Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Alte Kriegsschiffe der Vorderladerzeit
#3
(18-06-2019, 19:30)Herodotus schrieb: Bei einer Breitseite kam die Hälfte dieser Geschütze zum Tragen. Vor allem die 32Pfünder, aber auch die 24Pfünder waren viel zu schwer, um sie von einer Seite zur anderen zu bewegen.


Hallo 'Herodotus' - Willkommen im Forum !
Und Danke für die zielführende Antwort. Genau in diese Richtung ging meine Frage

Somit konnten bei der von Dir genannten HMS Victory (dem berühmten Flaggschiff von Vizeadmiral Nelson in der Seeschlacht von Trafalgar) nur 15 x 32-Pfünder und nur 14 x 24-Pfünder (beim Heer sagte man Kartaunen dazu!), jedoch vielleicht alle 44 x 12-Pfünder bei einer Breitseite feuern

(Die beiden 2 × 68-Pfünder Karronaden für den Nahkampf waren mit einer relativ schwachen Pulverladung geladen und waren mit den Kanonen nicht vergleichbar)

12-Pfünder waren übrigens keine schwachen Geschütze. Sie wurden in Festungen als Verteidigungskanonen eingesetzt und hatten mit Kartätschen bis 700 Schritt verheerende Wirkung. (Das waren 700 x 0,75 = 525 Meter)
Bei Seegefechten machte man damit bis 500 Meter verheerende "Deckfeger" oder schoß auf die Takelage um sie zu zerfetzen und das feindliche Segelschiff manövrierunfähig zu machen (durch die großflächige Takelage waren wohl wirkungsvolle Kartätschschüsse bis 600 Meter möglich.

Dann konnten die Briten ihr berühmtes Manöver "Crossing the T" machen und das feindliche Schiff versenken

So eine 12-Pfund Kartätsche war ein Schrotschuß von 1200 Bleikugeln in 9 mm

Wenn da nur 10 x 12-Pfünder schossen, so kam ein "Hagel" von 12.000 Bleikugeln in 9 mm !

Harmlose Spielzeugschiffe waren das wohl nicht.

In Trafalgar maßen sich die beiden aggressivsten Seemächte der Welt: Großbritannien und Grande Nation

--

24-Pfünder waren beim Heer die schweren Belagerungskanonen bzw. die schweren Festungskanonen
Schwere Ungetüme

32-Pfünder gab es meines Wissens beim Heer kaum (am Lande viel zu unbeweglich) und wurden daher nur für Schiffe verwendet. (Lediglich manche Küstenforts waren mit solchen Marinekanonen bestückt)

Sehr interessant das Imperial War Museum in London
Es ist einen Besuch wert, man muß aber einen ganzen Tag einkalkulieren

Interessant, daß die Royal Navy bis 1880 bei den Geschützen den Vorderlader beibehielt - die damaligen Hinterlader vertrugen nicht den enormen Druck der schweren Ladungen

--

Weißt Du übrigens etwas über die "Landungsgeschütze" ?
Kaliber in cm und wieviel Pfund Vorladung
Sie wurden verwendet wenn Truppen vom Kriegsschiff anlandeten

Eine Waffe der Kolonialmächte, überwiegend "Grande Nation" und "Great Britain"
Vermutlich waren das
2-Pfünder (5 cm) oder
3-Pfünder (7,5 cm) oder
4-Pfünder (8 cm)

So etwas wie leichte Feldgeschütze oder Gebirgsgeschütze, von denen jedes Linienschiff 2 oder 3 mitführte, um sie landenden Marineinfanteristen mitgeben zu können. Angeblich war auf jedem Linienschiff ein Zahl Marineinfanterie (damals Seesoldaten genannt), etwa 30 bis 50 Mann um die Matrosen in Schach zu halten (eine Vorkehrung gegen Meuterei) - und diese Seesoldaten konnten bei Bedarf an den Küsten von Kolonialgebieten mittels Rettungsbooten (die man aber "Beiboote" nannte) abgesetzt werden. Vom Mutterschiff mit der schweren Artillerie unterstützt (schon 10 x 32-Pfünder erzeugten einen "Hagel" von 34.000 Bleikugeln in 9 mm !) führten sie auf den Beibooten aber "Landungsgeschütze" mit, leichte Kanonen, die sie dann im Mannschaftszug mittels Seilen ins Landesinnere schleppen konnten

Ich habe noch keine Literatur darüber gefunden

Die große Segelschiff Ära begann in Lepanto und mit der Armada - und endete mit dem schraubengetriebenen Dampfschiff nach 1866
1866 hatten die Österreicher in Lissa schwere Segelschiffe mit Dampfantrieb: großer Rauchfang zwischen den Segelmasten und Schiffschraube
Die Dampfmaschine von SMS Kaiser hatte immerhin die Kraft von 2000 Pferden !

Aber noch in Tsushima 1905 hatten russische und japanische Kriegsschiffe neben dem Dampantrieb Segelmasten - denn Winde auf hoher See waren stark und konnten oft zur Erhöhung der Geschwindigkeit oder zur Einsparung von Kohle verwendet werden, weil die Dampmaschine nur "Halbe Kraft voraus" arbeiten mußte

Wirklich interessant diese Entwicklung der Kriegsschiffe zwischen 1865 (erste Hinterlader) und 1910 (Ende der Hilfssegel auf Dampfschiffen)

Man sagt, daß sich ein Matrose aus der Zeit von Lepanto 1571 oder der Armada 1588 auf einem Kriegsschiff von 1850 bestens zurechtgefunden hätte - da änderte sich Jahrhunderte lang nichts - aber auf einem Kriegsschiff von 1885 hätte er sich überhaupt nicht zurechtgefunden

In den zwei Jahrzehnten von 1865 bis 1885 hatte sich die Technik der Kriegsschiffe (Dampfantrieb und Verdrängung der Segel, Wechsel vom Holzrumpf zum Stahlrumpf, allmähliche Einführung von Hinterladergeschützen) revolutioniert

Der "Sailor" blieb nur mehr dem Namen nach ein Sailor

Ein Schiffsoffizier der Alten Schule, der 1860 als 15-jähriger Seekadett die Marine von der Pike auf erlernte, war 1885 erst 40 Jahre alt- und konnte seinen Beruf an den Nagel hängen

Er war als Schiffsoffizier unbrauchbar und wurde dann als Lehrer an einem Gymnasium oder als Polizeioffizier verwendet
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: Alte Kriegsschiffe der Vorderladerzeit - von Sinai - 18-06-2019, 22:13

Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Alte Rezepte Harpya 1 4479 02-09-2013, 13:25
Letzter Beitrag: d.n.
  An alte Themen anknüpfen? K - G - B 18 25232 20-03-2013, 07:20
Letzter Beitrag: Silvan
  Alte Schrift Aysha 2 5660 15-04-2008, 00:06
Letzter Beitrag: Aysha

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste