(01-03-2022, 18:58)Balsam schrieb: Das dürfte genügen, es sei denn, du hältst Platon, Reimarus und Bultmann für Inerrantisten, und nein, mit der Unfehlbarkeit der Bibel habe ich nichts am Hut. Kommen jetzt die härteren Bandagen an den Start? Ist es wirklich schon an der Zeit, die sachliche Ebene zu verlassen und dermaßen plump ad hominem zu argumentieren?
Das sind drei Zitate, die jeweils unterschiedliche Ebenen von Wahrheit beschreiben. Und Bultmann ist mit Sicherheit kein Inerrantist, aber wer meint, man muesse nur die uebernatuerlichen Behauptungen aus einem Text entfernen, und der Rest ist dann "Wahrheit", wie manche Zweige der historisch-kritischen Forschung, macht auch was falsch (bevor das kommt: nein, das ist nicht, was Du machst). Du bist doch hier mit Fragen gekommen, ob ich meinen wuerde, das Wasser haette ueber dem Mt. Everest gestanden. Die Frage fand ich aus mehreren Gruenden merkwuerdig. Natuerlich glaube ich das nicht. Ich glaube andererseits aber nicht, dass die Autoren der Antike das nicht glaubten (ohne Mt. Everest offensichtlich, sondern bezogen auf Geographie, die sie kannten).
Und wenn Du meinst, meine Argumentation waere jetzt nur noch ad hominem, koennen wir diesen Austausch auch lassen. Nach Wahrheit auf welcher Ebene suchst Du denn eigentlich?
(01-03-2022, 18:58)Balsam schrieb:(01-03-2022, 17:08)Ulan schrieb: Dass die Geschichte nicht "wahr" war im Sinne von "historisch", ist doch klar.Wenn man sie wörtlich versteht, ist das richtig. Aber wer schreibt einem vor, dass man sie wörtliche verstehen müsse? Und wenn einem jemand versucht das einzureden, so wie du es hier mir einzureden versuchst, ist das dann verpflichtend für irgendwen?
Nein. Wenn Du die Geschichte allegorisch verstehst, ist sie immer noch nicht historisch. Es handelt es sich dann um eine fiktive Geschichte, die sich mit historischen Gegebenheiten auseinandersetzt. Das ist ein wichtiger Unterschied. Bei Texten wie diesen wuerde ich sogar sagen, dass sie bestenfalls ein wenig angepasst wurden, um weiterfuehrende Deutungen zu erlauben. "Wahr" wird sie bestenfalls in ihren religioesen Aussagen, wenn man das will. Religioese Texte wie die Tora sind sinnstiftend; historische Erzaehlungen sind da nur ein Mittel zum Zweck.
Ich habe vorher schon erwaehnt, dass Du hier verschiedene Betrachtungsebenen vermischst, was dazu fuehrt, dass meine Einwaende anscheinend an Dir vorbeigehen. Die offensichtliche Doppelung, aus der Du bedeutungsschwangere Schluesse ziehst, ist doch fuer alle moeglichen Geschichten aus den J und P Strata bezeugt (wieviele waren das? 33? Eine gibt's sogar dreimal).
Dass wir einen philosophischen Reifungsprozess in den verschieden alten Textebenen und den mesopotamischen Vorlagen erkennen koennen, ist klar, aber es ist doch immer noch die uralte Ueberlieferung, auf die wir hier schauen, nicht auf eine fuer einen allegorischen Zweck erfundene Allegorie.
(01-03-2022, 18:58)Balsam schrieb:
(01-03-2022, 17:08)Ulan schrieb: Aber Du gehst ja noch weiter in Deiner Annahme: dass auch die Menschen der Antike so viel Einsicht besassen, dass sie irgendwie wissen mussten, dass die Geschichte nicht historisch ist. Das halte ich fuer eine irrige Annahme.Nee, ich behaupte doch genau das Gegenteil. Ich halte es für möglich, aufgrund der Datenlage sogar für sehr wahrscheinlich, dass die Autoren beabsichtigten ihre eigene historische Geschichte in eine Allegorie zu verpacken, da ich sie mit guten Gründen der Literarkritik, die ich schon dargelegt habe, der Textsorte Allegorie zuordnen kann.
Das betrifft doch meinen Einwand gar nicht. Auch wer eine Allegorie schreibt, wird, wenn er eine bekannte, als geschichtlich verstandene Vorlage, darin verarbeitet, die darin beschriebene Flut als historisch ansehen. Die Geschichte wurde ja nicht erfunden, wie eine von Aesops Fabeln, sondern wurde uebernommen, so wie sie in den mesopotamischen Koenigslisten als historisch aufgelistet ist.
Ich weiss auch gar nicht, was Du mir an diesem Punkt jetzt noch sagen willst. Du hast mir Deine historische Interpretation geliefert, wie sie im Sinne typisch juedischer Agadda moeglich waere, und ich habe nirgendwo gesagt, das sei kompletter Unfug. Ich halte diese Interpretation nur aus verschiedenen, von mir genannten Gruenden, fuer nicht sehr wahrscheinlich, sondern bevorzuge die Alternative. Ich habe halt ein paar methodische und begriffliche Probleme mit Deiner Ausfuehrung, die ich Dir auch genannt habe.
Es liegt mir vollkommen fern, Dich hier persoenlich angreifen zu wollen. Ich bin halt anderer Meinung als Du, und bei einigen Punkten denke ich, dass es da auch rein sachliche Einwaende gibt. Von meiner Seite her wuesste ich jetzt auch nicht, was ich dazu noch sagen sollte, was in diesem Thread jetzt nicht schon gesagt ist.