11-01-2022, 14:52
(10-01-2022, 16:27)Ulan schrieb: Dass Tacitus sich bei seiner Recherche zu Christen irgendeine grosse Muehe gemacht haette, nehme ich jetzt nicht an. Er stellt fest, dass die Christen selbst zugeben, der Fanclub eines verurteilten Schwerkriminellen zu sein, womit sich fuer ihn jegliches weitere Faktenchecken wohl erledigt hatte.Ich gehe davon aus, dass Tacitus über einen im Wesentlichen zutreffenden Kenntnisstand verfügte. Einleuchtend finde ich den Hinweis von Van Voorst, dass Tacitus als Mitglied der quindecimviri sacris faciundis, die für die Überwachung der stets misstrauisch beobachteten fremden Kulte in Rom zuständig waren, sich von Amts wegen über den Ursprung dieses Kults und die bisherigen Aktivitäten der Christen in Rom informiert hatte. Allerdings ist auch hier zu beachten, dass er mitnichten sine ira et studio schrieb.
Was denkst Du zu Buch 10 von Plinius dem Juengeren, in dem es um eine Christenverfolgung geht, um das Thema des Threads ein wenig weiter zu fassen: Faelschung?
Hinsichtlich Buch 10 sehe ich keinen überzeugenden Grund, die Echtheit der Briefe pauschal zu bezweifeln, wenngleich natürlich stilistische Eingriffe oder Weglassungen nicht auszuschließen sind. Speziell zu Brief 96 gibt es ja die neueren Zweifel von Tuccinardi (https://academic.oup.com/dsh/article-abs...=fulltext; Zusammenfassung hier: https://vridar.org/2016/02/17/fresh-doub...hristians/), der allerdings den Brief nicht für unecht, sondern nur für interpoliert erklärt und die mutmaßlichen Interpolationen nicht spezifiziert, da seine Analysemethode das nicht hergibt; außerdem bezieht sich der Zweifel nicht auf den Antwortbrief 97. Ich neige eher zur Skepsis von Hurtado (https://larryhurtado.wordpress.com/2016/...ans/#_edn2).