erst mal dank an ekkard für die wiederbelebung dieses threads, den ich ja durch meine abwesenheit verpaßt habe
sehr guter und wichtiger punkt - denn occam's razor darf nicht verwechselt werden mit eindimensionaler simplifizierung
man sieht es ja gerade aktuell wieder in österreich, nach einem verstörenden mutmaßlichen mord an einem jungen mädchen (wohl auch in d, nach dem messerangriff in würzburg): flugs findet "volkes stimme" eindimensionale erklärungen wie
- die afghanen sind halt so
- hätten wir keine ausländer ins land gelassen, wär das nicht passiert
- alle gnadenlos abschieben wär die lösung
usw.
hier plädiere ich doch für etwas komplexeres denken und multikausale ansätze:
- ja, es gibt ein problem der "fremden herkunftskultur". daß in vielen herkunftsländern geflüchteter eine gewaltbereite, frauenfeindliche, homophobe etc. kultur mainstream ist, ist tatsache - wenn das auch nicht heißt, daß es auf jeden individuell so zutrifft (viele flüchten ja auch oder gerade davor)
- ja, es gibt darüber hinaus ein problem mit der generellen gewalt- (und drogen)affinität männlicher jugendlicher (sieht man ja auch auf jedem rein autochthonen zeltfest)
- jugendliche, die man sich selbst überläßt, kommen auf dumme gedanken und entwickeln fehlgesteuertes denken
- die unmenschlichen bedingungen, denen flüchtende auf ihrem weg hierher ausgesetzt sind, verhärten deren denken, lassen empathie als schwäche erscheinen und "immunisieren" sozusagen "gegen menschlichkeit"
- geflüchtete/migranten, denen hier gar keine möglichkeit zur integration geboten wird (indem sie z.b. in unterkünften weit weg bis isoliert von möglichkeiten der gesellschaftlichen teilhabe festgehalten werden, keinen sprach- und sonstigen unterricht erhalten, nicht arbeiten und eigenes geld verdienen dürfen) - die werden sich natürlich nicht integrieren
- integrationsleistungen müssen anerkannt und honoriert werden, nicht durch trotzdem-abschiebung "wäu vurschrift is vurschrift und muaß vurschrift bleim!" konterkariert und verhöhnt
- verstöße und verfehlungen sind klar zu benennen und konsequent zu ahnden - natürlich mit maß und ziel, und nicht nach doppeltem maßstab
in der naturwissenschaft sind wir die deduktion gewohnt (weil sie sich bewährt hat), wir brechen komplexere probleme auf kleinere teilprobleme herunter, reduzieren durch standardisierung die anzahl relevanter parameter - und wenn wir nun einen überschaubaren "versuchsaufbau" haben, ist es gerechtfertigt, zu sagen, daß die "einfachste" erklärung (die also mit den wenigsten einflußfaktoren auskommt) mit hoher wahrscheinlichkeit die zutreffende ist
bei gesellschaftlichen fragestellungen aber hat man es so gut wie nie mit einem so überschaubaren setup zu tun, die dinge sind weitaus komplexer, unterliegen der interdependenz in weit höherem ausmaß (sehr vieles hängt mit sehr vielem zusammen) - die einfachste erklärung ist daher hier mit ziemlicher wahrscheinlichkeit die "falsche" oder, wie es der von mir hochgeschätzte philosoph dr. alfred sinowatz dereinst so einprägsam formulierte: „Ich weiß schon, meine Damen und Herren, das alles ist sehr kompliziert …“
(ich spreche von gesellschaftlichen realitäten, nicht von sozialpsychologischen labor-setups - obwohl auch die weit schwerer so komplexitätsarm aufgesetzt werden können wie physikalische experimente, wo im idealfall nur genau ein einflußfaktor das ergebnis bestimmt)
also achtgeben - die physik ist sehr klar strukturiert, daher (zugegeben: mit genügend gehirnschmalz) einfach und gut zu verstehen, daher ist es verlockend, sie als alles bestimmend vorauszusetzen (anders formuliert: alles läßt sich auf physikalische zusammenhänge reduzieren)
ich glaube (sic!) nicht, daß das so generell sinnvoll und möglich ist
und, ja, liebe forenfreunde - mir ist bewußt, daß ich mit diesem beitrag selber simplifiziere, die dichotomie "natur- vs. gesellschaftswissenschaft" in der von mir beschriebenen schlichtheit nicht zu halten ist (generalisierungen sind im einzelfall immer falsch). wem also einzelne aspekte sauer aufstoßen und/oder zu pauschal beschrieben erscheinen - es wird schon was dran sein. reden wir darüber!
