(03-04-2021, 21:54)Reklov schrieb: Hallo Ulan,
zu Deinem ersten Abschnitt könnte man anfügen, dass es eine Art innere Offenbarung braucht, um sich nicht allein vom "Beweisbaren" im Denken führen/leiten zu lassen. Man wäre ja sonst ein "Gefangener" der sog. Realität - verfiele zwar keinem magischen Denken, wäre aber auf der anderen Seite auf eine Art "wissenschaftsgläubig".
Die Aussage Deines zweiten Abschnitts kann natürlich leicht umgedreht werden:
Treffen zwei Ereignisse nicht aufeinander, war's Karma, weil sich z.B. jemand spontan entschloss, an einem bestimmten Tag erst am Nachmittag in seine Firma zu gehen und so dem Brand in seinem Büro entgehen konnte, den keiner seiner Arbeitskollegen/innen am Vormittag überlebt hat.
Treffen sie aufeinander, war's ploetzlich "Zufall", aber keine "Vorsehung" oder sonst etwas.
Mit "magischem Denken" hat dies jedoch wenig zu tun. Das interpretierst Du falsch. Solches wäre nur gegeben, wenn jemand glaubte, sein Entschluss, vormittags nicht ins Büro zu gehen, sei eine "göttlich" gelenkte Beeinflussung gewesen, eine Eingabe an sein Unterbewusstsein, welche ihn vor dem tödlichen Brand rettete.
Nein, das ist magisches Denken. Man kann den ersten Gedanken zwar theoretisch umdrehen, aber das war auch gar nicht die Stossrichtung meiner Aussage: beide Ansaetze sind falsch, auch der umgedrehte. Hier greift halt besagtes magische Denken, wo immer die eigene Betroffenheit, die subjektive Sicht als Massstab genommen wird. Solange die Zahl der Gesamtereignisse - also der Treffer und der Nichttreffer - nicht die statistische Wahrscheinlichkeit ueberschreitet, gibt es fuer die Annahme eine Agens wie Karma in beiderlei Faellen keinerlei Hinweis.
Im Prinzip erzaehlst Du mir hier, dass niemand per Zufall in einer Lotterie gewinnen kann; ohne Eingreifen des "Karma" waere das unmoeglich. Und trotzdem erzaehlen uns Mathematik und Statistik, dass jemand die Lotterie gewinnen muss. Das ist das beim Zufallsprinzip zu erwartende Ergebnis.
Uebrigens ist das, was ich hier als magisches Prinzip bezeichnet habe, ein experimentell abgesicherter Befund (hier kommen wir jetzt dazu, was ich eigentlich da oben vermitteln wollte). Menschen beurteilen "positive Ereignisse" (im Sinne von "Treffern", also inklusive eines herabfallenden Ziegels, durch den jemand zu Tode kommt) prinzipiell anders als "negative Ereignisse" (also "not news", etwas, was als "nicht erwaehnenswert" betrachtet wird; wir haben sogar ein gefluegeltes Wort dafuer mit dem "Sack Reis in China", der umfaellt). Negative Ereignisse (in diesem Sinne) werden im Denken und in der Argumentation ausgeblendet und vergessen, waehrend positive Ereignisse sich einpraegen und erinnert werden. So kommt dann das magische Denken zustande, dass Ereignisse irgendwie der bei Zufall zu erwartenden Statistik zuwiderlaufen wuerden. Das ist uebrigens die fehlerhafte (aber evolutionaer vorteilhafte) Denkweise, auf der Hellseher, Astrologen, Homoeopathie, etc., ihr Geschaeftsmodell aufbauen. D.h., mein "magisches Prinzip im menschlichen Denken" ist gesicherte Erkenntnis ueber menschliche Denkprozesse. Wobei, wie gesagt, dieses magische Prinzip sogar evolutionaer erklaerbar ist.