06-07-2022, 17:29
(05-07-2022, 22:29)Sinai schrieb:(05-07-2022, 16:06)Rosenzweig schrieb: Gott betreibt also den Hintersinn, das Nicht-Gute zu senden, um etwas Schlechtes zum völligen Erliegen zu bringen und um aus dem Alten ein Neues hervorsprießen zu lassen
Ja, da ist viel Weisheit in Deinem Statement.
Der unbekannte Gott (einmal sind es die Elohim, dann der El, dann der Frag nicht wie ich heiße) bringt Plagen und andere Schlechtigkeiten über die böse Menschheit (schon Kain war ein Mörder), bringt Massenmord (bereits die 'Sintflut' war keine Kleinigkeit), und dies alles, um aus dem Alten ein Neues hervorsprießen zu lassen
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Hallo Sinai und Rosenzweig,
... alle Mutmaßungen über die Wortchiffer "Gott" fliegen am Ziel vorbei.
Dies war aber bereits dem Propheten Jesja bewusst, welcher durch den "Herrn" ausrichten ließ: "Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken / und eure Wege sind nicht meine Wege..."
WAHRHEIT kann nicht über sich hinaus sich aus einem anderen herleiten! Wahrheit ist als sie selber und zugleich als Möglichkeit, das Unwahre zu erleuchten - gegenwärtig: verum est index sui et falsi (Wahrheit als Prüfstein gegen sich selbst und gegen die Unwahrheit). Man kann den Ursprung der Wahrhheit jedoch in sich selbst erhellen. Dabei zeigt sich eine Vielfachheit der Ursprünge. Daher ist der Sinn von Wahrheit zu scheiden und jeder Sinn vor Augen und Ohren zu bringen.
Das Christentum (aus dem Judentum hervorgegangen) hat z.B. über "GOTT" und seine Erschaffung der Welt mehrere Gedanken zur kritischen Betrachtung vorgelegt und auch hier zeigt es sich, dass die Wahrheit nicht von einerlei Art, nicht von einerlei Sinn und nicht auf einer einzigen Ebene, sondern von mehrfachem Ursprung - und vieldimensional ist.
So stellt sich z.B. die Frage, woher die Zerrissenheit des Seins entsprang, warum ist es so, wie es ist, warum sind Welt und Mensch im Fallen, in Verwahrlosung, in Zerrütung? - Dies kann nicht als notwendiges Geschehen nach einem allgemeinen Gesetz betrachtet werden, sondern muss als Faktum hingenommen werden.
Man kann nun dieses weltbegründende Ereignis aus dem gegenwärtigen Bestand der Welt erschließen, oder es durch eine Offenbarung Gottes erfahren.
Die Genesis "erzählt" uns dazu nur:
Gott hat sich entschlossen, aus der ewigen Ruhe vollendeter, in sich kreisender Bewegung herauszutreten in die Zeit durch seine Weltschöpfung.
Oder: Gott hat die Welt geschaffen durch ein Versehen, durch eine Vergeßlichkeit, einen Irrtum.
Oder: Die geschaffene Welt war in Ordnung, sie geriet in Verwirrung duch Adams Fall und die Folgen der Erbsünde.
Oder: Gott ließ zu, dass die Welt geschaffen wurde durch einen gefallenen Engel, einen bösen Gott, der die Welt seinem Wesen gemäß als etwas schuf, das ständig im Ruin ist.
Solche Erzählungen sind Gebilde der Fantasie, in denen Wahrheit durch Gleichnis spricht. Sie unterliegen dem Wahrheitskriterium, ob sie durch ihre Chiffer etwas fühlbar machen, oder ob sie verschleiern und vergessen machen.
Sie haben die Wahrheit von Mythen. Ihr vermeintliches Wissen wird als gnostisch bezeichnet. Das gnostische Denken in Fantasien ist ein über alle Kulturen verbreitetes Phänomen. Die Völker haben ihr geschichtliches Bewusstsein in einer metaphysischen Historie verankert, sind aber dadurch auf dem Wege, es in einer handgreiflichen OBJEKTIVITÄT zu verlieren.
Durch Weltdeduktion aus einem Prinzip begann die Ableitung aller Dinge aus einem Ursprung. Dieser Ursprung wird gedacht als das beherrschende EINE, als "Gott", welcher die Welt hervorbringt nach Ideen, oder als ein Keim, aus dem sich alles entwickelt.
Oder als eine SUBSTANZ, in deren Modifikationen alles erscheint, oder als ein Weltgesetz, nach dem alles geschieht (wie z.B. Weltperioden, Kausalität des Karma); oder als der Geist, der hervorbringt und gestaltet (als logische Vernunft, als Wille, als Fantasie); oder als die Summe letzter Teile, aus dem alles sich zusammensetzt (Atome, Monaden), - oder als die absolute Widersprüchlichkeit, welche von Anbeginn her alles bewegt und in Bewegung hält.
Jedesmal wird das eine GANZE als solches erfasst und als göttliches Bauwerk, als Logos, Substanz, Mechanismus, Leben, Geist ... usw. benannt.
Das GANZE, alles was da ist und passiert, wird abgeleitet als Plan nach den Musterbildern der Ideen und als Schematik aller kategorialen Möglichkeiten, als endlose Folge zufälliger Kombinationen, als Kreislauf ewiger Wiederkehr, als Stammbaum einer Folge von Entwicklungen, als ein geistiger, sich vollziehender Prozess.
Das GANZE ist vom Menschen vergegenständlicht und als solches gewusst.
Jede der besonderen Gedankenformen bleibt aber stets nur ein Gleichnis und hebt sich somit von der Fesselung an die gegenständliche Weise des Wissens wieder auf!
Die absolute Wahrheit gelingt nicht im GEWUSSTEN. Vielmehr wird durch eine scheinbare Verabsolutierung in der Tat transzendiert und im je besonderen Gleichnis etwas offenbar, das wir Menschen nicht wissen können.
Gruß von Reklov