(02-09-2017, 21:39)Gundi schrieb: Occam's razor: Kenne ich als solchen Begriff nur aus den Naturwissenschaften, sollte imho aber in anderen Wissenschaften ebenso gelten. Ist dort allerdings nicht so einfach machbar
sehr guter und wichtiger punkt - denn occam's razor darf nicht verwechselt werden mit eindimensionaler simplifizierung
man sieht es ja gerade aktuell wieder in österreich, nach einem verstörenden mutmaßlichen mord an einem jungen mädchen (wohl auch in d, nach dem messerangriff in würzburg): flugs findet "volkes stimme" eindimensionale erklärungen wie
- die afghanen sind halt so
- hätten wir keine ausländer ins land gelassen, wär das nicht passiert
- alle gnadenlos abschieben wär die lösung
usw.
hier plädiere ich doch für etwas komplexeres denken und multikausale ansätze:
- ja, es gibt ein problem der "fremden herkunftskultur". daß in vielen herkunftsländern geflüchteter eine gewaltbereite, frauenfeindliche, homophobe etc. kultur mainstream ist, ist tatsache - wenn das auch nicht heißt, daß es auf jeden individuell so zutrifft (viele flüchten ja auch oder gerade davor)
- ja, es gibt darüber hinaus ein problem mit der generellen gewalt- (und drogen)affinität männlicher jugendlicher (sieht man ja auch auf jedem rein autochthonen zeltfest)
- jugendliche, die man sich selbst überläßt, kommen auf dumme gedanken und entwickeln fehlgesteuertes denken
- die unmenschlichen bedingungen, denen flüchtende auf ihrem weg hierher ausgesetzt sind, verhärten deren denken, lassen empathie als schwäche erscheinen und "immunisieren" sozusagen "gegen menschlichkeit"
- geflüchtete/migranten, denen hier gar keine möglichkeit zur integration geboten wird (indem sie z.b. in unterkünften weit weg bis isoliert von möglichkeiten der gesellschaftlichen teilhabe festgehalten werden, keinen sprach- und sonstigen unterricht erhalten, nicht arbeiten und eigenes geld verdienen dürfen) - die werden sich natürlich nicht integrieren
- integrationsleistungen müssen anerkannt und honoriert werden, nicht durch trotzdem-abschiebung "wäu vurschrift is vurschrift und muaß vurschrift bleim!" konterkariert und verhöhnt
- verstöße und verfehlungen sind klar zu benennen und konsequent zu ahnden - natürlich mit maß und ziel, und nicht nach doppeltem maßstab
in der naturwissenschaft sind wir die deduktion gewohnt (weil sie sich bewährt hat), wir brechen komplexere probleme auf kleinere teilprobleme herunter, reduzieren durch standardisierung die anzahl relevanter parameter - und wenn wir nun einen überschaubaren "versuchsaufbau" haben, ist es gerechtfertigt, zu sagen, daß die "einfachste" erklärung (die also mit den wenigsten einflußfaktoren auskommt) mit hoher wahrscheinlichkeit die zutreffende ist
bei gesellschaftlichen fragestellungen aber hat man es so gut wie nie mit einem so überschaubaren setup zu tun, die dinge sind weitaus komplexer, unterliegen der interdependenz in weit höherem ausmaß (sehr vieles hängt mit sehr vielem zusammen) - die einfachste erklärung ist daher hier mit ziemlicher wahrscheinlichkeit die "falsche" oder, wie es der von mir hochgeschätzte philosoph dr. alfred sinowatz dereinst so einprägsam formulierte: „Ich weiß schon, meine Damen und Herren, das alles ist sehr kompliziert …“
(ich spreche von gesellschaftlichen realitäten, nicht von sozialpsychologischen labor-setups - obwohl auch die weit schwerer so komplexitätsarm aufgesetzt werden können wie physikalische experimente, wo im idealfall nur genau ein einflußfaktor das ergebnis bestimmt)
also achtgeben - die physik ist sehr klar strukturiert, daher (zugegeben: mit genügend gehirnschmalz) einfach und gut zu verstehen, daher ist es verlockend, sie als alles bestimmend vorauszusetzen (anders formuliert: alles läßt sich auf physikalische zusammenhänge reduzieren)
ich glaube (sic!) nicht, daß das so generell sinnvoll und möglich ist
und, ja, liebe forenfreunde - mir ist bewußt, daß ich mit diesem beitrag selber simplifiziere, die dichotomie "natur- vs. gesellschaftswissenschaft" in der von mir beschriebenen schlichtheit nicht zu halten ist (generalisierungen sind im einzelfall immer falsch). wem also einzelne aspekte sauer aufstoßen und/oder zu pauschal beschrieben erscheinen - es wird schon was dran sein. reden wir darüber!
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)

