(13-01-2017, 20:47)Sinai schrieb: Gewiß.
Wenn ich mir die von Dir aufgezeigten Greuel anschaue, stellt sich (unter der hypothetischen Annahme daß sie wahr sind) aber die Frage, wer war der Verfolger und wer der Verfolgte
Du redest, als waere es Dir neu, dass im Krieg Dinge hin- und hergehen. Der Diasporaaufstand wurde von den Juden angefangen. Sie haben mit dem Toeten und Zerstoeren angefangen. Dass da eine gewisse rechtliche Benachteilung nach dem Juedischen Krieg eine Rolle spielte, ist klar, aendert aber nichts an dieser Tatsache. Die geflohenen Griechen aus der Kyrenaika zogen dann nach Alexandria und griffen dort juedische Einrichtungen an. Die juedischen Truppen rueckten aber auf Alexandria vor, und da die roemischen Truppen zu dem Zeitpunkt die Flucht ergriffen hatten, kam es auch dort zu Massakern an der griechischen Bevoelkerung und grossen Zerstoerungen in der Stadt. Diese Zerstoerungen reichten bis nach Oberaegypten. In Zypern griff die juedische Bevoelkerung ebenfalls die griechische und roemische Bevoelkerung an und zerstoerte z.B. die damalige Hauptstadt.
Das haben sich die Roemer natuerlich nicht auf Dauer bieten lassen. Zu Beginn war Trajan im Parther-Feldzug gebunden. Die roemischen Legionen haben dann in jahrelangem Kampf die nun juedisch besetzten Gebiete wieder zurueckerobert. Jetzt wurden die Juden zu den Verfolgten. Genau wie zuvor in Judaea wurde mit aller Haerte durchgegriffen und in Alexandria z.B. die juedische Stadt weitgehend zerstoert, darunter die beruehmte Synagoge. Die voellige Vernichtung der Juden wurde erst unter Hadrian beschlossen (was aber eventuell eine talmudische Uebertreibung ist), nach dem dritten Krieg, den Juden angezettelt hatten.
Texte wie die Offenbarung sind also vor einem Hintergrund verschiedener Situationen zu sehen. Seit dem verlorenen Juedischen Krieg (70 n.Chr.) war die Situation fuer Juden generell schwierig, und seit dem Diasporaaufstand wurde die Situation lebensgefaehrlich. Auch fuer Christen uebrigens, denn Trajan stellte das reine Christ-Sein unter die Todesstrafe, allerdings seltsamerweise nur, wenn man wegen irgendeiner Straftat vor Gericht landete (d.h., man konnte als Christ unbehelligt leben, so lange man nicht von irgendjemandem wegen egal was, z.B. einer Geschaeftsstreitigkeit, angezeigt wurde).
All das spielt in die Texte, die wir betrachten, hinein. Im Prinzip streiten sich die Historiker ja gerade um diese Dinge, wenn es um die Datierung von Texten wie der "Offenbarung" geht. War das die Situation unter Domitian? Unter Trajan? Unter Hadrian?