21-01-2022, 02:14 
		
	
	(20-01-2022, 17:33)Ulan schrieb: @Schmiede: Die Quellen, wo man nachschauen kann, stehen ja dabei. Wobei die Etymologie von Cicero wohl falsch ist (was jetzt nichts Ungewoehnliches bei antiken Etymologien ist) und die Abstammung des Begriffs von "religere", also "rueckbinden", auch damals stimmte. Dem Opferdienst der Antike liegt schliesslich der Gedanke des "do ut des" zugrunde, also dass man etwas gibt und dafuer etwas zurueckbekommt, die Goetter also so an die gebende Gemeinschaft gebunden werden.Es gibt allerdings auch einen ganz anderen etymologischen Ansatz, der mir wesentlich besser gefällt, nämlich die von Axel Bergmann vorgeschlagene Ableitung von "rem ligare" (eine Sache binden). Diese stützt sich auf die Länge der ersten Silbe bei Lukrez, was beim Präfix re- ausgeschlossen wäre, und die Existenz der Schreibung relligio, welche auf den Wegfall des m deutet. Diese Möglichkeit hat in der Forschung wenig Beachtung gefunden, vielleicht weil der Ansatz ursprünglich von Robert Graves vorgeschlagen wurde (in "The White Goddess"), einem Autor, der in altertumswissenschaftlichen Kreisen einen miserablen Ruf hat. Graves nahm "rem legere" (eine Sache auslesen, wählen) an. Die aktuelle Hypothese, rem ligare, wird hingegen ernst genommen.
Was sicherlich christlicherseits versucht wurde, war, den Religionsbegriff so eng umzudefinieren, dass man eine Wertigkeit damit ausdruecken konnte. Ich habe noch in Buechern aus den 1980ern solche Definitionen in einem Buch ueber die Weltreligionen gefunden, was z.B. Buddhismus dann zu einer Nichtreligion machte und es erlaubte, alle Religionen ausser Judentum und Christentum als irgendwo auf der Entwicklung zu einer "richtigen" Religion steckengeblieben und damit minderwertig darzustellen.
Was den Religionscharakter des Buddhismus betrifft, darüber kann man verschiedener Meinung sein. Auch wenn man Theismus nicht als Definitionsmerkmal von Religion betrachtet, lässt sich die Einordnung als Philosophie (Nichtreligion) gut begründen. Wobei natürlich zu beachten ist, dass beide Begriffe westlichem Denken entsprungen sind und daher auf diese Lehre nur bedingt anwendbar sind. Immerhin lässt sich argumentieren, dass die Bezeichnung Philosophie dem Inhalt der Lehre besser gerecht werde, zumindest was deren älteste rekonstruierbare Gestalt betrifft; später hinzugetretene ausgeprägt religiöse Elemente sind dem ursprünglichen Ansatz fremd.

