Ulan schrieb:Das ist genau die unsinnige Argumentation, wie man sie leider von vielen Eltern heute hoert. Natuerlich sollen die Kinder mit so etwas konfrontiert werden. Wenn die Eltern zu ihren Kindern ein gutes Verhaeltnis haben, dann spricht man darueber, und die Kinder lernen was. Stattdessen werden dann wohlbehuetete Naivlinge grossgezogen, die dann irgendwann im Erwachsenenalter ploetzlich auf die Welt treffen und dann eventuell daran zerbrechen, weil sie nie gelernt haben, fuer sich selbst einzustehen.
Moment, wir reden immernoch von "Kindern", noch nicht einmal von "Jugendlichen".
Noch einmal zurück zum Bindungsansatz: Was diesen Herrschaften u.a. sehr am Herzen liegt ist, gewisse falsche Strömungen des Zeitgeistes wieder richtigzustellen. Es gibt eine unterschwellige, aus dem Individualismus entspringende Tendenz, dass mein Kind schon möglichst früh selbstständig sein sollte. (Wenn Eltern alles falsch machen wollen, dann fangen sie schon so früh wie möglich damit an und "erziehen" ihr Baby dazu, allein im Dunkeln einzuschlafen, reagieren nicht auf sein Weinen, was natürlich schon entwicklungsbiologisch verbrecherisch ist, da jedes Neugeborene allein in der Nacht um sein Leben bangen musste...) Der Ausbau von Kitas und Ganztagsschulen soll ja auch in Deutschland vorangetrieben werden. Diese Tendenz hat zur Folge, dass eine gute Bindung zu einem Erwachsenen (wie Du vorausgesetzt hast), die jedes Kind unbedingt für seine Entwicklung benötigt, immer stärker vernachlässigt wird...
Das ist eben etwas, was die Bindungsforscher ganz klar herausstellen, und wo sie auch nicht müde werden, es in die Gesellschaft zu tragen: Das wichtigste ist, dass ein Kind in einem behüteten familiären Umfeld aufwächst, damit es später als eigenständiger, reifer Mensch seinen Weg gehen kann. Zuerst Bindung, und dann Eigenständigkeit. Wenn also das Kind immer wieder verstört aus zB der Schule kommt und sagt, es möchte da nicht mehr hingehen, und die Eltern bestehen aber darauf mit dem Hintergedanken, es müsse das "wahre Leben" kennenlernen, dann muss in der Entscheidung der Eltern die Bindung gesichert sein, sonst wird es kein "Abhärten" geben.