklaeren wollen, gab es ja durchaus Bestrebungen im fruehen Christentum, sich des ATs zu entledigen. Das ist aber sehr schwer, da sehr viele Dinge im NT nur durch das AT verstaendlich werden. Im Prinzip herrscht heute das Bild von Jesus als juedischer Reformer vor, also Jesus als Jude, der weder die Absicht hatte noch dem es je in den Sinn kam eine neue Religion zu gruenden. Noch Hunderte von Jahren spaeter gab es Diskussionen darueber, ob Christen sich jetzt Juden nennen sollen oder nicht. Es scheint auch klar, dass viele fruehe Christen die griechische Version des Tanach als einziges heiliges Buch hatten; zumindest geht das so aus den Briefen des Paulus hervor.
Ohne eine gewisse Kenntnis des juedischen Gesetzes bleibt Vieles im NT unverstaendlich; der Text setzt diese voraus. Die Evangelien nehmen auch extensiven Bezug auf Texte der Propheten.
(27-07-2016, 11:18)Kreutzberg schrieb: Nach meiner Wahrnehmung ist das AT ein biblisches Werk, dass auch verantwortlich dafür war, dass überhaupt eine Bewegung wie der ZIONISMUS entstehen konnte. Ein Problem das auch heute noch sehr schwer wiegt !!!
Die Landverheissung an die Israeliten ist das einzige Thema, das sich durch alle fuenf Buecher des Pentateuch zieht, und dies in zig-facher Wiederholung. Insofern stimmt es, dass dies das nationale Gruendungsbuch Israels ist. Nur, was heisst das jetzt genau fuer das Thema des Threads? Was bedeutet das fuer Christen?
(27-07-2016, 11:18)Kreutzberg schrieb: b) Kann es sein, dass Ur-Überlieferungen zum AT in einer Form von alt-häbräisch verfasst wurde ?
Unter "Althebraeisch" versteht man den kanaanaeischen Dialekt, in dem fast der gesamte Tanach verfasst ist. Die Schrift des Tanach ist allerdings groesstenteils von der aus Babylon mitgebrachten aramaeischen Schrift abgeleitet. Spaeter wurde noch ein anderer Stil der persisch-aramaischen Schrift zur heutigen Quadratschrift. Nur die Samaritaner hielten an eine palaeo-hebraeischen Schrift fest, und manchmal schrieben die Juden auch das Tetragrammaton in einer alten Schrift.
Wirklich alte Schreibweisen kennt man eigentlich nur vom "Lied am Schilfmeer". Das wurde aus irgendeinem Grund in einer von der Restkomposition der Tora abweichenden Schrift und abweichendem Verssatz geschrieben. Das ist ein Grund, warum annimmt, dass dieses Lied wirklich alt ist.
Ansonsten gibt's halt nicht viel Schriftliches aus dem alten Israel, was ueberlebt hat. Die aeltesten Texte der Tora, die wir haben, sind erst aus dem 2. Jahrtausend nach Chr. Unsere aeltesten erhaltenen Bibeln sind also wesentlich aelter. Allerdings gibt es auch viele Einzeltexte oder Teile davon, die sich in Qumran erhalten haben, also wenigstens von 250 v.Chr. bis 30 n.Chr. Die sind alle nicht alt genug, um diese Fragen zu klaeren. Sie zeigen allerdings, wie unterschiedlich die Texte um die Zeit waren. Ausser dem Buch Esther sind alle Texte des Tanach dort zumindest durch Schnipsel belegt, nebst einigen Texten, die es spaeter nicht in den juedischen Kanon geschafft haben.

