(20-07-2019, 16:48)Burkl schrieb: Nur gibt es eben zwei Arten von Liebe, wie der Hl. Augustinus schreibt:
"Zwei Arten der Liebe haben zwei Städte entstehen lassen: die irdische Eigenliebe, die bis zur Verachtung Gottes führt, und die himmlische Liebe zu Gott, die bis zur Selbstverleugnung führt“.
Klingt erst einmal gut, aber im Prinzip spricht daraus ein gewisser Selbsthass, der oft genug auch zur Selbstzerstoerung fuehrt. Zwar kann eine gewisse Selbstverleugnung auch mal zu guten Taten fuehren, aber Eigenliebe ist erst einmal eine unabdingbare Voraussetzung fuer geistige Gesundheit. Natuerlich hat auch die Eigenliebe dort Grenzen, wo sie die Rechte anderer tangiert oder den normalen gesellschaftlichen Umgang verhindert, aber das Potential hat natuerlich die zweite Variante mit ihrer "Selbstverleugnung" erst recht.
Ich denke, hier kommen wir genau dahin, wo Geobacter gerne hingeht. Wie viel Narzissmus steckt eigentlich in dieser "himmlischen Liebe zu Gott, die bis zur Selbstverleugnung fuehrt"? Schon Lucian von Samosata meinte: eine ganze Menge.
(20-07-2019, 16:48)Burkl schrieb: Sexualität ist - gerade weil sie so ein großes Gottesgeschenk ist - sehr in Gefahr unter dem Paradigma der erstgenannten Liebe zu stehen. Darum ist "es geht nur um die Liebe" gerade in diesem Kontext keineswegs ein Grund für eine positive moralische Konnotation.
Wenn Gott den Menschen geschaffen hat, warum hat er das dann so getan, dass dieser (fast) immer kann und immer will, was sexuelle Taetigkeiten angeht? Das ist im Tierreich sehr aussergewoehlich. Spielt Gott Spielchen?
(20-07-2019, 16:48)Burkl schrieb:Herodotus schrieb:Es gibt ein Recht auf Selbstbestimmung. Aber es muss mit der Vernunft vereinbar sein und es sollte nicht die Liebe zerstören.quote
Es ist ausgeschlossen, dass ein Verstoß gegen das 5. Gebot mit Vernunft und der Liebe zu Gott verbunden sein kann.
Das 5. Gebot heisst, korrekt uebersetzt, Du sollst nicht morden! Das Toeten eines Menschen war aus vielerlei Gruenden ansonsten zugelassen, und mir ist neu, dass die Kirche da ploetzlich irgendwelche generellen Manschetten haette. Was die Kirche nicht akzeptiert, ist Suizid, und hier liegt wohl auch das Problem mit der assistierten Selbsttoetung. Aus irgendeinem Grund hat die Kirche den assistierten Selbstmord fuer Maertyrer reserviert.
(20-07-2019, 16:48)Burkl schrieb: Sexualität ist keine x-beliebige Freizeitbeschäftigung, sondern betrifft anthropologisch zutiefst den Wesenskern des Menschen.
Es ist sogar essentiell, dass es die richtige Ordnung in diesem Bereich gibt. Andernfalls zerstört es das Glück von Menschen, Familien und Gesellschaften.
Wie viele Menschen sind betroffen durch Missbrauch, Betrug, Ausgenutztwerden, "Verobjektung", Menschenhandel, werden zu Scheidungswaisen - erfahren Schädigungen an Leib, Geist und Seele aller Art.
Gut, dass wir die ganze Zeit von einvernehmlichem Sex reden. Das sind also wieder Nebelbomben.
(20-07-2019, 16:48)Burkl schrieb:Herodotus schrieb:Sex hat mit der Zeugung eines Kindes nur bedingt etwas zu tun.
Und wie auch noch. Es ist neben der Funktion "Wohl der Eheleute" die Kernfunktion.
Das ist hier ein weites Feld. Die biologistische Sichtweise ist natuerlich die, dass Sex zur Erzeugung von Nachwuchs gilt. Fuer das Ueberleben einer Linie des Lebens ist es halt fatal, wenn sie sich - wie katholische Priester z.B. - selbst aus dem Genpool entfernt. Nur ist diese Funktion, fuer ganze Populationen betrachtet, halt nicht mehr so im Vordergrund. Der Mensch ist ein soziales Wesen, und auch katholische Priester koennen sich darauf verlassen, dass schon irgendjemand sonst dafuer sorgt, dass die Menschheit nicht ausstirbt.
Aber ansonsten ist es halt so, dass in unserer modernen Gesellschaft, hauptsaechlich wegen Fortschritten in Wissenschaft und Medizin, es nicht mehr notwendig ist, so viele Kinder wie moeglich in die Welt zu setzen. Ganz im Gegenteil, dies ist sogar schaedlich. Ich sehe die kirchliche Sexualmoral mit ihren 2000 Jahre alten Loesungen fuer heutige Probleme sogar als grundsaetzlich schaedlich an. Den Menschen verbieten zu wollen, Sex zu haben, nur weil heute im allgemeinen nach 2 Kindern die Fortpflanzung gesichert ist, ohne dass man der Welt durch einen Schwall an Nachwuchs noch irreparablen Schaden zufuegt, ist ja auch nicht umsonst ein Gebot, das selbst in katholischen Laendern - zum Glueck - immer mehr ignoriert wird.
Ich finde die katholische Haltung zu diesem Thema moralisch verwerflich. Hier hat die RKK uebrigens in ihrer angeblichen Kernkompetenz versagt.
(20-07-2019, 16:48)Burkl schrieb: Richtig - darum sind Menschen auch dazu in der Lage und existenziell dazu verpflichtet diesen Bereich zu beherrschen und zunächst dem mit der Vernunft erkennbaren Plan Gottes - und letztlich, so wie Alles, der Liebe zu Gott unterzuordnen. Und all dem dient die Tugend der Keuschheit, für die zu kämpfen für gelungenes Menschsein notwendig ist.
Das sind leere Worthuelsen. Wie man erst einmal zu diesem "mit Vernunft erkennbaren Plan Gottes kommt" (leere Worthuelse Nr. 1), dass Keuschheit gefragt ist (non sequitur), muesste erst mal jemand nachweisen koennen. Ich weiss, das fruehe Christentum hat diese Koerperfeindlichkeit von einigen juedischen Sekten geerbt, und im NT steht so etwas natuerlich auch (hauptsaechlich bei Paulus), aber im Prinzip handelt es sich hier nur um nachtraegliche Rechtfertigungen fuer NT-Vorschriften. Nicht umsonst kommt christliche Hermeneutik den meisten Menschen als "Geschwurbel" vor - wohlklingendes Gerede, das Traditionen rechtfertigen soll, das aber bei naeherer Betrachtung gedanklicher Rigorositaet entbehrt.

