(27-07-2020, 13:27)Herbert schrieb: Mir scheint, es wird hier das Reich Gottes und die (physische) Wiederkunft Jesu in einen Topf geworfen. Meines Erachtens sind das zwei verschiedene Paar Schuhe.
Nach meinem Verständnis der Evangelien ist Jesus (geistig) bereits in jenen Menschen präsent, die seine Gebote halten. Siehe dazu beispielsweise im Johannesevangelium: "... wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung machen".
Das Johannes-Evangelium als das spaeteste aller kanonischen versucht das umzudeuten, ja, da zum Zeitpunkt seiner Niederschrift klar war, dass die urspruenglichen Vorhersagen nicht eingetroffen waren. Bei Markus gibt es solch eine Unterscheidung nicht, so dass die Einheit beider Ideen wohl die urspruengliche Bedeutung war.
Dessen Zeitpunkt der Niederschrift um den Untergang von Tempel und Stadt Jerusalem herum war ja wohl anlaesslich der Erwartung, dass dies jetzt die schrecklichen Ereignisse waren, die die unmittelbare Wiederkunft Christi und das finale Gericht ausloesen wuerden. Als die Lukas- oder Johannestexte geschrieben wurden, war schon lange klar, dass sich diese Erwartung nicht erfuellt hatte.
Ich finde das religionshistorisch sehr interessant, weil es eins von vielen Beispielen ist, wie religioese Bewegungen das voellige Scheitern ihrer angeblichen Gruendungsfiguren ueberstehen, indem sie sich und ihre Prophezeiungen immer wieder neu erfinden.