18-11-2020, 12:39
(18-11-2020, 10:46)Ulan schrieb: Allerdings bleibt immer noch die Frage, warum das Christentum das Bild des rituellen Kannibalismus gewaehlt hat, um die Verschmelzung mit dem Gott im Ritus darzustellen. So etwas entsteht ja nicht im luftleeren Raum.
Die Vorstellungen von der Gottesvereinigung durch Essen und Trinken sowie der Ritus seiner Verspeisung sind keine "Erfindung" des Christentums. Sie sind nach der Religionsgeschichte vielmehr uralt:
"Dem Opfermahl der Heiden und Juden entspricht bei den Christen das Abendmahl. Und so wie die
Heiden durch den Genuss ihrer Opfermahlzeiten in eine geheimnisvolle Gemeinschaft mit den Göttern
treten, so wir mit dem erhöhten Herrn". (Theologe Lietzmann in ( Herrenmahl, S. 180)
Abfällig gemeint, wie die von @Sinai in # 6 zu Unrecht apostrophierte "Kannibalismuslüge" ist das keineswegs. Es war bei den Pharaonen und heidnischen Göttern usus, Götter zu essen, um Leben und Kraft zu gewinnen. Eine der berühmtesten ägyptischen Pyramideninschriften überliefert uns das recht drastisch.(Seek, Entwicklungsgeschichte)
Die theologische Forschung nennt mit dem kultischen Kannibalismus auch die indonesische Kopfjägerei, die jeder aus Robinson Crusoe kennt. Im frühen Christentum gab es ebenfalls den religiösen Brauch, aus den Hirnschalen von Heiligen zu trinken. Fromme Christen meinten, bei schweren Anlässen dann übernatürliche Kräfte zu gewinnen, die der Heilige schon zu Lebzeiten besessen hatte. (Werner, Glaube und Aberglaube)
Alles schon mal dagewesen.
MfG
