(02-12-2020, 11:45)Dippelappes schrieb: Was ist nicht wahr? Glaubst du etwa an das was du da sagst? Such mir mal einen Theologen, einen Pfarrer, ja einen Schriftgelehrten, welcher seine erlernte Dogmen kritisch hinterfragt und Abschied davon nimmt, da wirst du nicht viele finden und das ganz egal welcher Glaubensrichtung diese auch angehören mögen.
Nun, so gut wie alle Produkte der historisch-kritischen Exegese sind von Theologen geschrieben worden, und Theologie studieren eigentlich nur Leute, die glaeubig sind; die weniger Glaeubigen studieren Religionswissenschaften oder irgendetwas anderes. Dass viele Menschen in ihren Ansichten ganz allgemein irgendwann eingefahren sind, ist zwar klar, aber das kann man nicht verallgemeinern. Dass einige der Theologen auch bei diesem Studium ihren Glauben verloren haben, ist auch richtig, aber auch das widerspricht dann letztlich Deiner These; in solchen Faellen gab es ja eben gerade einen Prozess, der Aenderung erwirkt hat.
(02-12-2020, 11:45)Dippelappes schrieb: Die Narzsissmus-Keule muss sein, weil der Jude meint die Wahrheit zu kennen, weil der Muslim meint die Wahrheit zu kennen, weil der Christ meint die Wahrheit zu kennen, weil der Hindu meint die Wahrheit zu kennen, ja weil sie alle meinen die Wahrheit zu kennen und das Gegenüber eben nicht, Narissmus eben.
Aha, "der Jude" oder "der Christ"; als ob die alle dieselben waeren. In der Art und Weise, wie Du das sagst, gilt das dann natuerlich auch fuer Dich und mich; wir "glauben" doch letztlich beide, dass wir mit unseren Ansichten richtig liegen. Das ist voellig normal. Probleme treten erst dann auf, wenn man nicht mehr zum Dialog bereit ist.
(02-12-2020, 11:45)Dippelappes schrieb: Brauch es keine Intelligenz um bei der Selben Temperatur die Blätter einmal zu verlieren und einmal sprießen zu lassen? Vielleicht sollten wir mal den Begriff Intelligenz definieren.
Nein, dafuer braucht es eben keine Intelligenz. Die Mechanismen, die dazu fuehren, dass sich so etwas entwickelt, sind ja gerade darauf ausgerichtet, dass sie keinerlei Intelligenz beduerfen um zu funktionieren. Es ist ein schoenes Beispiel, wie ein "dummes" System komplexe Antworten produzieren kann. Diese Erkenntnis, dass nicht hinter allen scheinbar intelligenten Systemen intelligente Entscheidungen stecken, hat sich ja auch in anderen Bereichen, wie der Programmierung von Telefonen oder Computern durchgesetzt. Die "richtigen" Loesungen werden einfach durch Versuch und Irrtum erzeugt und ausgesiebt; man muss nur oft genug versuchen und genuegend Loesungen produzieren, damit man die unvermeidlichen Verluste verschmerzen kann waehrend man die besseren Loesungen findet.
(02-12-2020, 11:45)Dippelappes schrieb: Was die Schöpfungsgeschichte angeht, da schlägt der oben zitierte Narzissmus eben zu, würde sich der Christ auch andere Bücher ansehen, dann könnte er verstehen, dass mit dem Schöpfungstag der Zyklus des Universum gemeint ist, während umgekehrt die Hindus auch mal in die Schrift der Christen reinsehen könnten, um zu verstehen, dass der Schöpfer Brahma Inkarnierte und als Christus auf diesem Planeten erschien und schon könnte man aus Zwei Ansichten Eine machen, wo es eben nur auf das Miteinander ankommt.
Da werden bzgl. der Bibel moderne Erkenntnisse rueckprojiziert. Das kann man zur Interpretation machen und ist erwuenscht, aber man sollte bitteschoen nicht hingehen und behaupten, die Autoren des Buches Genesis haetten so etwas gemeint; das haben sie gewiss nicht, weil sie es nicht besser wussten.
Was den Hindu angeht, so ist das eh kein Problem und der Grund, warum das Christentum in Indien keinen Fuss fasst. Fuer Hindus ist Christus einfach eine der 10 Inkarnationen Vishnus, des Bewahrers der Schoepfung. Die Liste sieht je nach der hinduistischen Religion, auf die wir schauen, unterschiedlich aus, aber Rama und Krishna kennen wohl die meisten Leute auch in Europa, Buddha bekommt auch seinen Platz, und die Nummer 10, Kalki, wird am Ende des Zeitalters mit seinem Schwert erscheinen und das boese Zeitalter beenden, um einen neuen Zyklus einzulaeuten. Hier fuegt sich offensichtlich der christliche Mythos nahtlos ein, da Inkarnationen Nummer 8 und 9 schon immer gerne als "Joker" interpretiert wurden, und statt Buddha kann man da auch Christus einsetzen. Fuer das Christentum ist der Hinduismus ein schwarzes Loch, in dem es einfach absorbiert wird.
(02-12-2020, 11:45)Dippelappes schrieb: Die Studierten Theologen kreieren nichts neues, denn sie forschen innerhalb eines vorgegebenen Rahmens, dieser Rahmen ist fix. Du wirst ein Theologiestudium nicht abschließen können, wenn du deine eigenen Interpretationen zum Besten gibst, sondern wenn du die Interpretationen der Vorfahren auswendig lernst und diese als Antwort auch einfügst. Ich kann dir das zeigen, falls du mir das nicht glauben möchtest.
Na ja, das haengt von den Betreuern ab; einige sind halt so. Und manchmal muss man an einigen Stellen des Lebens halt auch mal das in die Frageboegen oder Essays einfuegen, was erwartet wird, damit man dann an den Job kommt, der es einem erlaubt, Eigenes einzubringen. Das ist eher ein temporaeres Problem. Das Hauptproblem der christlichen Theologie ist eher, dass es fuer die Zeit der entscheidenden Weichenstellungen keine anderen Informationen gibt ausser der Bibel selbst, und spaeter dann die Kirchenvaeter. Unabhaengige Quellen sind so gut wie keine da.

