(30-04-2019, 18:02)Ulan schrieb: Napoleon nahm die Krone aber selbst vom Altar und setzte sie sich auch selbst auf. Das war im Endeffekt eine Machtdemonstration.
Napoleon war in einer Zwickmühle.
Auf der einen Seite begehrte das Volk einen Kaiser - und auf der anderen Seite mußte er seine jakobinischen Freunde berücksichtigen
Napoleon mußte sich einen Kompromiß ausdenken. Es war ein Eiertanz.
Eine Krönung zum Kaiser war ein religiöser Akt (Kaiser von Gottes Gnaden) und verschaffte ihm Legitimation.
Außerdem hatte niemand Napoleon gezwungen, die Kaiserkrönung in der altehrwürdigen Kathedrale Notre Dame zu inszenieren - die Krönung hätte genau so gut al fresco (etwa auf dem Champs de Mars oder auf der Champs Elysees) durchgeführt werden können, mit dem Vorteil daß da viel mehr Zuschauer möglich sind als in der Kathedrale. Aber Nein, der Jakobiner entschied sich für die Kathedrale!
Und dann lud er noch den Papst dazu ein, um die Angelegenheit noch symbolträchtiger, noch katholischer zu machen!
Auf der anderen Seite durfte Napoleon seine Jakobiner nicht allzusehr brüskieren - so etwas konnte gefährlich sein. Daher setzte sich Napoleon die Krone selbst auf. Irgendwo mußte er einen Punkt machen und wenigstens ein wenig demonstrieren, daß er noch ein Jakobiner war.
Ich persönlich halte das Detail, daß er sich die Krone selbst aufs Haupt setzte, viel geringer als den Umstand, daß er zum Kaiser gekrönt wurde - noch dazu in einer Kathedrale - und noch dazu im Beisein des von ihm nach Frankreich gerufenen Papstes
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Es ist dazu noch zu sagen, daß Napoleon vor seiner Kaiserkrönung von den Herrscher Europas unter Berufung auf seine jakobinische Karriere als "Antichrist" bezeichnet wurde (die Jakobiner hatten in der Revolution unzählige katholische Priester ermordet) und dieses Stigma als "Antichrist" mußte Napoleon rasch loswerden, sonst hätte ihm eine Konterrevolution gefährlich werden können.
Man sieht, wie wichtig Gott ist - für das Volk und für den Souverän
Das kühne Statement vom Spiegel "Gott wird nicht mehr gebraucht" dürfte sehr oberflächlich sein. Auch heute sucht der Mensch Gott
Wer in der Adventzeit durch die Straßen auch der Großstädte geht, wird diese freilich unerfüllte Suche auf Schritt und Tritt bemerken. Daß der Konsum und das Weihnachtsgeschäft diese Suche zweckentfremden und mißbrauchen, ist ebenso klar zu erkennen
Der Mensch sucht in der "stillsten Zeit im Jahr" die Stille - und wird durch schrille Werbung der Handelskonzerne belästigt
Penetrante Weihnachtsmusik am laufenden Band (wie eine steckengebliebene Schallplatte) schon Ende Oktober zeigt die schlechte Absicht
Eine Frechheit für die Konsumenten und das Personal
Auch der Weihnachtsurlaub in alpinen Bergdörfern wurde längst zum Geschäft
Ich kenne Christen, die sagen daß sie am 24. Dezember von 15 bis 19 Uhr in den Wald gehen, um dem ekeligen Lärm zu entgehen - der Weihnachtsrummel ist 2018 ekelig geworden
Wenn man das schon liest:
Google: Weihnachtsrummel Berlin
dann findet man:
Weihnachtsmarkt am Alexa in Berlin - Berlinstadtservice
berlinstadtservice.de/xinh/Weihnachtsmarkt_am_Alexa.html
Der Weihnachtsmarkt am Alexa in Berlin empfängt seine Besucher mit Riesenrad, Achterbahn, Kettenkarussell
Riesenrad, Achterbahn, Kettenkarussell, Schießbuden und Langos hat mit der Geburt Jesu nichts mehr zu tun, das ist dann ein schriller und blinkender Klamauk wie auf den Philippinen
fehlt nur mehr ein Feuerwerk wie am 24. Dezember in Tokio
Die fehlgeleiteten Christen, die Weihnachten suchen - es aber im weihnachtlichen Kaufrausch nicht mehr finden, tun mir sehr leid.

