(13-08-2018, 11:13)Ekkard schrieb: Die 613 "Mizwot", von denen 'Sinai' sprach, sind in unserem Sinne Ausführungsbestimmungen.
Ich denke, die Sache geht noch tiefer.
Wenn Du Begriffe des modernen Staatsrechts verwendest ("Ausführungsbestimmungen"), dann dürfte eine hierarschische Dreiteilung erkennbar sein:
Oberste Ebene ("Verfassung") sind die 10 Gebote vom Berg Sinai
Mittlere Ebene ("Gesetz") sind die 613 Mizwot der Thora
Untere Ebene ("Ausführungsbestimmungen") ist die mündliche Lehre (Tradition) die dann später im Talmud verschriftet wurde.
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Beispiel:
In den 10 Geboten wird der Monotheismus gefordert und damit der Götzendienst verurteilt.
Die Thora verbietet, ein Zicklein in der Milch seiner Mutter zu kochen. Dies zur Zurückdrängung eines bestimmten heidnischen Fruchtbarkeitskultes
Der Talmud gibt nun präzise Anweisungen, wie dieses Gesetz zu vollziehen sei.
Dazu ist folgendes zu sagen:
a) Es dürfte neben dem schriftlichen Gesetz (Thora) tatsächlich ein mündliches Gesetz geben.
Denn wie wäre sonst die Anweisung Jahwes an Moses zu verstehen: Mach die Dochtscheren so, wie sie dir oben am Berg gezeigt wurden
Das ist eben eine "nichtverschriftete" Tradition
b) Zum Verbot, ein Zicklein in der Milch seiner Mutter zu kochen (Thora) ist zu sagen, daß es sich hier laut Maimonides um die Zurückdrängung eines uralten heidnischen Fruchtbarkeitskultes handelte, der damals im Mittelmeerbecken kursierte. Dabei wurde ein Zicklein in der Milch seiner Mutter gekocht und dann die so gewonnene Tinktur auf die Felder und Obstgärten versprengt, um das Wachstum des Getreides und des Obstes zu vermehren - indem dadurch eine Fruchtbarkeitsgöttin zur Dienstbarkeit gebannt (veranlaßt, gezwungen) wurde. Ein sehr altes magisches Ritual
Die Thora verbietet daher, ein Zicklein in der Milch seiner Mutter zu kochen
Allerdings geht hier dann die "Tradition" der Pharisäer - die (zunächst) mündliche Lehre der Pharisäer - weit über eine Ausführungsbestimmung hinaus, wenn sie verbietet, "Milchiges" und "Fleischiges" auf das selbe Teller zu legen. Hier schafft die Lehre der Pharisäer neues Gesetz !
Dies ist die Kritik der Sadduzäer an den Pharisäern
In manchen Punkten verwirft Jesus die Lehre der Pharisäer - und nimmt damit einen sadduzäischen Standpunkt ein.
Auf der anderen Seite ist Jesus auf der Seite derjenigen, die an Auferstehung und Malachim glauben (Glauben der Pharisäer) und stellt sich somit gegen die Sadduzäer, die allerdings sehr mächtig sind, den Tempel führen und den Vorsitz im Sanhedrin haben.
Als Jesus von den Sadduzäern im Sanhedrin angeklagt wird, wird er von den Pharisäern nicht geschützt.
Jesus sitzt zwischen den Sesseln, er gehört keiner der beiden konkurrierenden Parteien an

