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Haskala bei Aschkenasim und Sephardim
#6
Prof. Steven Nadler, der sich ausfuehrlich mit Spinoza beschaeftigt hat, sieht den Fall des Banns anders als was Du ueber Theun de Vries erzaehlst. Es gab z.B. ein Dekret in der juedischen Gemeinde Amsterdams, das die Diskussion von Glaubensangelegenheiten mit Christen untersagte, damit die errungenen Freiheiten fuer die Juden nicht gefaehrdet wurden. Dagegen hatte Spinoza offensichtlich verstossen. Die calvinistischen Autoritaeten waren auch zeit des weiteren Lebens Spinozas intrumentell in dem Versuch, die Verbreitung seiner Schriften zu verhindern. Spinoza ging diesen weitgehend aus dem Weg, und die christlichen Kontakte, die Du erwaehnst, waren gemaessigte Reformierte wie Remonstranten und Quaker.

Neben dem Verstoss gegen ein geltendes Dekret hatte ihm seine juedische Gemeinde auch uebel genommen, dass er eine Familienangelegenheit nicht vor den rabbinischen Autoritaeten geklaert hatte, sondern ein weltliches Gericht aufgesucht hatte, wo er sich offiziell vom vaeterlichen Erbe losgesagt hatte. Das war notwendig geworden, um zumindest den Zugriff auf sein muetterliches Erbe zur Schuldenbegleichung im Zuge der Nachwehen von geschaeftlichen Schwierigkeiten seiner Familie zu verhindern. Spinoza hatte die Gemeinde wohl auch schon laenger nicht mehr besucht vor seinem Bann, hatte die jaehrlichen Zuwendungen zuerst aufs absolute Minimum reduziert und zuletzt gar nichts mehr gezahlt, was wohl auch nicht gut kam.

Die aus Spanien zugewanderten Juden blieben uebrigens auf Spinozas Seite. Die Hardliner, die auf seinem Bann bestanden, kamen von woanders.

(30-03-2019, 21:43)Sinai schrieb: Kehren wir zur Diskussion (Beitrag # 1) zurück:
Soo "wissenschaftsfreundlich" war das sephardische Judentum wohl auch nicht, wie in dem in Beiitrag # 1 zitierten Artikel getan wird

Ich sehe da gar keinen Unterschied zwischen sephardischem und aschkenasischem Judentum
Wer Gott als "Substanz" bezeichnete und damit degradieren wollte, dies noch dazu öffentlich publizierte, wurde hier wie da verfolgt

Wie ist "Wissenschaft" definiert? Kann Spott unter der Maske der Wissenschaft auftreten?
Baruch Spinoza starb 1677 - er ist seit 350 Jahren tot. Die heutige Menschheit hat sich an seine Aussagen gewöhnt
Aber wenn ich heute nachdenke - viel nachdenke - erschließt sich mir nicht, was er damit meinte, daß Gott eine "Substanz" sei. Warum diese seltsame Wortwahl ??

Du umgehst meine Frage an Dich. Was hat der Fall Spinoza mit "Wissenschaft" oder dem Stellenwert von Wissenschaft im sephardischen Judentum zu tun?

Spinoza war Philosoph, hauptsaechlich beeinflusst von den Ideen eines Descartes, und er hatte die Ideen von Descartes weiterentwickelt. Philosophie und Religion befassen sich im Prinzip mit fast den gleichen Fragen und ueberlappen zu grossen Teilen. Eine andere Idee ueber die Natur Gottes ist kein "Spott", so dass Deine ganze Argumentationslinie sinnlos wird. Spinoza fand die Idee eines persoenlichen Gottes, der in die Geschicke der Menschen eingreift, als nicht haltbar. Da seine Aussagen direkt religioese Kernthemen betrafen, sind seine Probleme mit den religioesen Autoritaeten doch ganz normal; auch die Religionsgemeinschaften untereinander haben da vollkommen unterschiedliche Vorstellungen, die sie unter Umstaenden auch brutal miteinander ausfechten.

Ansonsten scheiterst Du schon an grundlegenden Begrifflichkeiten. Was ist Dein Problem mit dem "Substanz"-Begriff? Die Definition der Trinitaet verwendet den "Substanz"-Begriff; sie definiert Gott als "eine Substanz - drei Personen". Spinoza lehnt hier nur den "Personen"-Teil ab. Auch die Kirchen selbst benutzen die Begrifflichkeiten der griechischen Philosophie.


Weiterhin komme ich mir in letzter Zeit hier vor wie beim "Groundhog Day". Wieso kommen immer wieder dieselben Topics hoch, die wir alle schon mal von Dir hatten (Assmann, Fusswaschung, Spinoza)?
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RE: Haskala bei Aschkenasim und Sephardim - von Ulan - 30-03-2019, 23:13

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