20-02-2022, 02:35
(19-02-2022, 21:03)Marut schrieb:Ein Amt ist durch die Pflichten definiert, die der Amtsträger zu erfüllen hat. Das können auch rein symbolische, zeremonielle, rituelle Pflichten sein, aber es sind auf jeden Fall Pflichten. Der Amtsträger wird formell in sein Amt eingesetzt und übernimmt damit die entsprechenden, genau definierten Pflichten. Wenn er diese nicht mehr erfüllen kann oder will, muss er zurücktreten oder wird abgesetzt. Da Gott keinerlei Pflichten hat, hat er kein Amt. Er wurde ja auch nie in ein solches formell eingesetzt, was die Voraussetzung dafür wäre, dass er Amtsträger ist.(19-02-2022, 03:33)Helmut-Otto Manning schrieb: Das die Innehaber der Stellung Gott ständig wechseln, ist die Funktion ein Amtsträger! Das reicht von Enki über Horus, Jupiter, Zeus, Jahwe bis zu Allah! Nur im Christentum führt Gott keinen Eigennamen mehr! Darum ist der Titel des Threads korrekt!Hallo! Dem kann ich mich nur anschließen. Auch ich sehe Gott nicht als Erstes als eine Art Wesenheit, sondern als eine Rolle/Funktion. Hier wird der Begriff "Amt" gebraucht, aber es ist wohl sinngemäß dasselbe gemeint. Gott ist die höchste moralische Instanz, derjenige, der über subjektiv gut und böse entscheidet. Wer oder was diese Stellung innehat, kann sich ändern. Monotheistische Religionen erheben darauf einen Allmachtsanspruch.- "Wer ist wie Gott?"
LG Marut
Natürlich ist mit "Amt" hier "Funktion" gemeint. Aber "Amt" und "Funktion" sind in der deutschen Sprache, und auch in anderen Sprachen, keine Synonyme. Wenn solche Begriffe synonym verwendet werden, ist das ein Zeichen für Verlotterung der Sprache. Wenn die Sprache verlottert, dann verlottert auch das Denken. Gerade im frühen 21. Jahrhundert lässt sich dieser Zusammenhang vielfach beobachten.
Wenn nun festgestellt wird, dass Gott eine Funktion hat, kommt man der Wirklichkeit näher. Der Gott JHWH beispielsweise hatte und hat die Funktion, bestimmte Bedürfnisse seiner Anhänger zu befriedigen. Seine Anhänger haben ihn so erschaffen und im Lauf der Zeit so modifiziert, dass er jeweils zu ihren aktuellen Bedürfnissen passte. Das ist wahr, aber auch sehr trivial. Außerdem trifft es nur mit Einschränkungen zu. Seine wichtigste Funktion war, seinem auserwählten Volk in den häufigen militärischen Auseinandersetzungen mit Nachbarvölkern, die mit äußerster Brutalität ausgetragen wurden, jeweils den Sieg zu verschaffen. Als Gegenleistung dafür wurde er kultisch verehrt und bekam Opfer (im Fall von Jiftachs Tochter auch Menschenopfer, sie wurde für ihn geschlachtet). Allerdings erlitt das auserwählte Volk in den Kriegen auch zahlreiche Niederlagen, und das bedeutete, dass JHWH die ihm zugedachte Hauptfunktion oft nicht erfüllte. Somit ist die Feststellung, dass er eine Funktion hatte, nur sehr bedingt wahr - es funktionierte oft nicht. Aus religionspsychologischer Sicht kann man aber sagen, dass er Funktionen hatte und heute noch hat. Deren häufige Nichterfüllung ist für seine Anhänger ein Problem, das sie unterschiedlich zu lösen versuchen.