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Der mesopotamische Ursprung der biblischen Sintflut-Geschichte
#45
(28-02-2022, 21:20)Balsam schrieb: "Der mesopotamische Ursprung der biblischen Sintflutgeschichte" ist doch allgemein anerkannt und wurde auch hier nirgends und von niemanden bestritten.

Du bist noch nicht so lange hier, daher ist Dir wahrscheinlich entgangen, dass die Antwort in Beitrag #3 genau das bestreiten wollte. Das war nur, im Gegensatz zu sonst, aussergewoehnlich zurueckhaltend formuliert.

(28-02-2022, 21:20)Balsam schrieb: Geschichte ist doch immer Bewegung von früher zu später. Dir geht es doch nicht ausschließlich darum, das nur im Rückspiegel der biblischen Erzählung zu betrachten, oder? Obwohl, Clines meint ja, dass die biblische Sintflut genau so sinnlos gewesen sei, weil die im mesopotanischen Mythos sinnlos gewesen ist, und Gott analog zum Ursprung dabei etwas über sich lernt. Das kann ich halt beim besten Willen nicht nachvollziehen, weil im biblischen Mythos noch andere Themen dazu kommen, die eine wichtige Rolle spielen, wie das Thema Kultordnung.

Dass der biblische Bericht auch andere Themen aufgreift, ist richtig, aber das heisst nicht, dass man die Einschaetzung von Clines nicht trotzdem immer noch aus dem Text herauslesen kann. Dass eine solche Aussage von Autoren und Editoren beabsichtigt war, ist dabei beliebig unwahrscheinlich, aber das laesst sie nicht magisch verschwinden.

(28-02-2022, 21:20)Balsam schrieb: Sind für die Textkritik nicht die Inhalte beider Erzählungen wichtig?

Schon, aber nicht im Detail. Dass uns der Text einen gnaedigen Gott zeigen will, ist ja richtig, aber wir haben hier immer noch den Aufhaenger, den ich eigentlich schon in meiner ersten Antwort an Dich versucht habe zu erlaeutern:
(28-02-2022, 21:20)Balsam schrieb:
(28-02-2022, 17:18)Ulan schrieb: Fuer Textgeschichte ist es wichtig, wenn uns ein einzelner Satz, ein einzelner Vers, etwas anderes erzaehlt als die Gesamtaussage.
Ich komm nicht dahinter, was du damit meinst. Wo ist das zum Beispiel der Fall?

Zentral ist doch dieser Satz: "7 Der HERR sagte: Ich will den Menschen, den ich erschaffen habe, vom Erdboden vertilgen, mit ihm auch das Vieh, die Kriechtiere und die Vögel des Himmels, denn es reut mich, sie gemacht zu haben."

Alles, was Gott danach anordnet, hintertreibt diesen Vernichtungsfluch, eben genauso, wie Ea die Absicht Enlils hintertreibt. Weder der Mensch, noch das Vieh, noch die Kriechtiere, noch die Voegel des Himmels werden letztlich vom Erdboden getilgt, und Gott selbst sagt hinterher, dass alles bleibt, wie es war. Ja, es gibt diese Aenderung im Menschengeschlecht, aber Gottes erklaerte Absicht war viel weitreichender. Ich nehme ihn (als literarische Figur) hier schlicht beim Wort.

(28-02-2022, 21:20)Balsam schrieb: Verstehe ich jetzt etwas besser, da du das an anderer Stelle bereits gemacht hast. Muss ich mir aber erst noch raussuchen.

Ueber die Schoepfungsgeschichten habe ich geschrieben (die Rolle Adams in der Schoepfung), ueber die Sintflut nicht wirklich, ausser in solch muessigen Literalismus-Diskussionen (was auch die meisten Diskussionen ueber Schoepfungsberichte betrifft), die wir beide zum Glueck nicht fuehren muessen.

(28-02-2022, 21:20)Balsam schrieb:
(28-02-2022, 17:18)Ulan schrieb: Gen 2,4? Das sehe ich da jetzt nicht, habe aber jetzt auch nicht so weit nachgebohrt.
Dreigeteiltes altorientalisch-biblisches Weltbild, oben Himmel unten Unterwelt und dazwischen das Land als Lebensraum des Menschen. "Am Tag, als Gott JHWH Land und Himmel machte ..." Marduk erschafft doch aus dem toten Leib von Tiamat (Salzwasser, Meer, Chaosozean) Himmel und Erde Land. Dabei bleibt es doch nicht. Erde und Himmel machen in den mesopotamischen Mythen doch noch weiter ...

So auch hier: "Dies ist das Geschlecht des Himmels und der Erde." Die 1. Toledotformel! In deutschen Übersetzungen wegen groben Unfugs eigentlich nicht mehr erkennbar. Eine himmlische Götterhochzeit, die nicht ohne Folgen bleibt ... 

Ah, okay. Das muss aber nicht unbedingt Marduk sein an der Stelle, oder? El und Asherah tun's hier wahrscheinlich auch, und die zweite Schoepfungsgeschichte ist eher mit Duerre als mit Flut beschaeftigt, hat also wohl eher einen Ursprung in trockeneren Gegenden.

(28-02-2022, 21:20)Balsam schrieb:
(28-02-2022, 17:18)Ulan schrieb: Aber wir haben doch auch noch mal Marduk und Ischtar ein Denkmal gesetzt in der Form des Buches Esther.
Da steh ich jetzt auf dem Schlauch. Da habe ich zu wenig gebohrt. Aber du hast mich neugierig gemacht.

Es ist eine zwar nicht sehr verbreitete Hypothese, aber ich halte sie trotzdem fuer gut begruendet, dass dem Buch Esther (einem hellenistischen Roman) eine unbekannte Erzaehlung von Ischtar und Marduk zugrundeliegt. Dass Mordechai ein Name fuer Marduk sein kann, ist dabei schon lange bekannt, und dass "Esther" dasselbe bedeutet wie die roemische "Venus" (also Ischtar), steht sogar im Talmud. Naeheres kann man in einem Artikel von Adam Silverstein "The Book of Esther and the Enuma Elish" (2006) Bulletin of SOAS 69, 2, 209-223 nachlesen (gibt's unter anderem auf JSTOR).


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RE: Der mesopotamische Ursprung der biblischen Sintflut-Geschichte - von Ulan - 28-02-2022, 22:26

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